100.000 Kilometer mit dem BMW 3er GT: Im AUTO BILD-Dauertest lockte der Bayer nicht nur Vogelkinder, sondern leider mehrfach auch Langfinger an.
Man muss nicht zwangsläufig einen Vogel haben, um einen 3erGT zu mögen, aber es hilft. Mir zumindest. Als ich mit dem BMW 320d GT das erste Mal auf Dauertest-Tour ging, flog mir Pieps zu. Ein Spatz, den meine Töchter aufpäppelten und der eine Zeit lang mit uns durch die Gegend segelte. Kein Witz. Irre, nicht? Vielleicht stand Pieps ja auf den GT, weil der auch irgendwie ein schräger Vogel ist. An den China-3er mit längerem Radstand flanschte BMW ein recht massiges Fließheck. Sagen wir mal so: Es gibt elegantere BMW. Wer sich indes auf die inneren Werte konzentriert, muss zugeben, dass BMW selten ein praktischeres Auto gebaut hat. Der Fahrer thront sechs Zentimeter höher, auf der Rückbank schlagen selbst Zwei-Meter-Kerle noch locker die Haxen übereinander – Taxigäste wissen, wovon ich rede. Die Beinfreiheit ist überragend, der Kofferraum riesig. "Wer braucht da noch einen 5er Touring!", frohlockte Autor Joachim Staat nach dem Transport einer kompletten TV-Ausrüstung.
Man muss fast dankbar sein: Nach dem ersten Einbruch war der 3er zumindest noch fahrbereit. Die Klauprofis haben sauber gearbeitet.
So ließ sich der schräge 3er (mit 46.300 Euro Grundpreis 1500 Euro teurer als der 320d Touring) als neuer Fuhrpark-Held der Langstrecke feiern. Appetitlich eingerichtet mit Leckereien für über 22.000 Euro, reifte der GT "zum Traumauto für Kilometermillionäre", wie Dirk Branke treffend im Bordbuch formulierte. Einige dieser Extras würde unsereins aus eigener Tasche wohl kaum bestellen. Zum Beispiel den Allradantrieb xDrive, der die 4,82-Meter-Fuhre unnötig teuer (2000 Euro) und schwerer (50 Kilo mehr) macht. Oder die variable Sportlenkung für 250 Euro. Warum? Schon die normale 3er-Lenkung ist doch klasse! Wie auch das glasklare Headup-Display (980 Euro), selbst bei gleißender Sonne noch deutlich abzulesen, oder das Navisystem mit der derzeit besten Echtzeit-Staumeldung – mitbestellen, unbedingt. Und dann gut drauf aufpassen, vor allem nachts. Uns wurde der elektronische Pfadfinder gleich zweimal geklaut. Komplett mit Bildschirm, Controller und Gerät, alles grob chirurgisch rausgetrennt. Schaden jedes Mal knapp 7000 Euro. Hier macht BMW es den Dieben zu einfach.
Gebrauchtwagen mit Garantie
4.950 €
Renault Twingo Paris DeLuxe 1.2 16V, Jahr 2014, Benzin
* Weitere Informationen zum offiziellen Kraftstoffverbrauch und zu den offiziellen spezifischen CO2-Emissionen und gegebenenfalls zum Stromverbrauch neuer Pkw können dem "Leitfaden über den offiziellen Kraftstoffverbrauch" entnommen werden, der an allen Verkaufsstellen und bei der "Deutschen Automobil Treuhand GmbH" unentgeltlich erhältlich ist (www.dat.de).
Okay, bezahlt die Versicherung. Den Ärger und die Angst vor weiteren Aufbrüchen aber nicht. Zudem stand der Wagen jedes Mal zwei Wochen in der Werkstatt. Beim zweiten Termin kam der 3er GT obendrein zurück, ohne dass der anstehende Ölwechsel gemacht war. Also einen neuen Termin verlangen, wieder telefonieren. Nicht lustig, nur nervig. Zumal der BMW auch ein paar Zipperlein in der Elektronik hatte. So meldete das Zentraldisplay nach 32.016 Kilometern: "Rückfahrkamera defekt." Tatsächlich funktionierte die Einparkhilfe, hatte aber einen Softwarefehler, so die Diagnose bei der Wartung. Ab Kilometerstand 53.200 begann der Motor, bei Halbgas zu ruckeln. Als die Ruckelei nicht aufhörte, las BMW bei der 60.000er-Wartung das Getriebesteuergerät aus. Fehler? Nein. Aber Neustart. Und das Ruckeln war weg.
Auf halbem Weg zum SUV: Der Fahrer sitzt im GT sechs Zentimeter höher als im normalen 3er.
Und das bei der hervorragenden Achtstufenautomatik, die auch im Dauertest hoch gelobt wurde. Vor allem der EcoPro-Modus erschien manchen Testern fast unheimlich. "Der scheint alle Straßen im Voraus zu kennen," notierte Testchef Andreas May. Das Navi leitet aus der geplanten Route Empfehlungen ab, wann der Fahrer vom Gas gehen und Sprit sparen kann. Tipps, die fast immer zutrafen. Er war eben ein Reisekönig, der GT. Die Extraportion Radstand verlieh dem ausladenden Schiff einen Abrollkomfort, der mit seinem Wiegen und Schlucken den normalen 3er alt aus sehen lässt. Der tolle Geradeauslauf – den hat nicht jeder BMW – litt nur mit den Pirelli-Winterreifen. Dann machten die rahmenlosen Seitenscheiben deutlich mehr Windgeräusche als bei Richtgeschwindigkeit, offensichtlich drücken sich die Gläser nicht fest genug in die Dichtgummis. Erstaunlich dagegen, dass die schräge Heckscheibe sogar bei Starkregen trocken blieb – auch ohne Wischer. Da haben die Aerodynamiker bei BMW ganze Arbeit geleistet. Wirklich? Das sieht beim Schulterblick ganz anders aus: hohe Blechkante, schmaler Glasschlitz im Sichtfeld. Zudem ist der unhandliche GT kein Einparkwunder. Bei 11,8 Meter Wendekreis werden enge Citygassen schnell zur verhassten Lenkhölle.
Der raue 184-PS-Diesel fiel negativ auf. Bei der Zerlegung wurde zudem ein kleiner Riss in einem Kolben sichtbar.
Im Kaltlauf und im Stadtverkehr fiel der raue 184-PS-Diesel negativ auf, der nicht so recht zum eleganten Charakter des Autos passen wollte. 2015 tauschte BMW den Brummbären gegen einen aktuellen, etwas kultivierteren Vierzylinder mit 190 PS. Die abschließende Zerlegung des Herzens förderte einen kleinen Riss in einem Kolben zutage, für den DEKRA-Sachverständigen Günter Schiele ein Grund zur Sorge. "Einzelfall", sagt BMW. Und die Geräusche, die bei Testende von der Hinterachse kamen? Ein Klacks Fett soll reichen. Aber den hatten die BMW bei früheren Dauertests nicht nötig. Nach den Einser-Kandidaten der Weiß-blauen kam der GT "nur" auf Note Zwei. Trotzdem werden wir dem GT ein paar Tränen hinterherweinen, zumal es keinen Nachfolger gibt. BMW plant, GT und Gran Coupé zusammenzulegen. Spätestens dann dürfte der schräge Vogel ein Überflieger als Gebrauchter werden.In der Bildergalerie erfahren Sie, was während des Tests und bei der Demontage des Testwagens nach Erreichen der 100.000 Kilometer außerdem aufgefallen ist.
Bildergalerie
Dauertest BMW 3er GT
Fazit
von
Tomas Hirschberger
Note 2. Das ist wie in der Schule: Worüber die meisten erfreut wären, davon ist der Klassenbeste enttäuscht. BMW war lange oben in der Dauertest-Rangliste und gehört als deutsche Nobelmarke eigentlich dorthin, wo derzeit Hyundai steht. Daran müssen die Münchener arbeiten. Genau wie an einem besseren Diebstahlschutz. Ein 3er darf kein SB-Laden sein.
Von
Tomas Hirschberger
Manfred Klangwald
Dauertest BMW 3er GT
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Irgendwie ist der 3er GT ein schräger Vogel. An den China-3er mit längerem Radstand flanschte BMW einfach ein recht massiges Fließheck. Sagen wir mal so: Es gibt elegantere BMW. Wer sich indes auf die inneren Werte konzentriert, muss zugeben, dass BMW selten ein praktischeres Auto gebaut hat. Hier kommen die wichtigsten Erkenntnisse aus unserem Dauertest über 100.000 Kilometer.
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Auf halbem Weg zum SUV: Der Fahrer thront sechs Zentimeter höher, auf der Rückbank schlagen selbst Zwei-Meter-Kerle noch locker die Haxen übereinander. Die Beinfreiheit ist überragend, ...
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... der Kofferraum riesig. "Wer braucht da noch einen 5er Touring!", frohlockte Autor Joachim Staat nach dem Transport einer kompletten TV-Ausrüstung.
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So ließ sich der schräge 3er (mit 46.300 Euro Grundpreis 1500 Euro teurer als der 320d Touring) als neuer Fuhrpark-Held der Langstrecke feiern. Appetitlich eingerichtet mit Leckereien für über 22.000 Euro, reifte der GT "zum Traumauto für Kilometermillionäre", wie Dirk Branke treffend im Bordbuch formulierte.
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Einige Extras kann man sich aber getrost verkneifen: Allrad macht die Fuhre unnötig teuer (2000 Euro) und schwerer (50 Kilo mehr). Oder die variable Sportlenkung für 250 Euro. Warum? Schon die normale 3er-Lenkung ist doch klasse! Unbedingt mitbestellen sollte man indes das Navisystem mit der derzeit besten Echtzeit-Staumeldung – und dann ...
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... gut drauf aufpassen, vor allem nachts. Uns wurde der elektronische Pfadfinder gleich zweimal geklaut. Komplett mit Bildschirm, Controller und Gerät, alles grob chirurgisch rausgetrennt. Schaden jedes Mal knapp 7000 Euro. Hier macht BMW es den Dieben zu einfach.
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Der BMW hatte auch ein paar Zipperlein in der Elektronik. So meldete das Zentraldisplay nach 32.016 Kilometern: "Rückfahrkamera defekt." Die Diagnose bei der Wartung: Software-Fehler. Ab Kilometerstand 53.200 begann außerdem der Motor, bei Halbgas zu ruckeln. BMW las bei der 60.000er-Wartung das Getriebesteuergerät aus. Fehler? Nein. Aber Neustart. Und das Ruckeln war weg.
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Ansonsten wurde die Achtstufenautomatik hoch gelobt. Vor allem der EcoPro-Modus erschien manchen Testern fast unheimlich. "Der scheint alle Straßen im Voraus zu kennen," notierte Testchef Andreas May. Das Navi leitet aus der geplanten Route Empfehlungen ab, wann der Fahrer vom Gas gehen und Sprit sparen kann. Ein dickes Lob gilt außerdem dem Abrollkomfort, der den normalen 3er alt aus sehen lässt – ein Verdienst der Extraportion Radstand.
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Wie Sie sehen, sehen Sie nichts: Beim Schulterblick schränken die hohe Blechkante und der schmale Glasschlitz das Sichtfeld ein. Zudem ist der unhandliche GT kein Einparkwunder. Bei 11,8 Meter Wendekreis werden enge Citygassen schnell zur verhassten Lenkhölle.
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Der raue 184-PS-Diesel fiel im Kaltlauf und im Stadtverkehr negativ auf. Er wollte nicht so recht zum eleganten Charakter des Autos passen. 2015 tauschte BMW den Brummbären gegen einen aktuellen, etwas kultivierteren Vierzylinder mit 190 PS.
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Wie jeder Dauertester, wurde auch der GT nach dem Ende seiner Dienstzeit komplett in seine Einzelteile zerlegt. Dabei kam unter anderem ...
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... ein kleinen Riss in einem Kolben zutage, für den DEKRA-Sachverständigen Günter Schiele ein Grund zur Sorge. "Einzelfall", sagt BMW.
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Und die Geräusche, die bei Testende von der Hinterachse kamen? Ein Klacks Fett soll reichen. Aber den hatten die BMW bei früheren Dauertests nicht nötig.
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Schnell heiß: Der Katalysator sitzt zur zügigen Aufheizung direkt am Motor.
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Stabilbaukasten: Am Unterboden des Allrad-GT fallen solide Verstrebungen für größtmögliche Fahrzeugstabilität auf.
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Wenn die Demontage erledigt ist, geht Günther Schiele mit einem flexiblen Endoskop in der Karosserie auf Fehlersuche. Dabei offenbart sich, ...
17/19
... dass das Schutzwachs in den Hohlräumen zwar ungleichmäßig, aber voll ausreichend aufgetragen ist.
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Nach den Einser-Kandidaten der Weiß-blauen kam der GT "nur" auf Note Zwei. Trotzdem werden wir dem GT ein paar Tränen hinterherweinen, zumal es keinen Nachfolger gibt. BMW plant, GT und Gran Coupé zusammenzulegen. Spätestens dann dürfte der schräge Vogel ein Überflieger als Gebrauchter werden.
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Fazit: Note 2. Das ist wie in der Schule: Worüber die meisten erfreut wären, davon ist der Klassenbeste enttäuscht. BMW war lange oben in der DauertestRangliste und gehört als deutsche Nobelmarke eigentlich dorthin, wo derzeit Hyundai steht. Daran müssen die Münchener arbeiten. Genau wie an einem besseren Diebstahlschutz. Ein 3er darf kein SBLaden sein.