Jetzt taugt der Fünfer auch als Taxi

Showdown am Schreibtisch. Wo sonst Computer summen und Aktienseiten rascheln, da wälzen die Manager ab sofort Prospekte, Webseiten oder Vergleiche wie diesen. Nach acht Jahren Pause tobt wieder einmal der liebste und schönste Streit auf der Etage der Geschäftswagen: Wird der nächste Dienstwagen nun ein 5er oder die E-Klasse? Der neue BMW steht gerade bei den Händlern, das ewig junge Duell geht in die nächste Runde – falls überhaupt diskutiert wird. Denn ist die Geld-Welt nicht längst fest zementiert in zwei unerschütterliche Lager und fixe Vorlieben?

Das BMW-Weltbild gerät mit dem neuen Modell jedenfalls kräftig aus den Fugen. Der Fünfer, früher ein sehniger Athlet, steht nun größer und provokanter auf der vier Zentimeter breiteren Spur. Und dann erst diese Kanten – sicher, sie sind gemäßigter als beim Siebener, aber einem hartgesottenen Fünfer-Besitzer rutschte glatt das Super-Schimpfwort raus: "japanisch". Der Fünfer verlangt Gewöhnung, und der E-Klasse-Fahrer blickt auf vier vertraute Augen und ein klassisches Sternbild.

Der Stilbruch beschert dem BMW zumindest jenen spürbaren Zuwachs, auf den Käufer lange warten mussten. Endlich sitzt man im Fond wirklich oberklasse, schlägt die Beine lässig übereinander und hat sogar mehr Platz als im Mercedes-Benz. Kaum zu glauben. Die 520 Liter Kofferraum (60 mehr als bisher) garantieren echte Reisetauglichkeit. Kein Grund mehr, am Taxistand die Fünfer vorbeizuwinken und auf einen Mercedes-Benz zu warten.

BMW variiert das "Fahrer"-Cockpit

Gemessen am Siebener, ruderte BMW auch beim Interieur zurück, hier zugunsten besserer Bedienbarkeit: Die Sitzverstellung liegt nun unten am Rahmen, die iDrive-Funktion ist abgespeckt, das Klima wieder an eigenen Drehknöpfen zu regeln – na bitte, es geht doch. Verloren ging leider das früher gerühmte BMW-Cockpit, das dem Fahrer ergonomisch entgegenkam. Statt freundlich wirkt der Fünfer heute technoid entrückt.

Dagegen verströmt die E-Klasse mehr "Willkommen-Wärme" – oder Behäbigkeit, je nach Geschmack. Und der spielt in diesem Vergleich die größte Rolle. Will man hoch auf den breiten Polstern der E-Klasse thronen oder sportlich tief im Fünfer? Dessen perfekte Sitze lassen sich so weit herunterfahren, bis der Hintern gefühlsmäßig am Bodenblech einklinkt: klack – Asphalt-Kontakt. Und genau hier liegt der Schlüsselreiz, mit dem der BMW endlich wieder die Sportlimousine spielt, statt den Mercedes-Benz noch an Sanftheit zu überbieten.

Vorn singt dieser Traum von einem 3,0-Liter-Benziner; die Automatik mit nun sechs Gängen hat nur einen Nachteil – man vermisst das sportliche Einrasten der Handschaltung.

Hydraulischer Wankausgleich im Fünfer

Bis 0,3 g Querbeschleunigung, also flottere Kaffeefahrt, unterdrücken die aktiven Stabis jedes Wanken. Darüber geben sie nach. Der Elch? Im Fünfer keine Frage.
BMW-Fahrer fühlen sich sofort heimisch, wenngleich der 530i deutlich schlechter sprintet, als BMW verspricht (8,2 statt 7,1 Sekunden), und den E 320 sogar ziehen lassen muss. Der V6 aus Stuttgart läuft etwas rauer, gibt aber keinen Grund, über Leistungsmangel zu klagen. Die beiden Edel-Germanen preschen bei Bedarf mit identischen 245 km/h Spitze über die Autobahn. Wer dabei mehr als 25 Liter verbrennt, weiß, warum die Diesel bei beiden Herstellern inzwischen in der Käufergunst vorn liegen: Die 525d oder 270 CDI reisen höchstens 20 km/h langsamer, verbrauchen dabei aber nur halb so viel Sprit. Schwierig, in der Flughöhe dieser beiden Traum-Dienstwagen noch eine Schippe zuzulegen. BMW versucht es trotzdem, und das ausgerechnet auf seinen technischen Domänen Fahrwerk und Lenkung: mit Dynamic Drive, einem hydraulischen Wankausgleich (2300 Euro extra), und der Aktivlenkung (1200 Euro). Um es kurz zu machen: Der Fortschritt ist auf jedem Meter zu spüren. Der BMW scheint sich, normal in der Stadt bewegt, gar nicht mehr zu neigen. Erst bei sportlicher Fahrweise, wenn ein Sensor beim Fahrer plötzlich Schumacher-Allüren feststellt, gestatten die verstellbaren Stabis leichtes Wanken. Jedoch weit weniger als beim weicher abgestimmten E 320, der sich kräftig aus den Federn hebt.

Komfort-König bleibt die E-Klasse

Der E 320 taucht tief, aber sicher in die Federn, wankt mehr als der BMW.
Vorteil der E-Klasse: In den unendlichen Tiefen des Fahrwerks verschwindet so ziemlich alles, was die öffentliche Hand auf unseren Straßen verbrochen hat. Was dann übrig bleibt, schlucken die Sitze. Die E-Klasse ist der Komfort-König, und mit dieser Erkenntnis bekommt auch die leicht schläfrige Lenkung ihren Sinn. Der Mercedes-Benz will abregen, nicht anregen. Ganz im Gegensatz zur Aktivlenkung, die den Fünfer gefühlsmäßig auf Kart-Format schrumpft und die Vorderräder schon einschlägt, wenn das Hirn nur "Lenken" denkt. Zack! Doch selbst das Paradies hat Dornen, und so vermissen wir bei größeren Lenkeinschlägen, dass die Lenkkraft proportional zunimmt. Überhaupt: Braucht der Fünfer solchen "Fortschritt", zumal gerade Lenkung und Fahrwerk das Beste waren, was man als Dienstwagen in die Hand bekommen konnte? Eigentlich nicht. Das endgültige Urteil fällt die Preisliste. Mercedes-Benz und vor allem der elektronisch aufgerüstete BMW sind so unverschämt teuer, dass mancher hochfliegende Sonderwunsch ganz von allein begraben wird. Selbst Manager oder Geschäftsleute können von 530i oder E 320 meist nur träumen – der Rotstift diktiert gnadenlos das kleinere Modell. Wie beruhigend.

Technische Daten und Testwerte

Beide Kandidaten sprinten schlechter (BMW: 8,2 s, Mercedes-Benz: 8,1 s) als das Werk verspricht (7,1 Sekunden/7,7 Sekunden). Die Luxusschiffe lassen sich mit allem aufrüsten, was gut und teuer ist. Nicht nur der Aufpreis für die Durchlade (BMW: 480 Euro, MB: 499 Euro) ist fast schon unverschämt hoch.

Fazit von AUTO BILD-Redakteur Joachim Staat

Von wegen Stillstand bei den Top-Limousinen: Der neue Fünfer ist größer, geräumiger, im Design ein klarer Gegenpol zum Mercedes-Benz. Und dennoch kein Sieger. Denn mit seiner Ausstattung schießt unser Testwagen ein Eigentor. Ohne Aktivlenkung und Dynamic Drive hätte der BMW mit 42.600 Euro 20 Punkte bekommen – und läge gleichauf mit dem E 320. Wie gut das Serienfahrwerk ist, muss ein späterer Test klären. Im aktuellen Duell siegt der Mercedes-Benz durch ein Plus bei Komfort, Kofferraum und Bremsen – klassische Tugenden aus Stuttgart, und die verführen keinen BMW-Fahrer zum Marken-Wechsel. Nach Ausflügen ins Softielager spielt dieser BMW wieder glasklar den Sportler – und das versöhnt mit seinem Design.