Bescheidenheit ist eine Zier, bei Audi geht's auch ohne ihr. Vollmundig verkünden die Ingolstädter, mit dem A6 Hybrid "dem Strom vorausfahren" zu wollen. Die Wahrheit ist: Sie rudern hinterher – und zwar um Jahre. Schon seit 2006 stromert der Lexus GS mit Elektro-Unterstützung durch die Businessklasse. Doch statt eine schnelle Aufholjagd zu starten, versuchten die Deutschen lieber, ihre Kunden in Amerika zum Diesel zu bekehren – weitgehend erfolglos, weswegen der Hybrid-Zug mit Verspätung irgendwann dann auch bei ihnen abgefahren ist. Audi A6 und BMW 5er stehen erst jetzt als Motoren-Mischlinge beim Händler. Wir verraten, was sie können. Klären, wie viel Sprit sie jenseits blumiger Prospekt-Versprechungen verbrauchen. Und wir rechnen vor, warum der Diesel für Europa immer noch der bessere Antrieb ist.

Überblick: Alle News und Tests zum BMW 5er

BMW Active Hybrid 5
Teurer Technologieträger: Für den Active Hybrid verlangt BMW üppige 62.900 Euro Grundpreis.
Wer Hybrid hört und an Sparen denkt, kriegt seinen ersten Schock beim Blick in die Preisliste. 53.300 Euro kostet der A6 in Grundausstattung. Dafür gäbe es statt eines Zwitterwesens aus frontgetriebenem Vierzylinder-Turbo und Elektromotor auch schon einen sämigen V6-Diesel mit quattro. Auch BMW langt heftig hin: Mit 62.900 Euro ist der Active Hybrid 5 satte 9800 Euro teurer als ein 535i, der dem Teilzeitstromer seinen Reihensechszylinder spendet. Selbst wenn man den Ausstattungsvorteil rausrechnet (der BMW bringt unter anderem ein Navi serienmäßig mit): Mehrere Tausender Differenz bleiben – Geld, das man über den niedrigeren Spritkonsum im Leben nicht wieder hereinholt. Doppelt ärgerlich, dass die Hybriden auch noch zum Verzicht zwingen. Auf Kofferraumvolumen beispielsweise. Weil sich im Heck die Batterien breitmachen, bleiben fürs Gepäck nur magere 375 Liter übrig – Kompaktklasse-Niveau. Anderswo müssen die Käufer ebenfalls darben: Optionen wie Aktivlenkung, Wankausgleich, Durchladesystem und Anhängekupplung glänzen beim Hybrid 5er ebenso durch Abwesenheit wie im A6 der Abstandsregeltempomat oder ein Luftfederfahrwerk. Am meisten schmerzt jedoch, dass es den Audi nicht mit quattro gibt.

Überblick: Alle News und Tests zum Audi A6

Audi A6 Hybrid
Mangelnde Traktion: Das hohe Drehmoment bringt die Vorderräder des A6 schnell an ihre Haftgrenzen.
Wenn 480 Newtonmeter über die Vorderräder herfallen, ringen die Reifen um Haftung. Das nervt vor allem auf Nässe. Bei feuchter Fahrbahn ist es nahezu unmöglich, mit dem A6 Hybrid ohne zügelnden Eingriff der Traktionshilfe von der Ampel wegzukommen. Das kann der 5er deutlich besser: Sein Hinterradantrieb lässt ihn souverän aus den Startlöchern spurten und verhindert überdies, dass der Motor beim Herauszoomen aus engen Kurven in der Lenkung zerrt. Agiler als der Audi wirkt der Münchner trotzdem nicht. Der BMW ist schwer wie Blei. 1962 Kilo Leergewicht führen zwar zu einem satten, in Verbindung mit dem exzellenten Adaptivfahrwerk oberklassig-komfortablen Fahrgefühl. Auch scheinen seine 340 PS Systemleistung die Gesetze der Physik in Längsrichtung vorübergehend außer Kraft zu setzen. In Kurven bleibt die Masse allerdings stets spürbar. Der mit etwas weniger Zartgefühl federnde Audi wiegt 115 Kilo weniger. Gefühlt sind es noch deutlich mehr. Auf der Messstrecke macht der BMW sein Übergewicht durch Leistung wett: Beim Zwischenspurt von 80 auf 120 km/h nimmt er dem (keineswegs langsamen) A6 eine volle Sekunde ab. Und von null auf 200 sieht der Audi mit 36,3 zu 20,9 Sekunden kein Land mehr. Sportwagen-Werte, bei denen der Spargedanke ins Hintertreffen gerät.
Stopp! Die Elektromotoren sind ja nicht allein zum Boosten da. Sie greifen den Benzinern im Normalbetrieb unter die Arme, um den Spritverbrauch zu drosseln, und können kurzzeitig auch solo arbeiten. Rein elektrisches Fahren ist vor allem die Domäne des Audi. Wer die EV-Taste drückt, kann nicht nur lautlos aus dem Parkhaus schleichen, sondern bei vollem Akku bis zu drei Kilometer weit geräusch- und emissionsfrei durch die Gegend stromern. Dabei toleriert der A6 auch stärkeres Gasgeben und fährt bis zu 100 km/h schnell. Im BMW dagegen klinkt sich der Benziner schon bei Tempo 60 wieder ein – oder sogar früher, wenn sich eine Feder auf das Gaspedal herabsenkt.

Überblick: Hybride und Spritsparer bei AUTO BILD GREENCARS

Audi A6 Hybrid BMW Active Hybrid 5
Der Audi kann auch auf der Autobahn rein elektrisch das Tempo halten – der BMW nicht.
Auch auf der Autobahn setzt der A6 sein Hybridkonzept konsequenter um. Beim Dahinrollen knipst er nicht nur (wie der 5er unterhalb von 160) den Verbrenner aus. Er kann das Tempo unter ausschließlichem Einsatz seines E-Motors auch eine zeitlang halten. Beim BMW dagegen ruft Pedalstreicheln sofort wieder den Sechszylinder auf den Plan. Richtig "segeln" kann somit nur der A6, denn hier sorgt der Elektro-Rückenwind für Vortrieb, während im 5er lediglich fossile Flaute herrscht. Trotz aller Technik-Tricks: Die Verbrauchs-Versprechen der Hersteller wecken zu hohe Erwartungen. 6,8 Liter sollen dem BMW für 100 Kilometer reichen, 6,2 Liter dem Audi. In der Praxis sind es deutlich mehr. Auf der Standard-Testrunde von AUTO BILD lag der 5er mit 9,0 Litern 2,2 Liter über der Werksangabe, der Audi verfehlte sie mit 8,6 Litern sogar um 2,4 Liter. Nur wer das Gaspedal behandelt wie ein rohes Ei, kommt den Normverbräuchen halbwegs nahe: 7,5 Liter beim BMW und 6,7 beim Audi. Gut, aber nicht rekordverdächtig: die Testwerte im Stadtverkehr – Audi 8,4, BMW 10,1 Liter.
Somit endet dieser Test mit einem zwiespältigen Ergebnis: Der BMW gewinnt die Eigenschaftswertung, setzt sich vor allem bei Komfort und Fahrleistungen klar vom Audi ab. Der A6 überholt den teuren 5er am Ende aber in der Kostenwertung und sichert sich den knappen Sieg. Den kompletten Artikel gibt's im Online-Artikelarchiv als PDF-Download.
Audi baut den besseren Hybriden. Aber auch der A6 ist nur ein Feigenblatt. Power-Limousinen mit Öko-Anspruch mögen in der Diesel-Diaspora Amerika Sinn ergeben, weil sie V8-Fahrwerte zu kleinerem Verbrauch ermöglichen. In Europa kann man sich solche Vollfettstufen-Sparer sparen. Diesel fahren ist günstiger. Oder man nähert sich dem Hybrid mit einer anderen Einstellung – einer, bei der nicht falsche Verbrauchserwartungen die Hauptrolle spielen, sondern die Lust an der Lautlosigkeit und Freude an komplizierter Technik.