Erinnern Sie sich noch an den VW Country? Mit dem Hochsitz-Golf II versuchte VW 1990 die Lust an einem geländegängigen Kompakten zu wecken. In der Realität waren Kuhfänger und Reserverad am Heck höchstens für ein mitleidiges Lächeln gut. Wie weitsichtig die VW-Ingenieure dennoch waren, offenbart ein Blick auf die heutigen Zulassungen. Kompakt-SUVs boomen mehr denn je. Mit neuen, betont eigenständigen Modellen versuchen BMW, Opel und Volvo sich ein möglichst großes Stück vom Kuchen zu sichern. Und so sehr sich X2, Grandland X und XC40 vom Format auch ähneln – auf der Straße schlagen die drei höchst unterschiedliche Wege ein.

Unter dem Blechkleid des X2 steckt die Technik des X1

BMW X2
Dynamiker: Auch die SUVs aus dem Hause BMW sollen performen – da macht der X2 keine Ausnahme.
Ein SUV-Coupé möchte der BMW X2 sein. Unter der Hülle steckt der X1, etwas zu heiß gewaschen. Ein flacheres Dach und ein paar Zentimeter weniger in alle Richtungen sollen den Sportsgeist der Marke aufleben lassen und junge Großstädter ansprechen, die ihren Fokus mehr auf Dynamik als auf praktische Werte legen. Für die, die das nicht von allein erkennen, pappt BMW noch einmal große Marken-Logos an die C-Säulen. Eine Hommage an den legendären 3.0 CSI von 1971 und ein schön gestalteter Wink mit dem Zaunpfahl. Auch Volvo setzt beim neuen XC40 auf eine plakative Sprache. Eine kleine Schwedenflagge am Kotflügel soll Vertrauen schaffen und die neue, edle Linie der Skandinavier betonen. Mit stark ausgeprägtem Markengesicht und auffälliger Zweifarbenlackierung empfiehlt sich der kleine Bruder des XC60 für modebewusste Freigeister, denen die deutsche Konkurrenz zu profan und vorhersehbar erscheint.

Im Opel kann man es ganz entspannt angehen lassen

Opel Grandland X
Praktisch veranlagt: Der Grandland X wil kein hübsches Designstück sein, überzeugt dafür als Alltagsbegleiter.
In diesem egostrotzenden Feld bleibt dem Opel Grandland X die Rolle des Vernünftigen. Nach dem Crossland X ist er das zweite Produkt aus der Ehe mit Peugeot/Citroën. So steckt unterm Blech größtenteils der Peugeot 3008. Kein großer Nachteil, immerhin verbindet der Opel zeitloses Styling mit reichlich Alltagsqualitäten. Wie groß die auch auf der Straße sind, begeistert vor allem Jarmo Markkanen, Chefredakteur der finnschen Schwesterzeitung AUTO BILD Finnland. Wie seine europäischen Kollegen ist auch er nach Rom gereist, um bei Test the Best die wichtigsten Neuerscheinungen umfangreich zu inspizieren. "Geräumig, schön leise und mühelos zu bedienen. Nur der Motor würde etwas mehr Mumm vertragen." Tatsächlich wirkt der Zweiliter-Diesel mit 177 PS nicht zuletzt aufgrund seines unentschlossenen Wandlerautomaten etwas zögerlich, die entspannte Fahrt steht ihm am besten.
Deutlich kräftiger geht es der 190 PS starke Volvo an. Er ist eine rollende Design-Box. Ein Auto, das mit kreativen Details begeistert und neue Pfade ausprobiert – was abgesehen vom fummeligen Touchscreen überwiegend gefällt. Tina Vujanovic von AUTO BILD Serbien: "Das Styling ist innen und außen etwas ganz Besonderes. Der Fahreindruck überzeugt mich allerdings weniger."

Der Volvo fordert mitunter Nehmerqualitäten

Volvo XC40
Wer schön sein will, muss leiden: XC40-Kunden sollten unbedingt die Finger von den 20-Zöllern lassen.
Nicht ganz unschuldig daran sind die optionalen 20-Zöller und das Sportfahrwerk. Auf den rumpeligen Landstraßen im Umland Roms fällt der XC40 krachend von einem Schlagloch ins nächste. Kaufinteressierte sollten daher spätestens bei 18 Zoll Schluss machen. Das gilt auch für den BMW X2, der mit 19-Zöllern und Sportfahrwerk beim Komfort ebenfalls keine Gnade kennt. Dafür ist er beim Handling unschlagbar. Der AUTO BILD Georgien- Chefredakteur Shacva Buachidze: "Der BMW fährt sich sportlich und beweist die richtige Balance." Das spürt man speziell bei der Antriebseinheit. Der 190-PS-Diesel findet im X-Drive-Allradantrieb und der hellseherischen Achtstufen-Wandlerautomatik die idealen Sparringspartner. Die Bedienung über iDrive ist zwar nicht mehr taufrisch, dafür herrlich ausgereift. Doch so verschieden diese drei Neuen auch sind: Sie eint, dass sie mehr Erfolg haben werden als der Golf Country von 1990. Wetten!
Malte Büttner
So verschieden wie die Autos werden später auch die Besitzer sein. Und deren Entscheidung wird nicht nur aus sachlichen Gründen fallen.