Musik liegt in der Luft. Und was für welche: ein klassisches Stück, die "Vier Jahreszeiten" von Vivaldi, angestimmt mit modernster Turbo-Technik. Nach wie vor komponiert Audi sein Cabrio mit vier Sitzen plus Stoffverdeck, aktuell allerdings unter einem neuen Titel. A5 statt A4 steht jetzt auf dem rot lackierten Edel-Cover. Los! Play it, please ... Halt, denn die Konkurrenz drückt auf die Pause-Taste. Ein neuer Hit von Audi? Da gibt es noch zwei weitere Kandidaten, die aus dem A5-Solo lieber einen harmonischen Kanon machen würden. Schließlich landete BMW mit dem offenen 3er bereits im letzten Sommer einen Verkaufsschlager, während Saab Probleme wälzt – die Schweden stecken voll im Blues. Was kommt da besser, als die Insolvenz-Sorgen in den Wind zu schreiben? Es wirkt schon.

Saabs gekrönter Greif trotzt dem Pleitegeier

Nach 21 Sekunden verschwindet nicht nur das graue Stoffdach im Kofferraum des 9-3 Aero, sondern mit ihm auch alle trüben Hirngespinste. Ein Gute-Laune-Hoch vertreibt das Stimmungstief. Die Gedanken sind frei, vogelfrei. Wie der Greif auf dem Lenkrad, Saabs Markenemblem, das dem kreisenden Pleitegeier trotzig die Zunge herausstreckt. Wird das vielleicht das glückliche Abschlussbild zur Wirtschaftskr... Nicht schon wieder dieses Unwort, Pardon. Um es aus dem Gehör zu spülen, startet per Zündschlüssel der Vierzylinder-Turbo, 210 PS stark und kein bisschen kleinlaut. Dumpfe Bässe haut der Aero durch den Auspuff, die kumpelhaft in die Bauchdecke boxen. Auch die Liebe zum Auto geht durch den Magen. Wie herrlich kuschelig die grauen, glatten Ledersitze doch sind, die Saab sogar serienmäßig spendiert. Selbst die härtesten Typen mutieren in diesen Polstern zur Couch-Potato, wetten? Wenn nicht, kocht die serienmäßige Sitzheizung sie weich. Noch so eine nette Zugabe, die bei der Konkurrenz extra bezahlt werden muss.

Der Schwede ist weniger vom Ehrgeiz gepackt als die Deutschen

Saab 9-3 2.0T Cabrio
Nicht nur, dass die schwedische GM-Tochter mit 43.350 Euro den niedrigsten Einstiegspreis (als Aero) für ihr Cabrio aufruft, es ist zudem komfortabel ausgestattet mit Klimatisierungsautomatik, MP3-fähigem CD-Spieler und Einparkhilfe. Ein faires Angebot, das zum gutmütigen Skandinavier passt. Er rollt entspannter als die beiden Deutschen, weniger vom Ehrgeiz gepackt. Klar, dass er deshalb bei den Messwerten hinterherfährt. Aber hallo: DAS! SIND! CABRIOS! Die Bitte-zurücklehnen-Modelle der Autowelt, da zählt Panorama mehr als PS. Die 0,8 Sekunden, die der Saab bis Tempo 100 länger braucht als der BMW 325i (7,8) – das ist ein Augenblinzeln mehr.
Da stört schon eher, dass der straffe Saab topfebenen Asphalt schätzt. Auf rauen Strecken knirscht seine Karosserie hier und dort, es kommt Leben ins Gebälk. Okay, schließen wir das Verdeck. Das funktioniert bis Tempo 30, ohne anhalten zu müssen. Mit dem dicken Verdeck über dem Kopf kehrt Ruhe ein, die laue Frühlingsluft streicht so sanft über ihn hinweg wie ein Bogen über die Saiten der Violine. Man genießt den sanften Schub des Turbos, schaltet nachts im "Night Panel" bis auf den Tacho alle Anzeigen dunkel – der Saab entspannt die Seele wie ein klassisches Konzert. Erst auf der Autobahn wird der Schwede laut. Hier schlägt die Stunde der technokratischen Deutschen. Wie es den deutschen Kontrahenten in diesem Test ergeht, sehen Sie in der Bildergalerie oder in AUTO BILD 17/2009 – jetzt am Kiosk!

Fazit

von

Margret Hucko
Drei klassische Stücke, jedes spielt aber mit anderem Temperament. Während der Saab 9-3 den Komfortablen gibt und als gemütlicher Cabrio-Cruiser daherkommt, hat Audi mit dem offenen A5 einen ehrgeizigen Sportler gezüchtet. Für ein Sommer-Sonne-gute-Laune-Modell zu viel des Guten. So überzeugt der BMW mit seinem sanften Sechszylinder am meisten.

Von

Margret Hucko