Glaubt man den Wetterfröschen, haben wir den Winter bereits hinter uns. Hoffen wir mal, dass sie recht haben. Temperaturen um die 20 Grad und Sonne satt machen jedenfalls Lust auf den Sommer. Wie passend, dass BMW in diesen Wochen sein neues 4er Cabrio an den Start rollt. Eigentlich ein offener 3er, den die Marketingabteilung mit einer Namensänderung aufgewertet hat – die deftigen Preise inklusive. Kein ganz neues Rezept, auch die Konkurrenten von Audi und Mercedes betreiben ähnlichen Etikettenschwindel. So basiert das S5 Cabrio auf dem Audi A4, die offene E-Klasse ist technisch eigentlich eine C-Klasse.

In Sachen Verdeck geht BMW einen eigenen Weg

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Video: Audi S5, BMW 435i, Mercedes E 400

Cabrio-Vergleich

Eine Besonderheit hat BMW dem 4er mit auf die Reise gegeben: Als Einziger im Testfeld ist der Bayer mit einem Stahl-Klappdach ausgerüstet – Audi und Mercedes setzen dagegen auf Stoffmützen. Ein Nachteil ist das Stahldach aber nicht – der 4er ist mit einem Leergewicht von 1831 Kilogramm sogar der Leichteste im Testfeld. Und bietet sowohl bei geschlossenem wie auch geöffnetem Dach die beste Verwindungssteifigkeit. Vor allem der Audi zeigt mit Knistern und Klappern auf unebenen Straßen, wie es auch anders sein kann. Der Mercedes hält sich hier vornehm zurück, kommt aber an den festen Burg-Charakter des BMW nicht heran. Aber Cabrios sind zum Offenfahren gebaut – Mützen runter! Und hier zeigt sich der einzige Nachteil der aufwendigen BMW-Konstruktion. Die fein choreografierte Dachakrobatik braucht mit 25 Sekunden gut zehn Sekunden länger als das Stoffdach des Audi, um sich im Kofferraum zusammenzufalten. Und während Audi und Mercedes sich auch bei Stadtgeschwindigkeit öffnen lassen, funktioniert das beim BMW nur bis maximal 18 Kilometer in der Stunde. Trotzdem kann der 4er das Karosseriekapitel unserer Testwertung für sich entscheiden. Das liegt vor allem am besten Raumangebot im Fond, er ist wirklich als Viersitzer nutzbar.

Bei der Automatik herrscht im Mercedes Nachholbedarf

Mercedes E-Klasse
Unharmonisch: Die Automatik im Mercedes gönnt sich lange Schaltpausen und gelegentliches Ruckeln.
Auch beim Qualitätseindruck haben die Bayern nach anfänglicher Kritik am 3er angezogen. So steht das mit weichen Kunststoffen und feinem Leder ausgestatte Cockpit dem angegraut wirkenden Audi und dem opulenten Mercedes in nichts mehr nach. Schon die Papierform der drei Konkurrenten macht Lust auf eine ausgedehnte Landpartie, Sechszylinder zwischen 306 und 333 PS versprechen Kraft, Laufkultur und Klangerlebnis. Vor allem der BMW zieht in dieser Hinsicht alle Register. Sein Urschrei klingt, als wolle er dem stärkeren M4 Konkurrenz machen. Wenn Audi- und Mercedes-Fahrer ihre Autos starten, werden jedenfalls in der Nachbarschaft keine Gardinen beiseitegeschoben. Auch beim Gasgeben zieht das Münchner Turbo-Sixpack die ganz große Show ab. Von bassigem Brummeln steigert sich der Klang bis hin zu einem heiseren Kreischen. Gänsehaut? Garantiert! Dabei beherrscht der giftige Reihensechser auch die sanfte Tour, dank 400 Newtonmeter Drehmoment bummelt er auch mit niedrigen Drehzahlen durchs Land. Assistiert von der nahezu perfekten Achtstufenautomatik – eine kaum zu schlagende Kombination.
Der Mercedes mit seinem neu konstruierten Biturbo-V6 kann da jedenfalls nicht mithalten. Während der laufruhige Motor seine Sache gut macht, stört die Siebenstufenautomatik die Harmonie. Lange Schaltpausen und gelegentliches Ruckeln zeigen, dass es Zeit wird für die bereits in der E-Klasse eingeführte Neunstufenautomatik. Der Audi hingegen punktet mit seinem Doppelkupplungsgetriebe, das blitzschnell und nahezu ruckfrei die Gänge wechselt. Auch der mit einem Kompressor aufgeladene Sechszylinder gefällt mit hohem Drehmoment und rauchigem Klang. Einzig der hohe Testverbrauch von fast elf Litern pro 100 Kilometer lässt sich dem Ingolstädter vorwerfen.

Der Audi S5 überzeugt durch hohe Querdynamik

Audi S5
Dank Allradantrieb und Sportdifferenzial kaum zu schlagen: Der Audi S5 geht dynamisch ums Eck.
Trotz des sportlichen Images kommen Komfortfans eigentlich nur im BMW auf ihre Kosten. In Sachen Geschmeidigkeit übertrifft der einst so krachledern über Kanaldeckel polternde Bayer neuerdings selbst den Mercedes, der Audi erkauft sich seine Agilität durch eine viel zu harte Abstimmung. Selbst auf anscheinend ebenen Straßen ist ständig Bewegung in der Fuhre. Wer jetzt denkt, der 435i lässt sich dafür bei der Fahrdynamik das Fell über die Ohren ziehen, wird angenehm überrascht. Neutral und ohne große Seitenneigung nimmt der BMW enge wie weite Kurven und steht selbst dem extrem agilen Audi in fast nichts nach. Der ist dank serienmäßigem Allradantrieb und Sportdifferenzial kaum zu schlagen. Die blitzschnelle Kraftverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse drückt den S5 fast wie einen Hecktriebler aus der Kurve und macht den Audi zum gleichermaßen fahrsicheren wie leichtfüßigen Kurvenkünstler. Einzig der Mercedes fällt etwas ab. Mit seiner indirekteren Lenkung und größerer Seitenneigung gibt er hier den klassischen Benz.
Keine Frage, Autos zum Träumen sind alle drei. Doch der Blick in die Preisliste holt Cabrio-Fans unsanft in die Realität zurück. Dies gilt umso mehr, als dass die jenseits von 60.000 Euro liegenden Testwagenpreise noch lange nicht das Ende der Fahnenstange sind. Schnell ist mit ein paar Extras der Gegenwert eines gut ausgestatteten Kompakten zusätzlich versenkt. Vor allem Audi langt kräftig zu, ist mit allen bewertungsrelevanten Extras 6000 Euro teurer als der BMW. Unterm Strich ist der 4er so kaum zu schlagen, dank Blechklappdach gibt es Cabrio, Limousine und Sportler in einem; der offene 4er macht Lust auf mehr. Passt also prima, dass wir bereits jetzt den Winter hinter uns haben.

Fazit

von

Stefan Voswinkel
BMW gegen Audi und Mercedes – es ist der alte Dreikampf. Den der neue 4er klar für sich entscheidet. So bietet der offene Bayer den besten Kompromiss aus Sport und Komfort, sein Motor ist die Wucht. Der recht komfortable Mercedes und der in die Jahre gekommene Audi können da nicht mithalten. Die Preise sind bei allen heftig.

Von

Stefan Voswinkel