Mit traditionellem Dieselmotor trimmt BMW den X4 auf Sparsamkeit. Toyota-Tochter Lexus kontert im NX mit Elektro- und Benzinmotor.
Erfahrungen sind wie Samenkörner, aus denen die Klugheit emporwächst. Ein Satz von Bundeskanzler Konrad Adenauer in einem Zeitungsinterview des Jahres 1965. Wenn Erfahrungen so wichtig sind, dann hat Toyota und damit auch seine 1989 eingeführte Luxus-Tochter Lexus viel an Klugheit bei der komplexen Technik von Hybridautos gewonnen: Elektromotor plus Verbrenner plus Generator plus Riesenbatterie plus Planetenradkaskade plus Leistungselektronik plus Stromwandler – alles in einem einzigen Auto, das erstaunlicherweise über viele Jahre zuverlässig fährt.
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Technische Avantgarde sucht man im BMW-Antrieb vergeblich
Konventionell: Der BMW X4 setzt im Test auf einen Diesel mit zwei Litern Hubraum, Turbo und 190 PS.
Seit 1997 gibt es den Toyota Prius, seit 2005 den allradgetriebenen Lexus RX. Zehn Jahre nach dem RX schieben die Japaner nun den NX nach, ein Allrad-SUV unterhalb des großen Bruders: 14 Zentimeter kürzer, 270 Kilogramm leichter, 102 System-PS weniger, 18.000 Euro billiger. Mit seiner exaltierten Formgestaltung zieht der Lexus die Blicke auf sich. Übersichtlichkeit, Platzangebot und Raumgefühl dienen solche Linien genauso wenig wie beim BMW X4, dem Coupé-Viertürer mit tief gezogenem Schrägheckdach auf Basis des bewährten X3. Aber das Aussehen soll eben vor allem gefallen und entzieht sich daher sachlichen Maßstäben. Die Technik dagegen nicht. Die muss funktionieren und Wirtschaftlichkeit garantieren. Und bei der Technik unterscheiden sich die beiden Kandidaten erheblich. Der BMW ist hier der Konservative: Ein kleiner Dieselmotor mit nur vier Zylindern und zwei Liter Hubraum schöpft aus der Aufladung per Abgasturbine beachtliche 190 PS Leistung und 400 Nm Drehmoment. Seine Kraft gelangt via konventionellem Wandlerautomatikgetriebe zum konventionellen Permanent- Vierradantrieb.
Im NX 300h sorgen gleich drei Motoren für Vortrieb
Gut im Futter: Im Lexus NX 300h bilden ein Benzin- und zwei E-Motoren ein starkes Antriebstrio.
Der Lexus macht alles anders. Unter der Fronthaube sitzt ein mit zwar 2,5 Liter Hubraum gesegneter, aber zugunsten der Sparsamkeit auf 155 PS gedrosselter Saugbenziner, der die Vorderräder antreibt. Seine mageren 210 Nm Drehmoment würden das Auto nicht souverän wirken lassen. Deshalb wird er kräftig unterstützt von einem 105 kW (143 PS) starken Elektromotor, der ebenfalls auf die Vorderräder wirkt. Und der Allradantrieb? Den erreicht der Lexus ohne Kardanwellen und Allradkupplung mit einem zweiten Elektromotor, der mit seinen 50 kW (68 PS) direkt die Hinterräder antreibt. Die E-Motoren ziehen ihren Strom aus einer 1,6 kWh fassenden Nickel-Metallhydrid-Batterie, die quer unter der Rücksitzbank liegt. Toyota/Lexus vertraut bei Hybridautos ohne Ladekabel (also kein Plug-in) immer noch auf diese bewährte Batterietechnik. Der Stromspeicher wird im NX nicht über eine Steckdose aufgeladen, sondern von einem motorbetriebenen Generator. Oder – beim leichten Bremsen – von den Elektromotoren, die damit als verschleißfreie Bremse agieren. Der Wirkungsgradtrick des Hybrid besteht darin, in jeder Fahrsituation den jeweils sparsamsten Antrieb zu wählen. Beim Anfahren, Rangieren und im Innerortsverkehr verbraucht ein gedrosselt laufender Verbrenner unnötig Kraftstoff; also arbeitet im Lexus dann der Elektroantrieb. Überland würde der aber in kürzester Zeit die Hybridbatterie leeren – wegen des bereits ab 60 km/h dramatisch ansteigenden Luftwiderstands. Also ist es sinnvoller, dann mit dem Verbrenner für Vortrieb zu sorgen.
Der Benziner im Lexus zeigt sich auf der Autobahn geräuschvoll
In Sachen Beschleunigung herrscht zwischen BMW und Lexus Gleichstand – beim Geräuschniveau nicht.
Der zusätzliche Elektroantrieb klinkt sich dann ein, wenn Zusatzschub beim Überholen oder Bezwingen einer beträchtlichen Steigung gefragt ist, denn der Saugbenziner allein ist ja nicht gerade ein Drehmomentwunder. Unterwegs mit dem Lexus zieht man erneut den Hut vor der Abstimmungspräzision der japanischen Techniker. Nie ruckt es, wenn sich einer der Motoren zu- oder abschaltet. Alles läuft harmonisch in einem Fluss. Elektrofans werden nur enttäuscht sein, dass der Benziner auch innerorts schon bei leichtem Druck aufs Gaspedal anspringt. Er läuft zwar im unteren Tempobereich flüsterleise und gerade gegenüber einem Diesel samtig-kultiviert, aber man hört ihn doch. Erst recht, wenn auf der Autobahn mehr Leistung gefordert ist. Dann tönt er angestrengt und wenig vornehm, weil das Hybridsystem ihn zu Drehzahlen über 4000 Touren nötigt, damit er genug Leistung produziert.
Weitere Details des Vergleichs gibt es in der Bildergalerie. Den kompletten Artikel mit allen technischen Daten und Tabellen lesen Sie in AUTO BILD ALLRAD 2/2015.
Fazit
von
Martin Braun
Fein abgestimmter Diesel oder komplexer Elektro-Benziner-Hybrid? Beides hat etwas für sich, beide beschleunigen gleich gut. Beim Lexus faszinieren Geräuscharmut sowie Sparsamkeit im Stadtverkehr. Der Diesel-BMW ist viel besser für schnelle Autobahnfahrt und schwere Anhänger geeignet. Schön, dass es beide zur Wahl gibt.