Camping-Urlaub: VW California Beach, MovaCar, Camper-Überführungsfahrt
Mein 1-Euro-Camping-Urlaub im VW California Beach

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Von Berlin nach Genf im Camper. 48 Stunden Zeit, 1300 Freikilometer, erste Tankfüllung gratis – den Wagen fast geschenkt. Kann jetzt jeder buchen. Ein Berliner Start-up bietet Überführungsfahrten quer durch Europa. Unser Reporter hat's ausprobiert. Sein gar nicht sparsamer Erfahrungsbericht.
Bild: Holger Karkheck
Wir sollen ja beim Heizen und Duschen sparen, sagt Minister Habeck. Klar, kein Ding. In den folgenden 48 Stunden werde ich lediglich einmal duschen. Und für nur einen Euro quer durch Europa heizen. Aber der Reihe nach.
Über das Berliner Start-up Movacar kann man neuerdings Überführungsfahrten mit Campern buchen. Wenn ein Vermieter etwa seinen Mercedes Marco Polo, Ford Nugget oder VW California von Station A zu Station B bringen muss, macht das in der Regel ein bezahlter Fahrer. Oder ab sofort knauserige Touristen wie ich. Fahrpreis: 1 Euro.
Ich habe Berlin–Genf gebucht. Es gibt ausschließlich One-Way-Mieten, logisch. Retour muss man sehen, wie man wegkommt. Auch München–Barcelona oder Leipzig–Sevilla sind im Angebot, Strecken und Daten variieren ständig. Maximal kann man mit wenigen Wochen Vorlauf buchen – eher Last-minute-Urlaub, wenn man so will.

Schlafen kann man im Dach, fürs Essen könnte man auch Tisch (in der Schiebetür) und Stühle (in der Heckklappe) rausstellen.
Bild: Holger Karkheck
Mir bleiben 48 Stunden Zeit, um in die Schweiz zu kommen, die erste Tankfüllung ist gratis. Abholen muss ich den Bulli beim Vermieter roadsurfer in Berlin-Reinickendorf, Movacar ist nur der Vermittler. Ein Schotterplatz, ein paar Bürocontainer. Aus einem kommt Lars, der gut gelaunte Stationsmanager, um mir das Auto zu erklären. Vor der Pandemie war er an Bord von Kreuzfahrtschiffen. Jetzt vermietet er Autos mit Kojen für Landausflüge. (10 Tipps für den Camping-Urlaub)
Fahrzeugtyp erfährt man bei Buchung
Standardmäßig ist eine Vollkaskoversicherung mit 1500 Euro Selbstbeteiligung dabei. "Basic Sorglos-Paket" nennt das roadsurfer. Für alle Fälle muss ich 800 Euro Kaution per Kreditkarte hinterlegen – und bekomme dann die Schlüssel für einen grauen VW California Beach.
Den Fahrzeugtyp erfährt man schon bei der Buchung. Meiner hat rund 30 000 Kilometer auf der Uhr, ist rund ein Jahr alt. Ihn braucht die neu eröffnete Station in "Genf". Warum Genf Tüddelchen bekommt, erkläre ich später.

Ausklappbare Mini-Küche mit einflammigem Gaskocher. Reicht für Kaffee und Ravioli.
Bild: Holger Karkheck
Wer den Ein-Euro-Trip wählt, muss sich sputen, denn man hat nur 48 bis 72 Stunden Zeit für die Reise. Man kann aber auch sieben Tage buchen, das kostet dann 89 Euro. In diesem Fall ist allerdings kein Sprit inklusive, dafür alle Kilometer.
Etwas Puffer für Umwege
An Bord meines Campers sind: das Doppelbett im Aufstelldach, eine klappbare Mini-Küche, eine Sitzbank, Tisch und Stühle, elektrische Kühlbox, Standheizung. Und eine Kiste mit allem, was man so braucht: Geschirr, Besteck, Kochtöpfe – und der obligatorische Dosenöffner.
Los geht's. Ich gebe bei Google Maps den direkten Weg ein: 1121 Kilometer. Bei 1300 Freikilometern ist also etwas Puffer für ein paar Umwege drin. Schließlich will ich nicht nur fahren, sondern Kurzurlaub machen.

Sonnenaufgang nach der ersten Nacht in Wirsberg. Kurzer Blick auf die St.- Johannis-Kirche aus dem 12. Jahrhundert.
Bild: Holger Karkheck
In Dessau stoppe ich, um Proviant zu bunkern: Ravioli und einen Wasserkanister fürs Zähneputzen und Kaffeekochen. Wir sollen ja sparen.
Über Leipzig und Hof geht es Richtung Süden. Einen Reiseführer habe ich nicht, aber es gibt ja diese praktischen braunen Schilder entlang der Autobahn. Ich will mich treiben, nicht hetzen lassen.
Meinen Gratis-Stellplatz an einem plätschernden Bach in der Nähe von Kulmbach (Bayern) finde ich über die Gratis-App Park4Night. Bettwäsche kostet beim Bulli-Verleiher 29 Euro extra, man kann aber auch seinen Schlafsack mitbringen.
Zweite Nacht im Naturcampingplatz von Huttopia
Tag zwei, 7.20 Uhr. Es sind noch 734 Kilometer bis Genf. Die braunen Schilder künden vom "Zeiler Hexenturm", der "Ritterkapelle Haßfurt" und vom "Steigerwald-Zentrum Baumwipfelpfad".

Zwischenstop im Technikmuseum in Sinsheim.
Bild: Holger Karkheck
Ich fahre beim Schild "Liebliches Taubertal" ab, gucke mir später die Concorde am Technik Museum Sinsheim an (den Eintritt spare ich mir), besichtigte die wirklich imposante Autobahnkirche von Baden-Baden (in Form eines Zelts, wie passend für Camper). Und mache einen ausgedehnten Stadtbummel durch Straßburg.
Für die zweite Nacht buche ich den Naturcampingplatz von Huttopia in Wattwiller südlich von Colmar. Die 20 Euro für meine Parzelle verteuern die Reise zwar um ein Vielfaches. Aber irgendwann muss ja jeder mal duschen (drei Minuten, Herr Habeck).
Für den Abend besorge ich mir im Supermarkt noch schnell ein französisches Drei-Gänge-Menü: Käse, Baguette, Wein. Und krabble wieder ins Dach.
Erste Tankfüllung wird erstattet
Tag drei, 6 Uhr. Es sind noch rund 300 Kilometer bis "Genf", mein Zeitfenster für die Abgabe: zwischen 9 und 11 Uhr. Also starte ich kurz nach Sonnenaufgang.

An der Autobahn stand "Liebliches Taubertal". Stimmt, oder?
Bild: Holger Karkheck
An der Grenze versaut mir der Mautverkäufer erneut meinen Schnitt – und kassiert 40 Franken für die Autobahn-Vignette. Solche Extras sind bei Movacar nicht mit drin. Die erste Tankfüllung wird später erstattet, bei mir bleiben 80 Euro für Sprit hängen.
Nach 1280,7 Kilometern erreiche ich um 10.44 Uhr die Vermietstation in "Genf". Die liegt ungefähr so zentral wie einst die Flughäfen Frankfurt-Hahn oder Hamburg-Lübeck. "Genf" ist von Genf schlappe 20 Kilometer entfernt, und in Wahrheit heißt der Ort Saint-Jean-de-Gonville.
Zum Glück habe ich mein Klapprad dabei, bis zum nächsten Bahnhof sind es 6,3 Kilometer. Ich überlege kurz, ab der Grenze mein Neun-Euro-Ticket für die Heimfahrt zu nutzen. Aber das wären 14 Stunden Fahrtzeit mit siebenmal umsteigen. Das sollen mal schön die Kollegen von "DB mobil" machen.
So mieten Sie die 1-Euro-Tour über MovaCar
Vermittelt werden die Überführungsfahrten von Movacar. Bisher war das Berliner Start-up auf klassische Mietwagen-Überführungen spezialisiert.
Seit ein paar Wochen findet man auf der Seite auch Touren mit Campern. Movacar ist dabei nur der Vermittler und arbeitet mit Reisemobil-Vermietern wie roadsurfer, Indie Campers oder CarlundCarla.de zusammen.
Wer das Angebot nutzen will, muss vor allem eines sein: flexibel. In der Regel kann man die Trips mit wenigen Tagen oder Wochen Vorlauf buchen.
Für die 1-Euro-Touren hat man in der Regel 48 bis 72 Stunden Zeit. Die Freikilometer sind so berechnet, dass kurze Ausflüge entlang der Strecke möglich sind.
Infos und Buchung unter: www.movacar.de
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