Wie kann man nur so viele Botschaften in vier Meter Auto packen? Der A1 quattro schreit es in seiner lackierten Schwarz-Weiß-Malerei geradezu heraus: Seht her, ich bin der fahrende Image-Beweis, was Audi alles kann. Zweitens: Ich werbe für den A1. Kauft ihn! Drittens: Ich bin Testballon – wollt ihr so viel Power, dramatisch verpackt? Audi tastet sich in den High-End-Bereich, in dem Kleinwagen so teuer sind wie Luxusautos. Bei einem Preis von 49.900 Euro stellt sich die Sinnfrage. Wir aber wollen etwas anderes wissen: Wie viel Sportlichkeit steckt unter dem hochgereckten Heckspoiler des A1 quattro?

Überblick: Alle News und Tests zum Renault Clio RS

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Video: Renault Clio RS/Audi A1 quattro

Zwei Knallerbsen mit über 200 PS

Als Messlatte tritt ein Renault Clio RS an, der es immerhin zum Helden in einer eigenen Cup-Serie gebracht hat. Er kostet nicht mal die Hälfte. In der Straßenversion fährt der Franzose im zivilen Tarnanzug vor, mit mattgrauen Rädern und doppelten Endrohren. Im angestaubten Interieur des sieben Jahre alten Clio (der neue kommt im Herbst) dominieren hartes Plastik und nüchterne Schalter aus der Zeit, bevor Kleinwagen auf groß machten. Traurig, denkt man, bis die Schenkel über harte Sitzwangen rutschen. Passgenaue Recaro-Sitze spannen den Körper fest wie ein Bajonettverschluss und schicken dem Erlebniszentrum im Bauch das Signal: "Attacke!" Der Zündschlüssel wandert ins Schloss. Kein Startknopf – hurra, wie herrlich uneitel! Den Drücker hat dagegen der A1 quattro, der in Lack, Leder und Luxus schwelgt. Und der mit einer Einrichtung verwöhnt, die alles auffährt, was der Interieur-Weltmeister in Ingolstadt draufhat: schwarzer Klavierlack überall, massiver Alu-Schaltknauf, akkurat gesteppte Ledernähte, Plakette mit der Seriennummer auf dem Lenkrad. Alles piekfein abgestimmt, chic wie im Musterzimmer.

Überblick: Alle News und Tests zum Audi A1

Audi A1
Kleiner Sprintkönig: Bis Tempo 100 braucht der Audi A1 quattro gerade einmal 5,6 Sekunden.
Kleine Schwächen fallen hier besonders auf. Die breiten Sportsitze lassen sich nicht so weit nach unten verstellen, wie es nötig wäre, um das perfekte Gefühl für die Piste zu bekommen. Außen könnte das Kraftpaket mehr Kante im Stil des Heckspoilers vertragen. Warum keine eckigen Radhäuser wie am alten quattro? Audi will Stil und Sportgeist zugleich bieten, deshalb gibt der Zweilitermotor den gediegenen Reißer. Der Turbo sprintet in 5,6 Sekunden auf Tempo 100 und schiebt auf der Autobahn aus jeder Lage. Erst jenseits von 5500 Touren geht ihm die Puste aus. An diesen stillen Killer hat man sich schnell gewöhnt. Der Allradantrieb verwandelt Gaspedal-Befehle ansatzlos in Vortrieb, kennt kein Scharren und Tanzen der Vorderräder. Der Schrecken aller Diesel fegt die linke Spur frei, nur hat der Spaß seinen Preis. Sein Turbo der vorletzten Generation beherrscht das Spritsparen noch nicht so wie der Nachfolger im Golf GTI. Wer weniger als zehn Liter verbraucht, hat das Pedal nur gestreichelt. Aus völlig anderem Holz ist der Renault geschnitzt: gleicher Hubraum, aber ein Sauger, der schon im Leerlauf leicht raspelt, feine Vibrationen in den Schalthebel schickt und immer hitziger wird, je weiter die Drehzahlnadel auf der weißen Skala klettert.
Wo der A1 zumacht, jubelt der Clio noch eine Oktave höher und regelt erst bei 7500 Touren ab – das Herz kürt ihn spontan zum schönsten Sauger seiner Klasse. Ach, hätte der Rest doch ähnliche Klasse! Doch die knüppelharte Federung Marke "Brett" foltert die Insassen. Der RS springt, versetzt und scheint mit seinen breiten Vorderrädern selbst bei Geradeausfahrt noch Kurven zu suchen. Kann er haben, weil Continental uns (vielen Dank!) wieder die hauseigene Handlingstrecke freimacht. Der Clio RS sticht los, nimmt die engen Kehren wunderbar handlich und agil. Zugegeben, beim scharfen Anbremsen tanzt sein entlastetes Heck, als gehöre es nicht dazu, aber keine Sorge! Das ESP regelt fein wie ein Schutzengel, lässt in den schnellen Ecken sogar zu, dass sich die Hinterräder hilfreich nach außen stemmen. Juhu – in diesem Auto steckt der Geist des alten Sport Spider! Genau das Richtige, um am Wochenende auf der Rennstrecke ein paar Gummiwolken zu verblasen. Die Rundenzeit: respektable 1.43,79 Minuten.Dann der A1 quattro. Zieht unterm Turbolader-Pfeifen los, gewinnt beim scharfen Bremsen ein paar Meter und stürmt aus jeder Ecke mit überlegenem Drehmoment, ohne auf die passende Drehzahl zu warten. Die Lenkung dürfte in der Mittellage strammer arbeiten, das macht die ESP-Abstimmung wieder wett: Herrlich, wie der Audi den Hintern raushängen lässt oder bei ausgeschaltetem ESP sogar Drifts ermöglicht. Machen wir's kurz: Der A1 hängt den Clio in 1.41,27 Minuten ab. Zweieinhalb Sekunden sind eine Welt. Aber die trennt die beiden ja auch sonst.

Fazit

von

Joachim Staat
Nicht das Geld macht den A1 so schnell, sondern die 256 Turbo-PS plus Allradantrieb. Ein Pärchen, das auch für deut lich weniger Euro zu bauen und kaufen sein sollte. Das quattro-Sondermodell bietet Luxus und Leistung in einer Weise, die verblüfft – aber manchmal fast lang - weilt, weil alles so perfekt funktioniert. Audi braucht mehr Raspeln, mehr vom rauen Arbeiten, das den Clio RS zum Erlebnis macht. Zweifellos fehlt dem Renault die breitbandige Alltags- und Reise-Qualität des A1, der Kleine will einfach nur spielen. Genau das macht ihn so sympathisch als Image-Zugpferd für seine Baureihe und die Marke – und ist es nicht das, was Audi mit dem A1 quattro erreichen wollte?

Von

Joachim Staat