Katrin war in Bruchteilen einer Sekunde aus dem Häuschen – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Denn Katrin – eine wirklich nette Nachbarin – mag Coupés; vergöttert sie quasi, sobald BMW draufsteht. Als ich letzte Woche mit dem flammneuen 428i Coupé zu Hause Station machte, stand sie plötzlich da und lächelte entzückt. Meine Kollegen im Mercedes E 250 Coupé und im Audi A5 Quattro 2.0 TFSI waren jedenfalls abgemeldet. Völlig zu Unrecht, denn erstens sind beide ebenfalls sehr nett, und zweitens brachten sie die spannenden Sparringspartner für den neuen 4er mit. Denn im ersten knallharten Vergleichstest nach Punkten wollen wir natürlich wissen, ob BMWs neue Nummer bei den Mittelklasse-Coupés jetzt die Messlatte höherlegt oder ob sich die bewährten Modelle aus Ingolstadt und Stuttgart behaupten können. Wie immer natürlich ganz objektiv getestet und allgemeingültig – nicht nur in Katrins weißblauer Welt.

Überblick: Alle News und Tests zum BMW 4er

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Video: BMW 4er im ersten Vergleich

BMW 428i vs. E 250 und A5

Audi nennt sein A4 Coupé selbstbewusst A5, Mercedes spricht hochtrabend vom E-Coupé, obwohl der C 207 technisch auf der C-Klasse (W 204) basiert – und jetzt gönnt sich auch BMW diesen feinen Schwindel, macht aus dem 3er Coupé einfach mal einen 4er. Immerhin schaffen es die Münchener aber auch, ihren Zweitürer wirklich hochwertiger aussehen zu lassen. Wo der Benz seine sportlichen Blechfalten ein wenig zu dick aufträgt und der Ingolstädter vor Schlichtheit schon fast langweilig wirkt, findet der BMW den goldenen Mittelweg zwischen Eleganz und Extravaganz. Guten Geschmack beweist Katrin also auf jeden Fall. Doch üppige 2,81 Meter Radstand sorgen beim 4er nicht nur für kurze Überhänge und eine gefällig gestreckte Linie, sie ersparen den Fondgästen auch blaue Flecken an den Knien. Bei Mercedes und Audi stehen die Achsen jedenfalls ein paar Zentimeter dichter zusammen, und vor allem im A5 kneift es deutlich früher – einen deutschen Durchschnittsfahrer angenommen, bietet der BMW durchblutungsfördernde zwölf Zentimeter mehr Beinraum. In allen anderen Platzfragen herrscht weitgehend Eintracht. Die Piloten genießen in allen drei Coupés haltgebende Sitze und ein tadelloses, nur im Audi körperbetontes Raumangebot, im Kofferraum verschwindet klaglos das Gepäck der vierköpfigen Besatzung, und gute 400 Kilogramm Zuladung kann man bei den Viersitzern gerade noch durchgehen lassen.

Überblick: Alle News und Tests zur Mercedes E-Klasse

Mercedes E-Klasse
Auf dem Papier am schwächsten und auch im Sprint hinten: Der E 250 lässt es am ruhigsten angehen.
Erstaunliche Einigkeit auch beim Motor: In den Zweitürern arbeitet jeweils ein Zweiliter-Vierzylinder mit Turboaufladung, der seine Kraft über eine Automatik (BMW und Mercedes mit Wandler, Audi: Doppelkupplung) weitergibt. Doch damit enden die Gemeinsamkeiten dann auch. Nicht nur die PS-Zahlen unterscheiden sich, auch Leistungsentfaltung und Verbrauch weichen deutlich voneinander ab. Mit 211 PS lassen die Schwaben es nicht nur auf dem Papier am ruhigsten angehen. Beim Sprint fährt der E 250 seinen Mitstreitern hinterher, in mittleren Drehzahlen und nach oben raus fehlt dem unter Last sehr knurrigen Vierzylinder der Schwung. Die Siebenstufenautomatik arbeitet längst nicht so geschmeidig und souverän wie das achtstufige BMW-Pendant. Und als sei das nicht genug, schluckt der Mercedes auch noch am meisten Sprit. Pro 100 Kilometer rund einen halben Liter mehr als Audi und BMW – die Schwaben wissen wohl sehr genau, warum sie dem E-Coupé mit 66 Liter Volumen den größten Tank spendieren. Der positive Gegenentwurf zum Mercedes-Motor kommt aus München. Immerhin 245 PS schickt der 428i an die Hinterräder. Und die weißblauen Pferdchen wirken ausgesprochen munter, galoppieren lustvoll drauflos und kennen bis zum Drehzahllimit kaum ein Halten.
Dabei klingt der Vierzylinder auch noch verhalten sportlich und gibt sich mit 7,5 Litern pro 100 km zufrieden – ein respektabler Wert, der in diesem Vergleich zum Knauser- König reicht. Der Audi sortiert sich mit 225 PS nicht nur zwischen Mercedes und BMW ein. Als Einziger verteilt er seine Kraft über ein Doppelkupplungsgetriebe an alle vier Räder. Schnelle Schaltvorgänge und gute Traktion bringen den A5 dabei fix aus der Startposition, dem 4er kann er dennoch nicht ganz folgen und muss ihn spätestens auf der Autobahn ziehen lassen.

Überblick: Alle News und Tests zum Audi A5

Audi A5
Dynamikvorteil: Dank Allradantrieb macht der Audi A5 in der Pylonengasse eine ziemlich gute Figur.
Den Benz lässt der turbinenartig trompetende Allradler dagegen nicht vorbei, mit 7,7 Litern pro 100 km beweist er dennoch mehr Spartalent. Wie die Münchener Motorenbauer dürfen sich auch die Fahrwerkentwickler auf die Schulter klopfen. Die üppige 18-Zoll-Mischbereifung mit 255er-Walzen hinten (im M- Sportpaket für 3500 Euro) lässt den 428i ebenso leidenschaftlich wie lustvoll über kurvige Landstraßen toben, während die variable Sportlenkung (300 Euro) die Ideallinie ab Werk einprogrammiert zu haben scheint. Und bei aller Dynamik verliert der BMW selbst auf schlechten Strecken nicht die Haltung, lässt nur die schlimmsten Schlaglöcher bis zu den passgenauen Sportsitzen durchdringen und bleibt dank anpassbarem M-Fahrwerk meist die Ruhe selbst. Was ihn übrigens nicht nur klar von seinen Mitstreitern, sondern auch von Katrin unterscheidet. Der ebenfalls mit Adaptivfahrwerk (im Fahrdynamikpaket für 785 Euro) und Mischbereifung sogar in 19 Zoll (988 Euro) aufgerüstete Mercedes legt auch eine flotte Sohle aufs Kurvenparkett, vertreibt jeden Anflug von Rentner-Coupé mit hoher Agilität und Präzision. Allerdings müssen dafür Abstriche beim Komfort gemacht werden.
Weitere Details zu den drei Coupés gibt es in der Bildergalerie. Den kompletten Artikel mit allen technischen Daten und Tabellen gibt es als Download im Online-Heftarchiv. 

Fazit

Das neue Coupé aus München nennt sich selbstbewusst 4er statt 3er – und verdient sich diese Höherpositionierung auch redlich. Selbst wenn man wie wir sehr genau hinschaut und sucht, lassen sich echte Schwächen nicht ausmachen. Der ebenfalls erstaunlich agile, aber auch teure Mercedes und der relativ günstige, aber knapper geschnittene Audi können da nicht mithalten und landen mit deutlichem Abstand auf den Rängen. Vier gewinnt!