Die fünfte Jahreszeit naht. Und damit der gruppendynamische Zwang zur Fröhlichkeit. Dann werden lustig verkleidete Jecken wieder per Narhallamarsch ans Lachen erinnert – und der Verstand hat längst das Weite gesucht. Dass es anders geht und man durchaus vernünftig Spaß haben kann, beweisen ausgerechnet zwei Bayern. Der neue Audi SQ5 TDI und der BMW X3 35d feiern mit jeweils 313 PS zwar das wilde Fest der Fahrfreude, genehmigen sich gleichzeitig aber nur knapp acht Liter Diesel – selten waren sich Vernunft und Vergnügen so nah.

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BMW X3
Beim Sprint knapp vorne: Von 0 auf Tempo 100 nimmt der X3 dem SQ5 zwei Zehntelsekunden ab.
Fast schon ein bisschen unheimlich, mit welcher Leichtigkeit die Sechszylinder-Diesel hier zu Werke gehen. Immerhin handelt es sich bei SQ5 und X3 ja nicht um kleine Matchbox-Modelle, sondern um ausgewachsene und fast zwei Tonnen schwere Kompakt-SUV der 4,60-Meter-Klasse. Schon beim Anlassen des SQ5 staunen wir das erste Mal ungläubig. Sonor brabbelt der Dreiliter-V6 vor sich hin, als sei er nicht der erste Diesel, der bei Audi das S-Abzeichen tragen darf. Doch draußen steht TDI dran. Und vorn ist auch einer drin. Ein kleiner Soundgenerator lässt den Audi so viel erotischer klingen als das typische Diesel-Brummeln des BMW. Die Akustikwertung wäre also entschieden, doch viel mehr interessiert uns, was SQ5 und X3 aus ihren jeweils 313 PS auf der Straße machen. Dank Allradantrieb starten beide annähernd ohne Traktionsverluste ins Rennen – und liefern sich bis ins Ziel ein rasantes Kopf-an-Kopf-Duell. Obwohl der Audi mit 650 Nm Drehmoment sogar noch 20 Nm mehr auspackt als der BMW, muss er sich bis Tempo 100 erst mal ganz knapp geschlagen geben. Zwei Zehntel fehlen dem Ingolstädter auf den Münchner, der auf den ersten Metern einen Hauch spontaner am Gas hängt und so aus dem Stand in 5,4 Sekunden auf 100 km/h fliegt.

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Audi Q5
Klingt nicht nach Diesel: Dank Soundgenerator brabbelt der Audi-V6 sonor aus vier Endrohren.
Doch die Audi-Buben machen schnell wieder Boden gut. Zentimeter für Zentimeter presst sich der Audi am X3 vorbei, erreicht Tempo 160 nach 13,4 Sekunden – und damit vier Zehntel vor dem X3 35d. Und Schluss mit lustig befiehlt der Ringkämpfer erst bei 250 km/h, während der X3 bei Tempo 244 die Segel streicht. Beides für SUV fast schon unanständige Werte. Abseits solcher Zahlenspielchen möchte man den Ingenieuren beider Hersteller einfach ständig auf die Schulter klopfen. Der Reihensechser im BMW wie auch der V6 des Audi lassen dank Aufladung durch zwei hintereinandergeschaltete Turbos derart die Sau raus, dass sich die Frage nach dem Benziner erledigt hat. Wer vergleichbare Dreiliter-Ottomotoren ähnlich fordert wie diese Selbstzünder, wird nicht nur deren Drehmoment-Hochgebirge vermissen, sondern beim Tanken auch seine persönliche Ölkrise erleben. SQ5 TDI und X3 35d glänzen jedenfalls mit Verbräuchen von 7,7 bzw. 7,5 l/ 100 km – bei jeweils 313 PS!Trotz hohen Aufbaus und großer Masse gelingt dem Bayern-Duo zudem ein wahrhaft sportlicher Auftritt. Der SQ5 rollt ab Werk auf fetten 20-Zöllern und zirkelt mit seinem Sportfahrwerk ausgesprochen leichtfüßig ums Eck – nur die Dynamiklenkung vermittelt irgendwie ein synthetisches Lenkgefühl. Da erscheint der ebenfalls superhandliche X3 – mit Sportlenkung und variabler Drehmomentverteilung an den Hinterrädern gedopt – tatsächlich noch eine Spur kurvengieriger.

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Audi Q5 BMW X3
In Sachen Komfort weit vorne: Wer seine Bandscheiben schonen willl, zieht den BMW dem Audi vor.
Was der Audi beim Sound an Mini-Vorsprung herausfährt, büßt er beim Komfort deutlich wieder ein. Das S-Sportfahrwerk senkt die Karosserie um immerhin um 30 Millimeter ab. Das sieht zwar ganz knackig aus, kürzere Federn und straffere Dämpfer lassen die Kinder im Fond aber aufgeregt auf den Polstern herumhopsen. Wer sich mit dem SQ5 auf wirklich schlechte Straßen traut, bekommt zudem die gewaltigen 20-Zoll-Räder mit der flachen 255/45er-Gummiauflage zu spüren. Absätze und Querfugen rumpeln ordentlich im Fahrwerkgebälk und taugen als Belastungsprobe für Bandscheiben. Da freut umso mehr, dass große Fahrer vorn luftiger sitzen als im BMW, die Sitze ausgesprochen gute Unterstützung gewähren und das wirklich feine Interieur das Leben an Bord versüßt. Nicht ganz so hochwertig eingerichtet, dafür auf Rumpelstrecken spürbar gelassener, empfiehlt sich der BMW als wahrer Familienfreund. Besonders in Verbindung mit der elektronischen Dämpferkontrolle, die von Sport bis Komfort freie Wahl lässt, fegt der X3 selbst über fiese Marterstrecken noch mit einem ordentlichen Maß an Restkomfort. Dazu auch hier hervorragende Sportsitze – da werden weder von den Kindern noch von der Schwiegermama Klagen laut.
Zumal BMW seinen Gästen ohne Aufpreis eine Zweizonenklimaautomatik gönnt, während im Audi ein Klima für alle reichen muss – oder für 580 Euro die Dreizonenklimaautomatik bestellt werden muss. Vor den Spar-Spaß in Audi SQ5 und BMW X3 35d haben die Hersteller leider das Bezahlen gesetzt. Schon in der Basisversion werden bei beiden über 50 000 Euro fällig, mit den kleinen Nettigkeiten für die fahrdynamische Extraklasse fordert Audi dann tatsächlich 59.700 Euro (inkl. Drive Select und Dynamiklenkung), bei BMW werden 57.100 Euro fällig (inkl. Sport-Automatik, Sportlenkung, Sportsitzen und adaptiven Dämpfern). Bei ansonsten annähernd identischen Unterhaltskosten erweisen sich diese 2600 Euro Preisdifferenz am Ende als Zünglein an der Waage. Denn auch wenn die Fahrer von SQ5 und X3 35d Spaß am närrischen Treiben auf der Straße haben, sind sie keine Narren, die Geld zum Fenster rauswerfen.

Fazit

Der komfortablere und günstigere X3 fährt nach Punkten vorn, trifft die Vorlieben all derer, die neben sportlichen Spitzenwerten auch einen all tagstauglichen Begleiter suchen. Der SQ5 wendet sich dagegen an die Kunden, denen Dynamik über alles geht. Die müssen sich zum beeindruckenden Fahrerlebnis allerdings auch auf einen recht harten Kompromiß beim Komfort einstellen.