AUTO BILD hat lange für das Wechselkennzeichen gekämpft – jetzt ist es auch in Deutschland zu haben. Aber: Die Steuer fürs zweite Auto wird auch weiterhin fällig.
(dpa/tmn/de) Seit Juli 2012 können Autobesitzer in Deutschland das neue Wechselkennzeichen beantragen. Damit dürfen zwei Fahrzeuge der gleichen EU-Fahrzeugklasse wechselweise mit nur einem Nummernschild gefahren werden. Mit dem Wechselkennzeichen können zum Beispiel zwei Pkw, zwei Oldtimer oder zwei Motorräder betrieben werden – auch die Kombination Pkw/Wohnmobil ist möglich. Das Wechselkennzeichen wird dann für beide Fahrzeuge zugeteilt, darf aber immer nur an einem der beiden geführt werden. Bisher gab es für solche Fälle nur die Möglichkeit, beide Autos separat für das ganze Jahr anzumelden oder eines der Fahrzeuge für einen begrenzten Zeitraum mit einem Saisonkennzeichen anzumelden.
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Rückblick: Der Kampf ums W-Kennzeichen
Das Wechselkennzeichen: Über dem Siegel wird künftig ein kleines "W" ins Blech gepresst.
Bild: Jens Koch / AUTO BILD
Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) präsentierte AUTO BILD-Redakteur Claudius Maintz das Wechselkennzeichen nun in seiner endgültigen Form (Bild oben). Wichtigster Unterschied zum bisherigen Entwurf: Über dem Siegel des Hauptkennzeichens wird künftig ein kleines "W" ins Blech gepresst. AUTO BILD hat lange für ein Wechselkennzeichen gekämpft, das mit einem Steuervorteil kombiniert ist – so wie in Österreich und in der Schweiz. Beim deutschen Wechselkennzeichen verlangt der Staat aber für beide Fahrzeuge den vollen Steuersatz. Ob das Wechselkennzeichen wirklich Geld spart, ist deshalb umstritten. Zwar haben mehrere Versicherungen günstigere Konditionen angekündigt, doch Experten raten dazu, die Preise kritisch zu vergleichen – vor allem, wenn das Wechselkennzeichen eine Alternative für das Saisonkennzeichen sein soll.
Die kleinen Schilder sind fix, das eigentliche Hauptkennzeichen wird nach Bedarf gewechselt.
Bild: Jens Koch / AUTO BILD
Das Wechselkennzeichen besteht insgesamt aus sechs Teilen: Für jedes Auto gibt es zwei kleine Zusatzschilder, die vorn und hinten fest montiert werden. Das eigentliche Hauptkennzeichen wird nach Bedarf gewechselt. Wichtig: Das Wechselkennzeichen kann jeweils nur für zwei Fahrzeuge einer Fahrzeugklasse zugeteilt werden (siehe Tabelle unten), die darüber hinaus Kennzeichen gleicher Abmessung verwenden müssen. Die gängigsten Wechselkombinationen dürften laut ADAC sein: Pkw-Pkw, Pkw-Oldtimer, Pkw-Wohnmobil sowie Motorrad-Motorrad. Nicht zugeteilt werden Wechselkennzeichen in Verbindung mit Saisonkennzeichen, Roten Kennzeichen, Kurzzeitkennzeichen, Behördenkennzeichen und Ausfuhrkennzeichen.
Wechselkennzeichen: Die wichtigsten Fragen und Antworten
Wer kann das Wechselkennzeichen einsetzen?
Das Wechselkennzeichen kommt für Autofahrer in Frage, die zwei Fahrzeuge besitzen, von denen aber immer nur eines in Betrieb ist. Für Partner oder Familien, die zur gleichen Zeit einen Erst- und einen Zweitwagen nutzen, ist das Wechselkennzeichen keine Alternative!
Welche Vorteile bringt das Wechselkennzeichen?
Anders als beim Saisonkennzeichen bleiben mit dem Wechselkennzeichen beide Fahrzeuge über das gesamte Jahr angemeldet und können nach Bedarf wechselweise verwendet werden. Ob es auch finanzielle Vorteile gibt, hängt hauptsächlich von den Konditionen der Versicherung ab.
Welche und wie viele Fahrzeuge können zusammen angemeldet werden?
Zwei Fahrzeuge können auf ein Wechselkennzeichen angemeldet werden. Beide Fahrzeuge müssen derselben Fahrzeugklasse angehören. Also etwa Pkw-Pkw oder Motorrad-Motorad, nicht aber ein Pkw und ein Motorrad. Möglich ist auch die Kombination Pkw und Wohnmobil.
Wie sieht das Wechselkennzeichen aus?
Das Wechselkennzeichen besteht aus einem Hauptkennzeichen, das zwischen den Fahrzeugen gewechselt wird, und einem kleinen Zusatzschild für jedes Fahrzeug, das fest montiert wird. Der ganze Satz für vorn und hinten besteht also aus sechs Teilen.
Wie dürfen die Fahrzeuge mit Wechselkennzeichen betrieben werden?
Es darf immer nur das Fahrzeug betrieben werden, das gerade das vollständige Wechselkennzeichen trägt. Das andere Fahrzeug muss in dieser Zeit auf privatem Gelände abgestellt sein.
Welche Bußgelder drohen bei Verstößen?
Wer ohne vollständiges Wechselkennzeichen unterwegs ist, riskiert ein Bußgeld in Höhe von 50 Euro und einen Punkt. Wird das Fahrzeug ohne vollständiges Kennzeichen auf öffentlichem Grund geparkt, drohen 40 Euro Bußgeld und ein Punkt.
Was muss bei der Versicherung beachtet werden?
Für jedes Fahrzeug wird bei der Zulassung eine eigene elektronische Versicherungsbestätigung benötigt. Diese muss vom Versicherer ausdrücklich als für das Wechselkennzeichen zulässig ausgewiesen sein.
Wie hoch sind die Versicherungsbeiträge für Autos mit Wechselkennzeichen?
Die Preispolitik der Versicherer bleibt abzuwarten. Man kann aber davon ausgehen, dass die Wirtschaft mit speziellen Rabatten um Kunden werben wird. Wichtig: Vergleichen Sie unbdeingt, ob diese wirklich günstiger sind als andere Rabatte (z.B. für Zweitwagen oder Saisonkennzeichen).
Beantragt werden kann das Wechselkennzeichen bei den örtlichen Zulassungsstellen. Laut ADAC fallen dabei Kosten von etwa 100 Euro an – rund 65 Euro als Zulassungsgebühr und etwa 40 für die Kennzeichen selbst. Teuer werden kann es übrigens, wenn Halter vergessen, das Kennzeichen zu wechseln. Wer ohne vollständiges Wechselkennzeichen unterwegs ist, dem droht nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums ein Bußgeld in Höhe von 50 Euro. Ein Bußgeld von 40 Euro kann außerdem fällig werden, wenn das Fahrzeug, das gerade nicht in Benutzung ist, auf öffentlichen Straßen parkt. Ohne Hauptkennzeichen darf das Fahrzeug nur auf privatem Gelände abgestellt werden – andernfalls kann zusätzlich auch der Versicherungsschutz gefährdet sein.
Rückblick: Der Kampf ums W-Kennzeichen
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Es war ein harter Weg zum Wechselkennzeichen. Rückblick ins Jahr 2011: "Ach, dieser Unsinn ist das", sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zum W-Kennzeichen. Nach seinem Nein zum praktischen Wechseln formierte sich die Front der Befürworter. AUTO BILD hatte bei ...
Bild: Sven Krieger
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... Deutschlands Verkehrsministern und -senatoren nachgefragt. Von 16 Bundesländern zeigten sich im März 2011 zehn offen für das neue Schild. Hier kommen die 16 Antworten auf die Frage: Wollen Sie das W-Kennzeichen? JA. "Ich finde die Idee super. Ich habe selbst zwei Autos." Hamburgs Innensenator Michael Neumann (SPD).
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JA. "Mit einem einzigen Nummernschild bis zu drei Fahrzeuge nutzen zu können, halte ich für einen praktischen Vorschlag. Allerdings müssen wir den konkreten Umsetzungsentwurf des Bundes abwarten, bis wir zu einem abschließenden Urteil kommen können." Jörg Bode (FDP), Niedersachsen.
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JA. "Die Einführung von Wechselkennzeichen ist eine prima Sache, die die Bürger entlastet, der Umwelt nutzt, die Wirtschaft fördert und außerdem noch Bürokratie abbaut. Eine rasche Einigung zwischen Verkehrs- und Finanzministerium wäre hilfreich. Die Überlegung, die ...
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... Kraftfahrzeugsteuer nach dem jeweils steuerträchtigsten Fahrzeug zu bemessen, könnte allen Interessen gerecht werden, zumal auch mit einem Wechselkennzeichen immer nur ein Fahrzeug am Straßenverkehr teilnehmen darf." Dieter Posch (FDP), Hessen.
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JA. "Von Seiten des Landes Rheinland-Pfalz bestehen keine Bedenken gegen die Einführung von Wechselkennzeichen. Wesentliche Vorteile für die Autofahrer würden sich allerdings nur dann ergeben, wenn die Einführung von Wechselkennzeichen mit steuerlichen Erleichterungen ...
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... bei der Kraftfahrzeugsteuer verbunden wäre. Darüber hat die Bundesregierung zu entscheiden, weil die Kraftfahrzeugsteuer zwischenzeitlich eine Bundessteuer ist." Hendrik Hering (SPD), Rheinland-Pfalz.
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VIELLEICHT. "Wir wollen erst einmal die nächste Verkehrsministerkonferenz abwarten. Dort wollen wir das Thema umfassend erörtern." Simone Peter (Grüne), Saarland.
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JA. "Ein Wechselkennzeichen bringt mehr Flexibilität, wenn etwa das große Familienauto für die täglichen Fahrten zur Arbeit oder zum Einkauf in der Garage bleiben und auf einen sparsamen Kleinwagen umgestiegen werden kann. Es profitiert letztlich ...
Bild: dpa
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... auch die Umwelt, wenn mehr Kleinwagen und weniger Großraumfahrzeuge das Straßenbild des morgendlichen Berufsverkehrs prägen." Tanja Gönner (CDU), Baden-Württemberg.
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JA. "Wir stehen dem Thema grundsätzlich offen gegenüber, müssen aber noch Detailregelungen abwarten. Diese müssen sowohl für die Bürger als auch die Verwaltung praxisgerecht sein und dürfen nicht zu mehr Bürokratie führen." Jost de Jager (CDU), Schleswig-Holstein.
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JA. "Ich finde Wechselkennzeichen gut, gerade wenn sie Anreize für die Anmeldung eines ökologischen Zweitwagens bieten." Volker Schlotmann (SPD), Mecklenburg-Vorpommern.
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JA. "Brandenburg gehört bereits zu den Bundesländern, die sehr gute Erfahrungen etwa mit dem lebenslangen Kfz-Kennzeichen gemacht haben. Wir sind aber als Verkehrsministerium auch für weitergehende Regelungen wie Wechselkennzeichen offen." Jörg Vogelsänger (SPD), Brandenburg.
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VIELLEICHT. "Am Wechselkennzeichen hängen viele Detailfragen. Neben Befürwortern gibt es auch Kritiker. Unsere Meinungsbildung ist noch nicht abgeschlossen." Behörde für Stadtentwicklung Berlin.
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VIELLEICHT. "Das Bundesverkehrsministerium wurde von den Ländern gebeten, der Verkehrsministerkonferenz zur Frühjahrstagung 2011 zum aktuellen Sachstand hinsichtlich der Einführung von Wechselkennzeichen zu berichten. Der Bericht sollte abgewartet werden." Karl-Heinz Daehre (CDU), Sachsen-Anhalt.
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JA. "Gerade mit Blick auf die stärkere Nutzung von verbrauchsarmen Stadtautos und Elektrofahrzeugen sind die Vorteile des Wechselkennzeichens offensichtlich: Unbürokratisch kann das Elektroauto für kurze Wege im Ort genutzt werden und für längere Strecken ...
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... das Familienauto mit Verbrennungsmotor – alles mit einem Kennzeichen. Die Regelung muss zu einer Vergünstigung bei Kfz-Steuer und Kfz-Versicherung führen und sollte nicht auf halbem Wege stecken bleiben." Sven Morlok (FDP), Sachsen.
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JA. "Ich bin grundsätzlich für eine Kennzeichen-Liberalisierung. Auf der nächsten Verkehrsministerkonferenz werde ich mich für die Lockerung der Vorschriften einsetzen. Ich unterstütze auch die Einführung von Wechselkennzeichen. Diese Option könnte durchaus ...
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... zusätzliche wirtschaftliche Impulse für den Automarkt auslösen. Wer will, sollte nach dem Kauf eines Zweitwagens mit einem Kennzeichen abwechselnd beide Fahrzeuge bewegen können." Christian Carius (CDU), Thüringen.
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JA. "Wechselkennzeichen geben einen Anreiz, Zweitwagen anzuschaffen und je nach Einsatzzweck das passende, umweltfreundlichste Fahrzeug zu wählen. Auch wenn die Einsparungen bezüglich Versicherung und Steuer für den Fahrzeughalter eventuell doch nicht so groß ausfallen wie zunächst angedacht, ...
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... kann das Nummernschild für mehrere Fahrzeuge die Konjunktur ankurbeln und insbesondere die Markteinführung von Elektrofahrzeugen beschleunigen." Martin Zeil (FDP), Bayern.
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NEIN. "Noch liegt kein Gesetzentwurf des Bundesverkehrsministers vor. W-Kennzeichen könnten interessant sein, wenn man sie etwa gezielt für Elektroautos als Zweitfahrzeuge einsetzen würde. Das aber ist nicht erkennbar. Wenn das neue Schild nur dem Absatz von Zweit- oder Drittfahrzeugen an eine betuchte Klientel dient, sind wir dagegen." Verkehrsministerium NRW.
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Auch sie sagen Ja zum Wechselkennzeichen: Dekra-Vorstand Clemens Klinke verspricht sich eine "bedarfsgerechtere Mobilität".
Bild: Werk
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ADAC: Präsident Peter Meyer sieht einen Anreiz für sparsame und saubere Kleinwagen.
Bild: Wolfgang Groeger-Meier
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VDIK: Importeursverband-Chef Volker Lange: "Die Verbreitung von E-Autos wird gefördert."
Bild: Harald Almonat
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Wohnmobile: VDWH-Chef Klaus Foertsch: "seit langem überfällig."
Seit Jahren blicken wir neidisch in die Schweiz und nach Österreich. Dort gibt es das Wechselkennzeichen schon. In der Schweiz hat es dazu geführt, dass viele Oldtimer als Zweitwagen überlebt haben. Im Dezember 2009 hat AUTO BILD den ersten Prototyp eines W-Kennzeichens prägen lassen: HH – AB 100 W. Danach ...
Bild: Ralf Timm
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... haben wir Verbände und Politiker ins Boot geholt, darunter Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU). Der hatte AUTO BILD im August 2010 das neue Nummernschild präsentiert. Seitdem hakte es im Bundesfinanzministerium.
Bild: Sveinn Baldvinsson
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Ressortchef Wolfgang Schäuble (CDU) befürchtete Ausfälle bei Kfz- und Versicherungssteuer. AUTO BILD aber hatte errechnet, dass satte Gewinne erzielt werden: 574 Millionen Mehrwertsteuer pro Jahr allein durch zusätzliche Neu- und Gebrauchtwagenverkäufe.
Bild: dpa (Schäuble und Riss), Auotbild (Ramsauer und Maintz)