Stellenabbau, Gewinnwarnungen, Kurzarbeit: schwierige Zeiten für Unternehmer. Welcher Chef kann da noch ruhigen Gewissens in einer dicken V8-Limousine vorfahren? Vorschlag: Verpackung lassen, nur den Motor tauschen. Denn – man glaubt es kaum – auch die Luxusklasse bietet rezessionsverträgliche Einstiegsmodelle. Und die tragen mittlerweile oft Diesel unter dem edlen Pelz. Beispiel: BMW 730d und Mercedes S 320 CDI, die jeweils kleinsten Motorisierungen ihrer Baureihen. Beide haben Reihensechszylinder-Diesel mit modernster Common-Rail-Einspritzung, die gewaltige 500 Newtonmeter an Drehmoment liefert.

Souveräne Ruhe, dezente Getriebe

Autos zum Sparen, Teil 3
Nicht jedermanns Sache: das kantig-wuchtige Cockpit im Siebener. Auch die Bedienbarkeit erschließt sich nicht jedem auf Anhieb.
Die Motorleistung liegt mit 218 zu 204 PS ebenfalls auf ähnlich hohem Niveau. Ebenso der Verbrauch: zehn zu neun Liter. Macht einen Euro pro 100 Kilometer Fahrstrecke. Das gibt das Portemonnaie wohl noch her. Bei so viel technischen Übereinstimmungen verwundert es kaum, dass auch die Fahrleistungen sehr ähnlich sind:
Beide Limousinen rennen souveräne 235 km/h Spitze, mit wohltuender Ruhe. Und selbst der sechste Gang der BMW-Automatik (S-Klasse mit Fünfgang) spielt im Fahralltag keine Rolle. Man weiß eh nie so genau, über welche Zahnradpaarungen die Motoren ihre Leistung gerade zu den Rädern schicken. Die Getriebe arbeiten dezent, nahezu unmerklich im Hintergrund.

Luxuriöser und wirtschaftlicher geht's nicht

Dennoch: Meine anfänglichen Bedenken, die kleinen Diesel könnten in dieser Klasse zu wenig Souveränität bieten, wollen nicht so recht weichen. Besonders im städtischen Einsatz wirken die Selbstzünder hörbar etwas angestrengt. An die gelassene Geschmeidigkeit eines V8-Benziners kommen sie – logisch – nicht heran. Auf der Autobahn verfliegen diese Gedanken dann so schnell, wie sie gekommen sind. Nur der Wind säuselt noch draußen am Blech, von den Motoren ist nichts mehr zu hören. Mein Urteil steht fest: Luxuriöser und wirtschaftlicher kann man nicht reisen.

Auch in den Abmessungen herrscht Einigkeit: 5,03 zu 5,04 Meter Länge. Die Kofferräume schlucken jeweils 500 Liter. Und letztlich kosten beide etwa gleich viel Geld, genauer: 58.000 zu 58.870 Euro in der Grundversion. Bestellt man für den Siebener noch die luftgefederte Hinterachse mit Niveauregulierung (beim Mercedes serienmäßig), kämen 770 Euro dazu. Preislich also Gleichstand.

Autos zum Sparen, Teil 3
Ausstattungspaket "designo couture": Nappa- und Nubukleder, Zierteile aus Ahorn oder Pappel, Dachhimmel aus Alcantara.
Wo sind denn nun die Unterschiede? Sicher, einige gibt es, doch die sind meist subjektiver Natur. Und hierbei spielt natürlich auch das Design eine Rolle. Die Karosserie der S-Klasse empfinde ich zum Beispiel harmonischer und schlanker, die des Siebeners massiger und protziger. Er wirkt einfach schwerer. Und wäre der Vorfahr-Faktor vor die Hotel-Drehtür zu bewerten, der BMW hätte die Niere – Pardon, Nase – sicher vorn. Bei den Vorgängern war das noch umgekehrt.

Beim Wohlfühlfaktor liegt die S-Klasse vorn

Auch beim Wohlfühlfaktor erhält der Mercedes meine Stimme. Sein Cockpit wirkt geschmeidiger, fließender, nicht so kantig-wuchtig wie im BMW. Besonders dessen große Zwillingsdächer über den Instrumenten und überm Bildschirm sowie das zum Innenraum gewölbte Armaturenbrett und das Lenkrad vermitteln mir nicht die gewünschte Behaglichkeit.

Tja, und dann ist da noch die angeblich so vereinfachte Bedienung. Sie entpuppt sich im Alltag als Fehlschlag. Ob nun beim Rangieren mit dem Bonsai-Schalthebel an der Lenksäule oder beim Einstellen der Sitze am Mitteltunnel – ergonomisch ist da kein Fortschritt zu spüren. Von dem gewöhnungsbedürftigen iDrive, der superschlauen Info-Zentrale, mal ganz abgesehen.

Beim Mercedes hingegen ist alles vertraut wie zu Hause vor dem Fernseher. Die Bedienung geht perfekt von der Hand, lediglich die neu gestalteten Fensterheber liegen noch immer zu tief unten in der Tür. Die Sitzpositionen vorn wie hinten sind bei beiden vorbildlich, beim BMW stört nur der etwas beengtere Aus- und Einstieg. Die Türen müssten sich einen Spaltbreit weiter öffnen lassen, besonders hinten.

Sonderausstattung oder einen Opel Astra?

Verarbeitung und Oberflächenqualität sind bei beiden spitze. Hier hat vor allem die S-Klasse nach dem Facelift im Sommer einen großen Schritt nach vorn gemacht. Schalter und Kunststoffe wirken deutlich hochwertiger als zuvor. Wer ein paar Cent übrig hat, gönnt sich die Ausstattungslinie "designo couture" unseres Testwagens. Sie hüllt Cockpit und Türen in samtfeines Wildleder und edles Holz.

Der Wohlfühleffekt ist enorm. Vor allem jedoch enorm teuer. Zu den 11.368 Euro kommt noch die Zwangsorder von Schiebedach, Heckrollo und elektrisch verstellbarer Fondsitzbank. Macht zusammen 14.106 Euro. So viel kostet ein fünftüriger Astra mit 75 PS.

Doch der krisengeschüttelte Chef sollte "designo" im Moment lieber lassen und mit gutem Beispiel vorangehen. Schenken Sie Ihrer Sekretärin lieber den Opel. Das kommt bestimmt gut an.

Fazit und Technische Daten

Fazit Die Mercedes S-Klasse gewinnt den Vergleich doch noch recht deutlich. Warum? Den Siebener kosten vor allem seine schlechtere Bedienbarkeit und sein wesentlich höher prognostizierter Wertverlust zusammen 14 Punkte. Was aber den Rest, vor allem das Fahren mit den Autos betrifft, herrscht weitgehend Gleichheit. Die beiden Diesel überzeugen durch und durch. Modern und wirtschaftlich denkenden Chefs sei also gesagt, dass sie ruhig einmal auf einen Sechszylinder-Diesel umsteigen sollten, statt immer nur die dicken Achtzylinder-Benziner zu ordern. Sie werden überrascht sein über so viel Fahrfreude – und sicher auch über die netten Reaktionen ihrer Mitarbeiter. Sparen zahlt sich eben auch auf höchstem Niveau aus.

Kosten und Ausstattungen

Beim Preis nehmen BMW und Mercedes sich nicht viel – dem Kunden aber doch eine ganze Menge. Knapp 60.000 Euro sind kein Pappenstiel. Und trotz guter Ausstattung müssen die echten Luxus-Leckereien wie Navigationssystem oder Einparkhilfe natürlich noch extra bezahlt werden.

Wertung und Endergebnis

Bei der Bedienbarkeit bekommt der BMW sechs Punkte weniger, beim Wertverlust sogar acht. Ein Schlag ins Siebener-Kontor. Dafür verliert die S-Klasse fünf Punkte beim Bremsen. 38,5 Meter sind zwar gut, 36,5 Meter aber deutlich besser.

Von

Michael Specht