Oida, I glaub mir brennt der Hut! Überliefert sind diese markigen Worte unseres Wissens nach zwar nicht, bei Audi könnten sie in jüngster Vergangenheit aber öfter gefallen sein. Beispielsweise als der Audi Q3 im März 2018 bei AUTO BILD einen Vergleichstest verlor. Gegen BMW X1 und – jetzt mal Obacht! – Volvo XC40. Ein kleines Debakel, auch wenn die erste Generation des kompakten Audi-SUVs (Debüt 2011) da schon kurz vor der Rente stand. Und jetzt nähert sich wieder die Zeit für brennende Hüte. Denn gerade rollt der komplett neue, wieder bei Seat im spanischen Martorell gefertigte Audi Q3 auf die Straße.

Das neue Design steht dem Audi Q3 wirklich gut

Audi Q3
Klare Ansage: Mit seinem selbstbewussten Auftritt untermauert der neue Q3 seinen Führungsanspruch.
Mei, sieht der fesch aus! Und er macht schon auf den ersten Blick klar, dass er es wissen will: Aggressive Front, selbstbewusst ausgestellte Radhäuser hinten, sichtbar stattlichere Figur – immerhin macht sich der neue Q3 zehn Zentimeter länger und zwei Zentimeter breiter als zuvor. Okay, Audi, haben wir vernommen. Und nehmen die Ansage ernst. Also her mit dem scharfen Gerät und gleich mal in einen Vergleichstest geschubst. Natürlich nicht gegen irgendwen, sondern gegen ebenjene Typen, die im März den Sieg unter sich ausgemacht haben. Diesmal allerdings nicht als Diesel, sondern mit Benzinern um 150 PS. Und auch nicht mit Allrad, sondern frontgetrieben. Auf unserem Spielplan steht heute also Audi Q3 35 TFSI gegen BMW X1 sDrive18i und Volvo XC40 T3. Die beiden Deutschen mit Doppelkupplungsgetriebe, der Schwede handgeschaltet. Unfair? Nee, aktuell gibt es diese Motorisierungen einfach nicht anders. Ring frei!

Jetzt ist es im Q3 auch in Reihe zwei endlich bequem

Audi Q3
Neue Größe: Acht Zentimeter mehr Radstand bringen den Passagieren deutlich mehr Platz im Audi.
Na bitte, geht doch. War der Q3 vor acht Monaten noch der Kleinste im Feld, gehört er jetzt zu den Größten – acht Zentimeter mehr Radstand machen den Unterschied. Vorn überragt er BMW und Volvo locker, bietet auch noch die besten Sitze mit angenehm tiefer Sitzposition sowie das edelste Ambiente – obwohl die Qualität gegenüber dem Vorgänger leicht entfeinert scheint. Auch hinten sitzen wir jetzt endlich vernünftig. Zwar finden lange Kerls im X1 noch ein bisschen mehr Luft für Kopf und Knie, dafür lässt sich die Bank im Audi zusätzlich längs verschieben und die Lehne noch gemütlicher neigen. Im BMW fehlt den schmalen Sitzen dagegen Weite, wir thronen etwas zu hoch im Auto, das kinderleicht zu bedienende iDrive-Cockpit wirkt mittlerweile irgendwie doch altbacken. Oder nur bekannt? Im Volvo sitzt du vorn gern. Sehr gern sogar – auch wenn die Bedienung im Tablet-Stil nicht perfekt gelingt, fühlst du dich hier einfach wohl. Im Fond sieht das leider anders aus. Hier geht es am engsten zu, wir hocken ganze fünf Zentimeter dichter am Boden als in Audi und BMW, die Lehne kennt nur eine Stellung.
Und sie lässt sich auch nur zweigeteilt umlegen – das aber praktisch vom Kofferraum aus. Audi und BMW setzen auf 40:20:40-Teilung, bieten maximal fast 200 Liter mehr Stauraum als der hübsche Schwede. Der XC40 hat dafür den Tempomaten serienmäßig, bringt ab Momentum Einparksensoren hinten und Klimaautomatik mit und lässt kaum Assistenten oder Online-Optionen vermissen. Hier spiegelt sich das Alter des X1 wider, der nicht mit Google Android kann und weder 360-Grad-Kamera noch Alarm bei hinterm Auto kreuzendem Verkehr kennt.

Dem X1 gelingt der Spagat zwischen Komfort und Sport

BMW X1
Typisch BMW: Der X1 siegt im Sprint, lässt sich leicht ums Eck scheuchen und ist auch noch komfortabel.
Als Einziger hier gönnt uns Audi einen Vierzylinder. Und der passt gefühlt bestens zum Q3. Laufruhig und leise nimmt er den Betrieb auf, knackt bis Tempo 100 entspannt die Zehn-Sekunden-Marke und fährt auf der Autobahn vorn mit. Allerdings leistet sich der Antrieb auch ein paar Schrullen. Ab 5000 Touren beginnt der 150 PS starke 1.5er zu dröhnen, das gute DSG verschläft beim Anfahren schon mal seinen Einsatz. Der Dreizylinder im Volvo lässt mit 156 PS die meisten Pferdchen antraben, fährt seinen Kollegen aber dennoch hinterher. Vor allem die leichte Anfahrschwäche unter 2000 Umdrehungen hemmt den Vorwärtsdrang. Und obenraus ist die feine Handschaltung recht lang übersetzt. Ein 1,5-Liter-Dreizylinder steckt auch im X1, allerdings mit hellwachen 140 PS und richtig aufmerksamem Doppelkuppler. So schnurrt der BMW im Sprint immer ein Stück voraus, dreht willig und mit moderater Lautstärke aus, bleibt mit 7,9 Litern auch noch am sparsamsten. Mit 1475 Kilo ist der X1 hier das Leichtgewicht.

Volvo setzt ganz eindeutig auf eine entspannte Gangart

Audi gelingt die SUV-Revanche
Genießer-SUV: Sportliche Ambitionen sind dem XC40 fremd, er lädt ehr zum entspannten Cruisen ein.
Das hilft auch beim sportlichen Kurvenkratzen und unaufgeregten Cruisen. Lässig schneidet der X1 durch Kehren aller Art, federt dabei mit verbindlicher Härte und feinem Komfort. Nur die kippelige Lenkung vermisst den Geradeauslauf. Der Audi zeigt sich klar dem Sport verpflichtet, liegt wunderbar satt auf der Straße und lässt sich auch von wilden Wechselkurven nicht aus der Ruhe bringen. Allerdings federt der Q3 spürbar straff an, tätowiert uns Kanten direkt in die Bandscheiben. Und nervt zudem mit einem ESP Marke super-sicher, aber spaßbefreit. Volvo will sportliche Ambitionen erst gar nicht wecken. Eine eher diffuse Lenkung und eine geschmeidige Federung laden zum Cruisen ein, erst auf ganz üblen Pisten verschluckt sich die emsige Federung schon mal. Auch in vollem Testornat bleibt der Volvo für 36.120 Euro der Günstigste. Für den BMW werden rund 3500, für den Audi sogar 4310 Euro mehr fällig. Versöhnung versuchen die Deutschen mit den niedrigeren Versicherungsklassen, BMW lockt zudem mit drei Jahren Garantie. Nicht, dass hier irgendwem der Hut brennt.

Fazit

Audi kann das Ergebnis aus dem März 2018 umdrehen und gewinnt verdient – allerdings liegt der ganz neue Q3 nur knapp vor dem saustarken BMW X1. Der charakterstarke Volvo XC40 ist unser Tipp für Individualisten.