Über den Erfolg des Tuners entscheidet das Potenzial der Serie. APR Golf GTI, Wolf Focus ST und Racechip i30 N im Vergleichstest
Würden wir die drei hier in der Serienversion aufeinander loslassen, wäre der Ausgang der Keilerei recht eindeutig. Ganz vorn stünde der Hyundai i30 N Performance, der mit seinem strammen Chassis, dem erdigen Handling und der rutschfesten Vorderachse die schlagendsten Argumente auf seiner Seite hätte. Platz zwei ginge an den Golf GTI Performance, der in Kurven zwar ein paar fiese Treffer kassieren müsste, sich letztlich aber über die eiserne Leistungskonstanz seines Zweiliter-TSI durchbeißen könnte. Und der Ford Focus ST? Dem bliebe leider nur die Pflaume. Weil er – salopp gesprochen – ein steinalter Bock ist, weder Sperre noch zeitgemäße Reifen auffährt; und weil er wie der Hyundai mit hitzebedingten Leistungseinbußen zu kämpfen hat, die im Sommer 2018 schon eine tragende Rolle spielen konnten.
Hinsichtlich der Basis hat Wolf die schlechtesten Karten
Klassiker: Traditionstuner Wolf Racing nimmt sich des nicht mehr ganz taufrischen Focus ST an.
Nun haben wir hier jedoch nicht die Hersteller, sondern drei Veredler zum Clinch geladen. Auf der einen Seite Traditionstuner Wolf Racing, der mit seinem Focus ST ebenso traditionelles Tuning zelebriert. Auf der anderen Seite die Software-Künstler von APR, die ihrem Golf GTI Performance reichlich binäre Pferdestärken einprogrammieren. Und dazwischen die Universal-Leistungs-Informatiker von Racechip, die ihren Hyundai i30 N Performance ganz zeitgemäß via Zusatzbox aufmunitionieren. Drei völlig verschiedene Wege also, wobei jeder nach Rom führen soll. Besagtes Rom liegt in diesem Fall zwischen 313 und 330 PS sowie 485 und 510 Nm – zumindest theoretisch. Praktisch splittet sich die Gesellschaft dagegen recht schnell und auch recht eindeutig in eine Zwei-Klassen-Gemeinde auf: zum einen Ford und Hyundai, die schon serienmäßig gut am Keuchen sind; zum anderen der Golf, der mit seinen 245 PS und 370 Nm scheinbar noch weit diesseits des eigenen Stresslimits operiert.
Längsdynamisch lässt APR die Konkurrenz locker stehen
Donnerwetter: Der APR Golf GTI Performance sprintet in schlanken 5,3 Sekunden auf Tempo 100.
APR rüstet den Wolfsburger jedenfalls nur peripher auf, optimiert Ansaugung und Abgasseite. Den Rest besorgt die Software, die direkt ins Motorsteuergerät geschrieben wird – und belebender wirkt als jede Fangopackung. Das geschliffene Ansprechverhalten bleibt ebenso erhalten wie die flinken Reflexe auf Gasbefehle. Der gesamte Rest hingegen erinnert nur noch entfernt an den einst so gebügelten Aalglatt-TSI. Der Lader zwitschert feurig los, plustert sich spielend aufs 510-Nm-Hoch und faucht, ohne mit dem Wastegate zu zucken, dem Leistungsgipfel bei 316 PS entgegen. In den unteren Gängen dengelt man trotz Aktivsperre immer wieder in die Antriebsschlupfregelung; selbst im dritten flackert das Lämpchen noch im Stroboskop-Stil. Wüstes Gehacke? Keineswegs! Denn einerseits lassen sich die Ladedruck-Stöße durchaus zielführend dosieren; andererseits hat das ASR die Kraftausbrüche mittlerweile richtig gut im Griff. Vor allem im Sprint. Die serienmäßige Launch Control bringt die Zusatz-Power perfekt zu Asphalt, bremst übermäßigen Schlupf gezielt heraus und hangelt sich geschickt am Traktionsoptimum entlang.Das Resultat: 5,3 Sekunden auf hundert, 17,9 auf zweihundert. Das sind 0,9 respektive 4,4 Sekunden weniger, als das Werk für das Serienauto veranschlagt. Selbst ein serienmäßiger Golf R fängt sich mit seinen 80 Kilogramm Mehrgewicht bis zweihundert sieben Zehntel ein – trotz des deutlich besseren Starts dank Allrad. Überzeugender kann man Zahlen eigentlich kaum sprechen lassen, was einerseits natürlich für die Arbeit von APR, andererseits aber eben auch für das Potenzial des Motors spricht.
Bei der Elastizität liegt Racechip ganz weit vorne
Drehmoment-Bulle: Um satte 120 Nm bläst Racechip den i30-Motor auf – und das merkt man im Durchzug.
Deutlich diffiziler sieht die Sache da schon beim i30 N Performance von Racechip aus. Grund: Der Lader des Hyundai scheint nicht der allergrößte zu sein. Das merkt man im positiven Sinne zum Beispiel am extrem flinken Ansprechverhalten untenherum; man merkt es aber auch im negativen Sinne am eher zähen Ausdrehen. Der Turbo bietet obenraus einfach nicht die Reserven des Golf-Motors, weshalb die im Vergleich günstigste Leistungsspritze von Racechip auch die wenigsten Mehr-PS kreiert – 38, um genau zu sein. Anders sieht es beim Drehmoment aus. Zur Drehzahlmitte schöpft der Motor aus dem Vollen, macht aus 378 Overboost- kurzerhand 498 Dauerboost-Newtonmeter. Schon klar, viel Kraft macht noch lange keine Ausdauer. Das Drehzahlphlegma des Serienmotors kann der Tuner entsprechend nicht kurieren. Doch weshalb sollte er aus der Serien-Hardware auch etwas herauskitzeln, was per se gar nicht drinsteckt? Erst recht, wenn das Ergebnis so gut funktioniert wie hier. Das Racechip-Auto drückt seiner Basis in jedem Gang noch mal richtig eins aufs Auge. 80 auf 120 km/h im sechsten Gang: 5,6 zu 7,1 Sekunden. Meine Herren: Damit lassen Sie jeden Diesel stehen! Zumal die Zehntel auch im Sprint purzeln.
Die gripstarken Michelins schließen vom ersten Meter an Freundschaft mit dem Asphalt, katapultieren den i30 N in 5,9 Sekunden auf hundert, ehe sich der lautstark bollernde Knallkörper mit seinen werksseitigen Röhrenverstärkern sukzessive emporarbeitet und die 200er-Marke schließlich nach 21,4 Sekunden reißt.
Weitere Details zu den drei getunten Kompakten gibt es in der Bildergalerie.
Fazit
von
Manuel Iglisch
Im Prinzip haben alle Tuner ein dickes Lob verdient! APR, weil sie mit einem großartigen Power-Kit und viel Fahrwerks-Know-how das Golf-Potenzial perfekt ausschöpfen. Racechip, weil sie mit richtig viel Sinn und Verstand optimieren. Und Walter Wolf, weil er einer so alten Basis noch so zeitgemäße Performance entlockt.