Die Trommelbremse für die Vorderräder kommt zurück. Zulieferer Continental möchte mit einem Versuchsfahrzeug zeigen, dass die alte Technik auch bei modernen Autos Sinn machen kann. Vor allem für Elektroautos soll die altbewährte Technik wieder eine echte Alternative zur Scheibenbremse werden. Seit mehr als 50 Jahren sind Trommelbremsen an der Vorderachse bei der Fahrzeugentwicklung nämlich kein Thema mehr, nur auf der Hinterachse und in kleineren Fahrzeugsegmenten spielen die Trommeln heute noch eine Rolle. AUTO BILD erklärt den technischen Ansatz, zeigt welches Potential in der Technik steckt und ist den Prototypen bereits gefahren.
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Trommelbremsen genießen nicht den allerbesten Ruf. Sie sind hitzeempfindlich und im Vergleich zu Scheibenbremsen oft auch aufwändiger bei der Wartung. Dazu kommt, dass sie empfindlich auf sogenannte Reibwertschwankungen reagieren, was bis in den 1970er-Jahren bei Fahrzeugen zu mangelnder Spurtreue und/oder Ausbrechen des Hecks führte. Gründe, weshalb Trommelbremsen heutzutage nicht mehr an der Vorderachse eingesetzt werden. Trotzdem bieten sie einige Vorteile, die vor allem Elektroautos zugutekommen können. Durch die hohe Rekuperationsleistung neuer E-Autos wird die Bremse in vielen Situationen des Alltags nur selten genutzt. Was sich im ersten Moment nach mehr Langlebigkeit der Bremsbeläge und Bremsscheiben anhört, führt bei Scheibenbremsen genau zum Gegenteil. Durch den seltenen Einsatz setzen die Scheiben leicht Rost an, das kann zu einer verringerten Bremsleistung führen. Auch mit Hinblick auf die Verringerung von Feinstaub hat die Trommelbremse im Vergleich zu Scheibenbremsen den entscheidenden Vorteil, in sich geschlossen zu sein. Der Bremsstaub bleibt somit zu großen Teilen in der Bremstrommel und verteilt sich nicht in der Umgebung.

Continental PP Trommelbremse
Die überaus groß dimensionierte Bremse macht ihre Arbeit im Prototyp gut.
Bild: Continental Corp.

So fährt sich die Trommelbremse

Aber klappt dieser Ansatz auch in der Praxis? AUTO BILD konnte es auf einer Teststrecke von Continental im Werk Frankfurt am Main bereits testen. Als Testwagen diente ein Golf 7 GTI, dessen Scheibenbremsen an allen vier Rädern gegen Duo-Servo-Trommelbremsen ersetzt wurden. Ansonsten wurde das System nicht großartig auf die neue Bremsenart angepasst. Der erste Tritt auf das Pedal ist daher etwas ungewohnt, denn der Druckpunkt ist etwas härter. Ist dieser Moment überwunden fährt sich der Prototyp annähernd wie ein normaler Golf. Die Bremsen verzögern auf unserer Testrunde stets zuverlässig und ohne Verzug in der Lenkung. Selbst ABS-Bremsungen aus über 100 km/h meisterten die Trommeln ohne spürbare Probleme. Ob das nach der dritten Vollbremsung in Folge noch immer der Fall ist, konnten wir auf unserer kurzen Testrunde allerdings nicht erfahren. Warum ein GTI und kein E-Auto? Der Kompaktsportler soll veranschaulichen, dass auch Fahrzeuge mit mehr Leistung von Trommelbremsen eingebremst werden können. Eine Serienentwicklung für solche Modelle ist aber natürlich nicht vorgesehen.
Das Fazit lautet aber: Spannend, wie wenig sich neue Trommelbremsen von aktuellen Scheibenbremssystemen unterscheiden können. In kleinen bis mittelgroßen Elektro-Fahrzeugen, die ihre Hauptbremsleistung aus dem Rekuperieren und somit aus dem Antrieb nehmen, kann die Technik eine Renaissance erleben.

Duo-Servo-Bremse als Mittel der Wahl

Bei E-Autos sehen auch die Continental-Ingenieure den Anwendungsbereich der Bremse. Prinzipiell lassen sich Trommelbremsen in verschiedene Unterarten aufteilen. Die einfachste Variante ist die Simplex-Bremse. Sie verfügt über zwei Bremsbeläge, welche durch einen Radzylinder betätigt werden. Deutlich aufwändiger ist die Duo-Servo Bremse, mit der der Testwagen arbeitet. Hier werden die beiden Bremsbacken zwar ebenfalls durch nur einen Radzylinder gegen die Trommelwand gedrückt, allerdings sind die Backen am anderen Ende schwimmend gelagert. Damit verstärkt sich die Bremswirkung.

E-Autos könnten künftig profitieren

Noch ist die Verwendung von Trommelbremsen an der Vorderachse kein Thema in der Automobilindustrie. Die Ingenieure aus Frankfurt glauben aber fest daran, dass diese Art der Bremse mehr kann, als nur unterstützend auf der Hinterachse zu wirken. Der Prototyp zeigt, dass es funktionieren kann, größere Elektro-Fahrzeuge werden aber wohl auch weiterhin mit Scheibenbremsen arbeiten.