Xenonlicht bereits in Kleinwagen

Der Siegeszug von Xenonlicht ist nicht mehr aufzuhalten. Was bei der Einführung 1991 im BMW Siebener der Luxusklasse vorbehalten war, ist heute selbst in Kleinwagen wie dem VW Lupo zu haben. Nicht gelegt hat sich leider die Diskussion um die Blendwirkung der schnellen Leuchten. Noch immer finden sich Leute, die sich vom hellen Licht der Xenonlampen gestört fühlen. Gräbt man bei denen allerdings tiefer, stellt sich oftmals heraus, dass sie gar kein Xenonlicht meinen. Viele Menschen halten Projektionsscheinwerfer wie den des Audi A4 grundsätzlich für Xenonlicht.

Richtig ist hingegen: Hinter der charakteristischen Linse kann sowohl eine Halogenlampe als auch ein Xenonbrenner stecken. Und die Spektralauflösungen in der Linse, die zu blauen Leuchteffekten führen, sind auch beiden Bauarten gemein. Vermutlich deshalb hat Mercedes zunächst ausschließlich Reflexionsscheinwerfer verwendet. Bei diesen ist der Lichtaustritt um einiges größer, was die Leuchtdichte - bezogen auf die Fläche - reduziert. Als jedoch ab 1995 der damalige Mercedes SL mit Xenon ausgerüstet werden sollte, mussten die Bosch-Techniker aus Platzgründen auf Projektions- oder DE-Scheinwerfer (DE: Doppel-Ellipsoid) zurückgreifen.

Oft ist das Gefühl der Blendung auch psychologischer Natur: Die ungewöhnliche Lichtfarbe zieht das Auge an und fixiert es auf den hellsten Punkt. Dabei verengt sich die Pupille, wodurch sich der Kontrast zu anderen Lichtquellen verringert - das Gehirn signalisiert Blendung. Dagegen hilft nur wegschauen. Wie es in der Fahrschule empfohlen wurde. Übrigens ist die Lichtfarbe der Xenonquellen gar nicht Blau - sie entspricht exakt der des Tageslichts. Lediglich sehen alle Halogenlampen gegenüber Xenon gelb aus.

Automatische Höhenjustierung

Von objektiver Blendung kann dagegen keine Rede sein: Selbstverständlich werden alle Vorschriften strikt eingehalten, zusätzlich weitere Vorkehrungen getroffen. So ist eine Streuscheiben-Reinigungsanlage vorgeschrieben, um Blendung durch verschmutzte Gläser vorzubeugen. Und weil kaum jemand den manuellen Leuchtweitenregler korrekt betätigt, müssen Xenonsysteme mit einer automatisch arbeitenden Regulierung ausgerüstet sein, die beim Einschalten der Zündung über Sensoren an den Achsen die Einfederung des Fahrzeugs feststellt und die Scheinwerfer entsprechend justiert.

Inzwischen ist bei zahlreichen Modellen eine dynamische Ausführung Standard, die auch das Aufbäumen der Karosserie beim Beschleunigen und das Eintauchen beim Bremsen ausregelt sowie selbst grobe Federbewegungen auf Bodenwellen egalisiert. Außerdem ist selbst die Beleuchtungsstärke auf der Straße beschränkt. Um die nicht zu überschreiten, wird bei Xenon das Licht viel breiter aufgefächert.

Bei der ganzen Diskussion über Blendung wurde der Sicherheitsfaktor von Xenonlicht völlig außer Acht gelassen. Dabei können vor allem ältere Menschen von dem größeren Lichtangebot der Gasentladungslampen profitieren. Problematisch ist nur, wenn bei der Neuwagenbestellung das Kreuzchen auf der Liste vergessen wurde oder ein Gebrauchtwagen angeschafft wird - Xenonlicht lässt sich kaum nachrüsten. Die Zusatzeinrichtungen (automatische Leuchtweitenregulierung und Scheinwerfer-Waschanlage) sind kompliziert einzubauen.

Nachrüstungen vom Chef-Beleuchter

Das hat die Scheinwerfer-Profis von Hella bewogen, komplette Nachrüstlösungen anzubieten. Bereits einige Zeit auf dem Markt sind die Sätze für BMW Fünfer (ab 1556 Euro) und Mercedes E-Klasse bis Mitte 1999 (ab 1577 Euro).

Kunststück - Hella stellt die Scheinwerfer auch in der Erstausrüstung her. Die Nachrüstsätze enthalten komplette Kabelbäume, den Achswinkelsensor und vor allem die Scheinwerfer-Dusche - wer bestellt die schon ab Werk mit? Falls doch, verringert sich der Preis um rund 260 Euro. Beim BMW lassen sich wahlweise auch die Xenonscheinwerfer der aktuellen Modelle mit den markanten Augenringen nachrüsten - sind aber etwas teurer.

Wesentlich mehr Leute können zu Preisen ab 1279 Euro auf die Xenon-Modulsysteme von Hella zurückgreifen, die es für Audi A3, Ford Focus, Opel Astra G und VW gibt (am Rande erwähnt: Es gibt die Sets auch als reine Halogenlampen). Diese Modulsysteme bestehen aus Projektionsscheinwerfern, die vergleichbar gutes Licht liefern wie der Audi A4 in Xenonversion, sowie Fernscheinwerfern. Die sind wahlweise als Halogen-Ausführung zu haben oder gegen Aufpreis ebenfalls mit einer Xenon-Lichtquelle, die ein fantastisches Fernlicht erzeugt.

Diese Scheinwerfer sind für die genannten Automodelle identisch. Individuell sind nur die Montagerahmen, mit denen sie an den Original-Befestigungspunkten in der Karosserie verankert werden. Und natürlich die Kunststoffblenden, die sich in allen Farben lackieren lassen. Die Scheinwerfer für den Focus sind übrigens um zehn Euro preiswerter, weil bei ihm die Blinker an anderer Stelle sitzen.

Nichts für Selbstschrauber

Unterschiedlich ist der Montageaufwand, je nach Geschick des Mechanikers. Zwischen fünf und acht Stunden wird er aber in jedem Fall brauchen, schließlich müssen Kabel vom Achssensor längs durchs ganze Auto verlegt und die Wasserversorgung für die Scheinwerferreinigung angeschlossen werden. Vom Selbermachen raten wir bei Xenonscheinwerfern übrigens strikt ab: Die Lampen funktionieren nur mit speziellen Schaltgeräten, die zum Starten der Xenonbrenner einen Zündimpuls von 35.000 Volt aussenden. Bei Unkenntnis besteht Lebensgefahr.

Belohnung des Aufwands: eine Lichtausbeute, die deutlich über jener der Serienleuchten liegt und vor allem bei Dunkelheit und Nässe Vorteile bringt. Dies gilt im Prinzip auch für die reinen Fernscheinwerfer mit Xenontechnik. Ihr Vorteil: Der Aufwand für den Einbau ist wesentlich geringer, weil weder Leuchtweitenregulierung noch Wascheinrichtung vorgeschrieben sind.

Dafür dürfen sie selbstredend nur dann benutzt werden, wenn niemand geblendet wird. Auch hier hat Hella ein breites Angebot, das bei 469 Euro pro Paar beginnt. Der Luminator Xenon mit 22,2 Zentimeter Gehäusedurchmesser dürfte dagegen eher etwas für Geländewagen oder Nutzfahrzeuge sein - es gibt ihn auch in 24-Volt-Ausführung.

Blaue Augen als Mogelpackungen

Weniger empfehlenswert sind dagegen Versuche, mit herkömmlichen Glühlampen einen Xenon-Effekt zu simulieren. Am grauenvollsten sind die Blue Caps, die es auch in Rot und Grün gibt. Diese werden über die Lampe gestülpt und sollen dann nach Xenon aussehen. Das geht gar nicht, weil etwa 70 Prozent des Lichts von den blauen Glocken geschluckt werden. Unsere Messungen bei Philips in Aachen ergaben, dass von den 1000 Lumen Lichtstrom (die absolute Menge des ausgesandten Lichts einer Lampe) nur 300 Lumen übrig bleiben.

Das sieht dann für andere Verkehrsteilnehmer so aus, als ob ein Glühwürmchen überholen möchte. Zum Vergleich: Eine Xenonlampe erzeugt 2500 Lumen. Doch während man Blue Caps oder vergleichbare Tönungsfolien noch als Dumme-Jungen-Streiche abtun könnte, sind zahlreiche Zubehörlampen fast schon kriminell: Im Handel und an Tankstellen finden sich Lampen, die einiges gemeinsam haben - aufwendige Kunststoffbox-Verpackungen, bunt schillernde Glaskolben und saftige Preise.

Vor allem aber taucht immer wieder das Wort Laser oder gar Xenon auf. Das ist noch nicht mal verboten, denn die Gasfüllung von Halogenlampen enthält tatsächlich in geringen Mengen das Edelgas Xenon. Mit einer Gasentladungslampe hat das aber nicht das Geringste zu tun, im Gegenteil: Die bunten Birnen erzeugen wesentlich weniger Licht als eine ganze normale weiße Standardlampe, weil der farbige Glaskolben eine Menge schluckt. Der führt noch zu einem anderen Problem: Weil er selber in voller Ausdehnung leuchtet und nicht nur die Glühwendel im Brennpunkt erstrahlt, funktioniert die Optik des Scheinwerfers nicht mehr - es kommt zur Blendung anderer Verkehrsteilnehmer, weil Licht in die Zone oberhalb der Hell-Dunkel-Grenze fällt.

Wie solche Lampen zu einem EG-Prüfzeichen kommen, ist genauso schleierhaft wie ihr Licht. Dann lieber auf Effekthascherei verzichten und solide Markenware kaufen. Die großen Hersteller wie General Electric, Philips und Osram haben sämtlich gute Lampen im Programm, die Premium, Plus, Super, Silverstar oder Megalight heißen und das beste aus den Scheinwerfern herausholen - auch wenn sie nicht ganz Xenon-Niveau erreichen.