Ob's am neuen Chef liegt? Kaum steht Ex-Volkswagen-Manager Stefan Jacoby am Volvo-Ruder, kopieren die Schweden das alte Erfolgsrezept von Golf und Audi A3: schickes Blech über bewährter Technik, das Ganze etwas feiner abgestimmt – fertig ist der kompakte Edelwagen. Und keinen Volvo-Kunden stört es, dass die Technik des Ford Focus daruntersteckt – die Schweden dürfen das, obwohl sie seit 2010 zum chinesischen Hersteller Geely gehören. Klingt ganz einfach, doch ein Selbstläufer wird der neue V40 sicher nicht. Zu mächtig ist seine Konkurrenz. Audi schickt im Sommer den neuen A3 ins Rennen, der BMW 1er ist noch jugendfrisch, und die A-Klasse soll jetzt neuerdings auch Kunden finden, die noch im Erwerbsleben stehen. Die paar Hardcore-Volvisti, die den lebensfernen Vorgänger C30 gut fanden, reichen dem Neuen jedenfalls nicht zum Durchbruch. Ob er wirklich zum Eroberer geboren ist, der V40, muss die erste Begegnung mit dem BMW 1er zeigen.

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Video: BMW 125i vs. Volvo V40

Neuer V40 fordert 1er heraus

Erster Eindruck: Toll, mit welcher Hingabe zum Detail die Volvo-Designer gearbeitet haben. Ein neu entwickelter Fußgänger-Airbag ermöglicht eine extrem flache A-Säule, muskulöse Flanken und ein Heck im Stil klassischer Shooting-Brake-Kombis geben dem Volvo in der sonst so nüchternen Kompaktklasse die eigene Note. Da kann auch der BMW mit seinen auffälligen Proportionen nicht ganz mithalten. Beim Modellwechsel haben die Bayern das polarisierende Design des Vorgängers aufgeweicht, ein Mainstream-Schönling ist der 1er trotzdem nicht geworden. Auch im Innenraum sieht der Volvo gut aus: Das Cockpit ist blitzsauber verarbeitet, edle Materialien zeigen, wie Volvo den Mehrpreis gegenüber dem Focus erklären will. Wer die Hi-Fi-Anlagen des Edel-Herstellers Bang & Olufsen mag und sich unter skandinavischem Design mehr als Ikea vorstellen kann, wird die Linien und Oberflächen des Volvo mögen. Der BMW-Arbeitsplatz wirkt eine Spur einfacher, die Verarbeitung weniger präzise: Hier hat Volvo den BMW schon überholt. Das haben sich die Schweden auch dort vorgenommen, wo es den Bayern richtig wehtut – bei der Fahrdynamik. Zum ersten Abgleich treten sowohl V40 als auch 1er mit optionalen Sportfahrwerken an. Die Abstimmung ähnelt sich: straff, mit brauchbarem Restkomfort.

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BMW 1er
Münchner Fahrmaschine: Der BMW 1er kann mit seiner vergnüglichen Lenkung brillieren.
Aber auch hier fährt der Volvo einen kleinen Vorteil heraus: Während der BMW auf schlechten Landstraßen schon mal mit der Hinterachse durchschlägt, bleibt der V40 in solchen Situationen dank längerer Federwege gelassen. Dafür kann der 1er mit seiner vergnüglichen Lenkung brillieren. Sie ist eine Spur direkter – und konzeptbedingt frei von Antriebseinflüssen. Zum Start im September gibt es für den Volvo V40 fünf Motoren: drei Diesel mit 115 bis 177 PS und zwei Benziner mit 150 und 180 PS. Zur ersten Fahrt stand der stärkste Benziner, ein 1,6-Liter-Turbo, zur Verfügung. Und der macht seine Sache gut. Dank 240 Newtonmeter Drehmoment zieht er schon von der Leerlaufdrehzahl leichtfüßig hoch, bietet jederzeit ausreichende Kraftreserven. Nur die Abstimmung des aufpreispflichtigen sechsgängigen Doppelkupplungsgetriebes stört, es schaltet bereits bei der kleinsten Gaspedalbewegung hektisch zurück. Das kann die Achtstufenautomatik des BMW deutlich besser. Und auch der Motor des 125i muss erst noch nach Punkten geschlagen werden: Das BMW-Triebwerk ist laufruhig, kräftig und deutlich besser gedämmt als der etwas brummige Volvo-Vierzylinder. Und doch: Unterm Strich steht der V40 nicht als Verlierer da. Den neuen Chef der Schweden wird es freuen.

Technische Daten BMW 125i Vierzylinder, Turbo, vorn längs • vier Ventile pro Zylinder • Hubraum 1997 cm³ • Leistung 160 kW (218 PS) bei 5000/min • max. Drehmoment 310 Nm bei 1350/min • Hinterradantrieb • Achtstufenautomatik • Reifen 225/40 R 18 vorn, 245/35 R 18 hinten auf Rädern 7,5 – 8 x 18" (Option) • L/B/H 4324/1765/1421 mm • Radstand 2690 mm • Leergewicht (EU) 1440 kg • Kofferraumvolumen 360–1200 l • Tankinhalt 52 Liter • 0–100 km/h: 6,5 s • Spitze 243 km/h • Verbrauch EU-Mix 6,4 l Super • CO2 149 g/km • Preis ab 31.000 Euro.

Technische Daten Volvo V40 T4 Vierzylinder, Turbo, vorn quer• vier Ventile pro Zylinder • Hubraum 1596 cm³ • Leistung 132 kW (180 PS) bei 5700/min • max. Drehmoment 240 Nm bei 1600/min (270 Nm mit Overboost) • Vorderradantrieb • Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe • Reifen 205/55 R 16 (Serie) • L/B/H 4369/1802/1445 mm • Radstand 2647 mm • Leergewicht (EU) 1375 kg • Kofferraumvolumen 335–1032 l • Tankinhalt 62 Liter • 0–100 km/h: 8,5 s • Spitze 225 km/h • Verbrauch EU-Mix 6,2 l Super • CO2 144 g/km • Preis ab 26.980 Euro.
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Fazit

von

Stefan Voswinkel
Volvo hat ein gutes Auto gebaut. Der neue V40 überzeugt mit eigenständigem Design, edlem Innenraum und sauber abgestimmtem Fahrwerk. Dazu kommen die – zumindest auf dem Papier – sparsamen Motoren. Da bleibt kaum Abstand zum hohen Niveau der deutschen Premium-Kompakten, der erste Vergleich mit dem BMW 1er zeigt es. Es wird künftig noch spannender in der gehobenen Kompaktklasse!

Von

Stefan Voswinkel