Alpina B5 und B3 Touring: Kombi, Allrad, Tuning
Alpina-Brüder im direkten Vergleich

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Jedes Mal, wenn sich ein Alpina in unsere Testwagengarage verirrt, halten wir ehrfürchtig Andacht. Diese herrlichen Vielspeichenfelgen, der meist Alpina-eigene Lack. Heute gibt's Buchloer Faszination im Doppelpack.
Biturbo, Allrad, Kombi. Mit den Anfängen der Firma Alpina hat das nicht mehr viel zu tun. Die liegen im Motorsport begründet. Alles begann mit Tuning-Kits für den BMW 1500 ("Neue Klasse"), später folgten die 02er-Varianten sowie größere Modelle mit sechs und noch mehr Zylindern. All das gipfelte Anfang der 90er-Jahre im herrlichen Zwölfzylinder an Bord des B12 Coupé.
Damals stets mit von der Partie: BMW-typische Frühtugenden wie Handschalter, Hinterradantrieb und Saugmotor. Heute hat sich die Welt gewandelt – die von BMW und somit auch die von Alpina. Längst entstehen die Allgäuer Nobelgleiter auf den Bändern der BMW-Werke. Werden dort sogar mit den charakteristischen Sonderfarben "Alpina Blau" und "Alpina Grün" lackiert – je nach Modell für mehr oder weniger Aufpreis (1950 Euro beim B3 Touring, 2870 Euro beim B5 Touring).

B3-Interieur auf Basis des Vor-Facelift-G21. Bald kommt die überarbeitete Version mit Breitbildschirmen im i4-Stil.
Der B4 Biturbo Edition 99 war 2019 das letzte Alpina-Modell mit reinem Hinterradantrieb. Seitdem ist Allrad alternativlos. Und damit konnte sich so ein B3 auch vom M3 abheben – zumindest bis vor Kurzem der Competition xDrive das Licht der Sportfahrerwelt erblickte. Bis dahin war eine B3-Limousine mit einem Grundpreis von 83.350 Euro eine echte Alternative für alle, die gern auf die latent drohende Prolligkeit des M3 verzichten wollen.
B3 Touring kostet 1800 Euro Aufpreis
Zum Alpina-Preis gibt’s gerade mal einen M3 Handschalter, für den 510 PS starken xDrive werden 94.500 Euro fällig. Und zumindest bis zum Launch des M3 Touring in diesem Sommer haben die Allgäuer noch ein weiteres Argument auf ihrer Seite: einen Power-Kombi. In diesem haben wir es uns jetzt bequem gemacht. Der B3 Touring kostet 1800 Euro Aufpreis zur Limousine und trägt den gleichen, 462 PS starken S58-Reihensechser mit Biturboaufladung unter der Haube.

Nur der Deckel sieht aus wie ein Zwölfzylinder: Im Alpina B3 arbeitet ein doppelt aufgeladener S58-Reihensechser aus dem M3.
Auch wenn das Basisfahrzeug ein M340i ist, steckt also motorisch reinrassige M3-Technik unterm Blech. Nur die Philosophie haben die Entwickler in Buchloe an die eigenen Wünsche angepasst. Heißt: ein bisschen weniger Leistung als in BMWs Topmodell, dafür 50 Newtonmeter mehr Drehmoment. Die 8-Stufen-Automatik wurde ebenfalls angepasst, schaltet butterweich und nahezu übergangslos. Um den Sportmodus auch stilecht nutzen zu können, hat unser Testwagen die aus Vollalu gefrästen und 280 Euro teuren Schaltpaddel verbaut. So lässt sich endlich auch im manuellen Modus vernünftig durch die Fahrstufen flippern.
Keine selbsttätigen Hochschalter im Alpina B3
Die bislang gebräuchlichen Daumentasten waren zwar klassisch und stilbildend, die Handhabung aber war gewöhnungsbedürftig. Übrigens: Der manuelle Modus ist tatsächlich ein solcher. Beim B3 gibt es keine selbsttätigen Hochschalter – er rennt konsequent in den Begrenzer, wenn der Pilot nicht seinen Senf dazugibt.
Klein gegen gross
Fahrzeugdaten
Alpina B3
Alpina B5
Motorbauart
Aufladung
Einbaulage
Ventile/Nockenwellen
Hubraum
kW (PS) bei 1/min
Literleistung
Nm bei 1/min
Getriebe
Antriebsart
Bremsen vorn
Bremsen hinten
Bremsscheibenmaterial
Radgröße vorn-hinten
Reifengröße vorn-hinten
Reifentyp
L/B/H
Radstand
Tank-/Kofferraumvolumen
Normverbrauch - CO2
Grundpreis
Testwagenpreis
Wir wechseln in den größeren B5 Touring. Auch der trägt die Beinamen "Biturbo" und "Allrad", verknüpft all das aber mit dem 4,4-Liter-V8. Dabei nimmt Alpina nicht das ganz große Optimierungs-Besteck in die Hand, wie noch beim B3. Der Achtzylinder ist nicht das sportiv veredelte S63-Aggregat, wie es im M5 oder auch im M8 steckt, hier werkelt der zivilere N63 aus dem M550i.
Aus dessen 530 PS machen die Techniker mittels größerer Lader und anderer Kniffe respektable 621 PS – nur vier Pferde weniger als im M5 Competition. 800 Newtonmeter sorgen für jederzeit souveränen Schub. Und wie schon eine Klasse tiefer, schaufelt der Alpina noch mal 50 Nm auf den Wert des BMW-M-Topmodells drauf.

Der große Hauptbildschirm sitzt im B5-Cockpit auf dem Armaturenträger.
Im Interieur begeistert der B5 mit noch einer Prise mehr Verwöhnaroma. Unser Testwagen schmeichelt mit Merino-Leder und astreinem Langstreckengestühl. Das kann zwar mangels Seitenhalt keine Rennstrecke, dafür ist ein B5 aber auch nicht gebaut. Souveräner Reisekomfort und Machtdemonstrationen in Sachen Längsdynamik sind seine Steckenpferde. Und ja, auf dem Weg zum Sachsenring können wir ihm attestieren: Aufgabe mit Bravour erledigt.
Grazie Alpina B5
Mit welcher Grazie er Querfugen den Schrecken nimmt, wie sauber er Biegungen und Kompressionen auch bei Geschwindigkeiten jenseits von 250 km/h wegbügelt – phänomenal. Kein Wanken, kein Aufschaukeln, nichts. Sein kleiner Bruder gibt sich da einen Tick nervöser; der B3 hat einfach ein grundlegend agileres Wesen. Doch was wir ihm hier negativ ankreiden können, setzt er auf der Rennstrecke ins Positive um.

Acht Zylinder, 4,4 Liter Hubraum, doppelte Aufladung. Der Motor im B5 drückt, als gäbe es kein Morgen.
Auf dem Sachsenring zeigt sich ein klares Bild: Sektor 1 gehört dem bulligen Achtzylinder, aber vor allem im kurvigen zweiten Sektor fährt der B3 seinem massigen Bruder förmlich um die Ohren. 87 Hundertstel auf rund 25 Sekunden sind Welten. Dafür schlägt der B5 immer dann zurück, wenn es um Leistungsentfaltung geht.
In Sektor drei, den Berg hinauf hinter dem Omega, in die Linkskuppe und dann mit Vehemenz hinunter zur Kartbahn, holt er sich fast eine halbe Sekunde zurück. In Sektor vier herrscht nahezu Gleichstand; am Topspeed-Messpunkt schreibt der B5 mit 5,8 km/h mehr an. Bis dahin ist der Zweitonner noch vorn, aber im letzten Sektor, vor allem in der engen Queckenberg-Links, holt der B3 entscheidende 18 Hundertstel, bevor beide brüllend auf Start/Ziel zustürmen. 1:37,42 zu 1:37,62 Sekunden steht es nach knapp 3,7 Kilometern.
Nach vorn muss es gehen
Zur Einordnung: Ein Lamborghini Urus fährt eine knappe halbe Sekunde schneller, Audis RS 4 Avant gerade mal neun Hundertstel. Interessantes Detail: Das B8 Gran Coupé liegt mit einer 1:37,43 s ebenfalls in exakt diesem Zeitkorridor.
Aber wie schon gesagt: Die Querdynamik ist bei Alpina-Modellen nur ein Beifang. Nach vorn muss es gehen. Und hier haben beide keine Defizite. Der B5 lässt das Fahrerhirn jedoch noch merklich intensiver vor- und zurückschwappen – da wird einem beim Launch-Start schon mal kurz schwummerig.

Zwei Touring-Hecks mit Raum zum Träumen: Der B3 lädt 500 bis 1510 Liter zu, der B5 sogar 560 bis 1700 Liter.
3,3 Sekunden auf 100 – eine Zehntel unter Werksangabe – und 10,8 auf 200. Das sind Werte, da sprachen wir vor nicht allzu langer Zeit über Supersportler. Beide verzögern übrigens mit der optionalen Performance-Bremsanlage. Die 240 Kilo Mehrgewicht des B5 schlagen sich in 0,9 Metern mehr Bremsweg nieder. Aus 200: quasi Gleichstand.
Fazit
Mehr Platz, mehr Komfort, mehr Leistung. Der B5 stürmt mit Nachdruck voran. Doch trotz 159 PS weniger ist der B3 am Sachsenring schneller, kurvt zudem agiler. Letztendlich sichern ihm die Kosten den Sieg in einem sonst ebenbürtigen Duell.
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