BMW i4 eDrive35, Hyundai Ioniq 6: Elektrolimousinen im Test
Einer hat den Bogen raus: Hyundai Ioniq 6 und BMW i4 im Vergleichstest
Zwei Elektrolimousinen im Test
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Mit Schwung entern Elektrolimousinen den Markt. Der Ioniq 6 ist ein feines Beispiel. Der BMW i4 ein passender Gegner. Wer setzt sich an die Spitze?
Bild: AUTO BILD
Der Blick wird unruhig. Ist es der Dachverlauf? Die flache Schnute? Oder die Flanke mit den in der Sonne spiegelnden Radien? Irgendetwas lässt unser Auge jedenfalls nicht zur Ruhe kommen, wirkt irgendwie "krumm". Wir lösen auf: Es ist die Aerodynamik. Genauer: die in Blech gepressten Folgen davon.
Hyundai besinnt sich beim Ioniq 6 nämlich eines ganz alten Themas, um Elektroautos leichter durch den Wind gleiten zu lassen – und ihnen so zu mehr Reichweite zu verhelfen. Der cw-Wert liegt im Fokus. Das scheint BMW so gar nicht einzusehen und stellt dem i4 eine ziemlich stattliche Niere ziemlich aufrecht in den Fahrtwind. BMWs Credo demnach: Wir holen Effizienz über die inneren Werte des E-Antriebs.

Zwei Limos, zwei Designs: Während der Hyundai sanft geschwungen daher kommt, zeigt der BMW deutlich mehr Kante.
Bild: Christoph Boerries / AUTO BILD
Das ist natürlich nicht alles. Sowohl Ioniq 6 als auch i4 schleifen an sämtlichen Ecken der Technik und drehen an allen Schrauben der Kupferkerne, um möglichst effizient durch den Alltag zu zischen. Wer das besser draufhat? Klärt unser Vergleich nach Punkten.
Mit 56.500 Euro ist der BMW günstiger
Doch erst zur Kasse. Den Ioniq 6 gibt Hyundai für 61.100 Euro her, ein i4 eDrive35 ist nicht unter 56.500 Euro zu haben. Hyundai bietet auf den ersten Blick mehr Antriebstechnik, mehr Elektro-Potenzial als BMW.

Günstiger: Beim Grundpreis unterbietet der i4 den Ioniq um 4600 Euro, ist in der getesten Version
Bild: Christoph Boerries / AUTO BILD
Denn für die über 60.000 Euro erhält der Käufer eines Ioniq 6 Allradantrieb statt 2WD, bekommt das 39 PS stärkere Auto, darf Strom aus größeren Akkus (plus rund zehn kWh) ziehen und erntet in der Folge mehr Reichweite – über 500 Kilometer statt 467 Kilometer.
Fahrzeugdaten
Modell
BMW i4 eDrive35
Hyundai Ioniq 6 77,4 kWh AWD
Motor Bauart vorn
Leistung vorn
Motor Bauart hinten
Leistung hinten
Drehmoment vorn/hinten/gesamt
Spitzenleistung ges./Dauerleistung
Vmax
Getriebe
Antrieb
Bremsen vorn/hinten
Testwagenbereifung
Reifentyp
Radgröße
Ladezeit 10-80 % (DC)
Reichweite*
Verbrauch*
Batteriekapazität nutzbar
Ladeleistung AC/DC
Ladeanschluss
Vorbeifahrgeräusch
Anhängelast gebr./ungebr.
Stützlast
Kofferraumvolumen
Länge/Breite/Höhe
Grundpreis (vor Förderung)
Testwagenpreis (wird gewertet)
Reichweitenvorteil beim Ioniq 6
So zumindest die Eckdaten aus dem Prospekt der Hersteller. Hier zählt jedoch das Datenblatt der AUTO BILD-Messabteilung. Und das sagt: klarer Vorteil Korea. Tatsächlich kommt der sparsamere Hyundai auch in der Praxis weiter als der BMW (368 Kilometer zu 295 Kilometer). Außerdem kann der Hyundai die Mehrleistung auch dank Allradantrieb in bessere Fahrleistungen ummünzen. Im Sprint und im Durchzug muss sich der i4 also deutlich hinten anstellen.
Mehr Fahrspaß steckt im i4
Der i4 wirkt trotz "nur Hinterradantrieb" allerdings kaum weniger trittfest. Griffige Reifen und vor allem die hecklastige Gewichtsverteilung des Autos sorgen für einen Porsche-Effekt – durchdrehende Reifen gibt es auf trockener Straße im Grunde nie, aus Kurven heraus stemmt sich der BMW angenehm willig in den Asphalt.

Freude am Fahren: Längsdynamisch muss der i4 den Ioniq zwar ziehen lassen, geht es ums Eck, fühlt er sich aber leichter und spritziger an.
Bild: Christoph Boerries / AUTO BILD
Gleichzeitig verleiht ihm seine rückwärts gerichtete Gewichtsverteilung das Prädikat Spaßgerät. Das Auto fühlt sich – trotz nur 13 Kilogramm Gewichtsunterschied – um Klassen leichter, spielerischer, aktiver, einfach freudvoller an.
Erstaunlich: Der i4 rollt dennoch geschmeidiger ab als der Ioniq 6, federt viel feinfühliger und klingt, was Reifen, Wind und sogar den weniger "fiependen" Motor angeht, erwachsener. Außerdem trägt die zwar sehr spitz übersetzte, doch angenehm gefühlvolle Lenkung zum Eindruck des spritzigeren Autos bei.
Messwerte
Modell
BMW i4 eDrive35
Hyundai Ioniq 6 77,4 kWh AWD
Beschleunigung
0–50 km/h
0–100 km/h
0–130 km/h
0–160 km/h
0–180 km/h
Zwischenspurt
60–100 km/h
80–120 km/h
Leergewicht/Zuladung
Gewichtsverteilung v./h.
Wendekreis links/rechts
Sitzhöhe
Bremsweg
aus 100 km/h kalt
aus 100 km/h warm
Innengeräusch
bei 50 km/h
bei 100 km/h
bei 130 km/h
bei 160 km/h
Verbrauch
Sparverbrauch
Testverbrauch
Durchschnitt der 155-km-Testrunde (Abweichung zur WLTP-Angabe)
Sportverbrauch
CO2 (lokal)
Reichweite
Darüber hinaus bremst der i4 herausragend effektiv. Unter 32 Meter für die Verzögerung von Tempo 100 bis in den Stillstand – das kennen wir nur von echten Sportwagen. Noch etwas festigt das Bild der knackigeren Maschine: Die sehr anschmiegsam konstruierten Sitze sowie die angenehm ins Auto integrierte Sitzposition rücken den BMW-Fahrer bestens ins Geschehen.
Vorne wirkt der Hyundai luftiger
Das ist beim Ioniq 6 völlig anders. Zwar wirkt das Auto durch die frei schwebende Mittelkonsole und originell arrangierte Türtafeln besonders luftig, doch der Fahrer sitzt unnötig hoch, hockt auf eher planen Flächen, lehnt den Rücken an eine weniger konturierte Lehne. In Reihe zwei gibt es grundsätzlich genug Platz, der aber ungeschickt verteilt ist.

Schön gemacht: Türtafeln und frei schwebende Mittelkonsole wirken luftig. Sitz und Sitzpostion dürften besser sein.
Bild: Christoph Boerries / AUTO BILD
Nach dem bequemen Zustieg begeistert vor allem die enorme Kniefreiheit, doch die Füße passen kaum unter den Vordersitz, das flache Dach schränkt zudem beklemmend stark ein – 1,85-Meter-Menschen können kaum aufrecht sitzen. Beim Rangieren stört die schlechte Sicht auf die Straße direkt vorm Auto – vom stark abfallenden Bug ist quasi nichts zu sehen. Kurz: Den Ioniq fährt man einige Nummern vorsichtiger als den i4.
Ioniq 6 mit besserem Elektrokonzept
Was auch aus anderem Grund ratsam ist. Denn das Bedienkonzept des Koreaners ist ein Paradebeispiel für Ablenkung durch Berührbildschirme. Winzige Häkchen gilt es zu treffen, die Menüstruktur ist überbordend, das rechte Drittel des Hauptschirms ist so weit weg, dass sich der Fahrer aus dem Sitz strecken muss, um an die Tasten zu kommen. Außerdem hat BMW seinem Multimediasystem bessere Online-Verknüpfungen eingebaut, die schlauere Navigation spendiert und den Sprachassistenten deutlich besser ausgebildet.

Der Ioniq 6 lädt schneller, und er kommt mit vollem Akku weiter, den i4 kann er am Ende dennoch nicht schlagen.
Bild: Christoph Boerries / AUTO BILD
Sagen wir bis hierhin so: Hyundai hat das schlüssigere Elektrokonzept verinnerlicht. Bis hin zu den besseren und schnelleren Lademöglichkeiten, weil der Ioniq 6 mit 240 kW Leistung statt mit den 180 kW des i4 Strom zapfen kann. Das bessere, komfortablere und universellere Auto heißt i4.
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Rechtliche Anmerkungen
* Weitere Informationen zum offiziellen Kraftstoffverbrauch und zu den offiziellen spezifischen CO2-Emissionen und gegebenenfalls zum Stromverbrauch neuer Pkw können dem "Leitfaden über den offiziellen Kraftstoffverbrauch" entnommen werden, der an allen Verkaufsstellen und bei der "Deutschen Automobil Treuhand GmbH" unentgeltlich erhältlich ist www.dat.de.Acht Jahre Garantie beim Hyundai
Am Ende kann der Koreaner nur das Antriebs- und das Kostenkapitel für sich entscheiden. An der Kasse glänzt der etwas teurere Hyundai mit kompletter Ausstattung und üppigen acht Jahren Garantie auf Auto und Akku (Batterie bis 160.000 km). BMW versucht mit geringerem Wertverlust und günstigerer Versicherung dagegenzuhalten. Mit Erfolg. Der rundliche Ioniq 6 zeigt im Test durchaus Ecken und Kanten, der geradlinige i4 hat dagegen den Bogen raus.
Fazit
Der neue Hyundai Ioniq 6 ist ein Hingucker, hat sehr originelle Seiten, sogar Kameraspiegel ab Werk. Doch diese besonderen Seiten eines Modells bewerten wir nur anteilig. Zählen wir die Qualitäten zusammen und rechnen spitz, ist der i4 von BMW die bessere Wahl.
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