Fehlt dem Motor was? Es klingt ganz so. Es sieht auch so aus, wenn der Fahrer das schwarze Plastikstück mit dem VW-Logo vom Motorblock friemelt. Dann guckt er auf drei schwarze Ansaugrohre. Drei Einspritzelemente. Drei Flansche. Immer nur drei. Man mag es sich gar nicht ausmalen, welche Konsequenzen das im Alltag hätte. Wenn alle so sparen würden: "Die phantastischen Drei", "Drei gewinnt" und "Audi trio" statt quattro – das geht doch alles gar nicht, oder?

Zu laut, zu durstig, zu schlapp

VW behauptet: doch. Drei Zylinder wiegen weniger, sind billiger, drehen turbinenartig bis zum Begrenzer bei spatzenhaftem Spritverbrauch. Das hört sich gut an, einfach genial. Nur: Warum bauen dann nicht alle Hersteller einen Dreizylinder? Als der Polo am 6. Dezember 2002 auf unseren Hof rollte, monierte fast jeder den aufdringlichen 64-PS-Antrieb.

"Der Motor ist zu laut und zu durstig", klagte Reporter Alex Cohrs. Am Ende unseres 100.000-Kilometer-Marathons schluckte der Benziner bis zu neun Liter im Schnitt. VW hatte uns sparsame 5,9 Liter Super versprochen. Enttäuschend. Wozu dann noch Dreizylinder fahren? Doch eigentlich, um Sprit zu sparen. In der Stadt nervte zunächst der müde Antritt des hubraumschwachen 1,2-Liter-Motors, wie Online-Redakteur Ralf Bielefeldt notierte: "Beim Ampelstart läßt er einen ganz schön hängen."

Komfortabel, sicher, handlich

Gleichstarke Vierzylinder wie etwa ein Nissan Micra zogen mühelos vorbei. Die Beschleunigungsmessungen bestätigten: Dieser Polo fährt seinen Werksangaben deutlich hinterher, was auch am Mehrgewicht durch die vielen Extras liegt. Auf freier Autobahn dagegen dreht das Motörchen munter bis zum Begrenzer und treibt den Kleinwagen an die 180er-Tacho-Marke. Ein optimistischer Wert, denn schon bei Tempo 130 eilt die Nadel um 5,4 Prozent voraus.

Ähnlich großzügig baute Volkswagen in diesen Polo Extras für 6819 Euro ein, zum Beispiel Navigation, 14-Zoll-Leichtmetallräder, elektrische Fensterheber hinten, ESP und Klimaautomatik. "Das Auto steckt voll mit Schnickschnack, aber Nebelscheinwerfer fehlen", klagten einige Kollegen. Andere vermißten Basics, die viele Japaner schon von Haus aus mitbringen, zum Beispiel eine Kofferraumfernentriegelung.

Nichts vermissen ließ die Fahrwerkabstimmung. Komfortabel, sicher und handlich gefiel der Polo auf nahezu allen Strecken. Kein Ruhmesblatt dagegen die Bremsleistung. Deutlich über 40 Meter aus 100 km/h sind echt mies. Ungewöhnlich kontrovers fiel das Urteil über die Qualität des Polo aus. Für die einen ist er "Plastikbomber" par excellence, "erwachsen wie ein Golf", meinten andere. Lob ernteten die vielen Ablagen, die gute Rundumsicht, der riesige Innenraum und die bequemen Sitze.

Überraschend früh forderte uns der Wagen auf, die Werkstatt zu besuchen: "Service jetzt" blinkte es im Display nach nur 15.655 Kilometern. Jetzt schon? Dabei soll die flexible Wartungstechnik "LongLife" den Ölwechsel hinauszögern, um Geldbeutel und Umwelt zu schonen. Bis zu 30.000 Kilometer sollen zwischen zwei Wartungen vergehen, sagt VW. Im Autohaus Bataille in Jülich (NRW) zeigte sich der Werkstattmeister überrascht: "Ein so früher Service ist selten." Aber der Polo wollte den 15.000-Kilometer-Takt partout nicht verlassen.

Vom Dauertest zur Dauerkrise

Was stieg, war lediglich der Preis für die Öl-Service-Aufenthalte. Bei Bataille zahlten wir 91,49 Euro für den Ölwechsel, in Hamburg bei Köster lagen die Inspektionskosten zwischen 247,42 und 364,90 Euro. Warum muß ein Ölwechsel so teuer sein wie ein Spitzen-DVD-Player? Positiv ausgedrückt: Weil die Hamburger nur das Beste wollten. Reines Vollsynthetiköl, das so teuer ist wie im Holzfaß gelagerter Whisky.

Muß das wirklich sein? Bei der vierten Wartung fragten wir nach. "Als Vielfahrer sollten Sie den Wagen auf feste Service-Intervalle programmieren. Das wird dann deutlich günstiger, schon allein wegen des billigeren Öls." Ärgerlich, daß dieser Hinweis erst bei Kilometerstand 65.992 und auf Nachfrage kam. So schafft man kein Vertrauen zur Markenwerkstatt.

Doch zu diesem Zeitpunkt war unser Verhältnis zum Polo ohnehin längst abgekühlt. Bei Kilometer 43.240 rollte Motorsport-Redakteurin Katrin Wolff auf die Standspur: Der Motor schwächelte, die ESP-Lampe blinkte, die Abgaswarnung auch. Und der VW pfiff wie ein Wasserkessel. Per Abschlepper ging es in die Werkstatt, wo eine defekte Zündspule im ersten Zylinder als Ursache analysiert wurde.

Unser Dauertest entwickelte sich fortan und beständig zu einer Dauerkrise. Nach einer frostigen Nacht rührte sich der Polo nicht mehr aus der Parkbox (Kilometer 62.888). In der Vergangenheit starben nur die 1,0- und 1,4-Liter-Alumotoren (siehe AUTO BILD 1/03) den Kältetod, bei uns erstarrte dafür das Kupplungspedal – festgefroren. Nur mit der Hand ließ es sich schließlich vom Boden lösen. Anschließend hakelte das Getriebe.

Ständig Ärger mit der Zündung

In seinem weiteren Dauertest-Dasein kränkelte "Polo Pechvogel" immer wieder. Ausgerechnet an einem Sonntag morgen ließ er einen Kollegen hängen. Nachmittags sprang er überraschend wieder an. Zwei Tage später das gleiche Malheur: der Motor – tot. Kein Heulen, Würgen, Hüsteln – nichts. Wir versuchten, mit Unterstützung eines Ford Fiesta zu überbrücken. Völlig zwecklos: Der Polo landete das zweite Mal auf dem Schlepper. In der Werkstatt stellten die Mechaniker fest, daß der Zündschloßschalter defekt war. Volkswagen kennt das Problem und baut seit Juni 2003 einen optimierten Schalter ein.

Es folgte ein Heimspiel ohne Happy-End. Kein Witz, an einer Tankstelle in Wolfsburg machte der Polo wieder schlapp. "Abgas Werkstatt", informierte uns das Display. Anschließend schaltete sich noch das Symbol für die Motorsteuerung ein. Nach mehrfachem Fehlalarm (Airbag- und ESP-Kontrollen) ist es wieder ernst: Diesmal schwächelte der Katalysator. Nach 92.622 Kilometern mußte die Werkstatt einen neuen einbauen. Gratis auf Garantie. Auf den letzten Metern dieses Dauerlaufs stellten schließlich noch der elektrische Fensterheber hinten links und die Zündspule des zweiten Zylinders ihren Dienst ein ...

Zweimal abgeschleppt und zwei außerplanmäßige Werkstattaufenthalte in knapp zwei Jahren – der Polo war wirklich keine große Leuchte. In der Zuverlässigkeits-Statistik ist er neues Schlußlicht und löst damit den Peugeot 307 HDi als Letzten ab. Dabei fehlte dem kleinen Dreizylinder-Motor von allen Bauteilen noch am wenigsten.

Technische Daten und Wertung

Wir waren skeptisch, als es zur Schlußuntersuchung des Polo in Wolfsburg ging. Die lange Mängelliste aus zwei Jahren Dauertest ließ Schlimmstes befürchten. Doch das Ergebnis fiel erheblich besser aus. Die Motorvermessung ergab: Kolben und Zylinder des Dreizylinders liegen im Toleranzbereich von Neuteilen. Nur an den Ventilsitzen hat der Dauerstreß etwas Eindruck hinterlassen. Getriebe und Kupplung bieten ebenfalls keinen Grund zur Sorge. Die komplette Antriebseinheit hätte noch viele Kilometer sorglos bewältigt.

Auch die Karosserie macht mit Blick auf Lackzustand und Konservierung einen sehr ordentlichen Eindruck. Von Schmutznestern in den vorderen Radhäusern abgesehen, muß man sich um die Langzeitqualität in diesen Punkten keine Sorgen machen. Dafür über defekte Zündspulen, die den gerade ersetzten Kat möglicherweise bereits erneut geschädigt haben. Billig ist der Polo mit 24 Cent Vollkosten je Kilometer nicht. Konzernbruder Fabia kam in unserem Dauertest mit 21 Cent aus. Dafür war der Wertverlust beim Polo geringer.


Billig ist der Polo mit 24 Cent Vollkosten je Kilometer nicht. Konzernbruder Fabia kam in unserem Dauertest mit 21 Cent aus. Dafür war der Wertverlust beim Polo geringer.

Das VW Polo-Dossier enthält viele Versionen, Ausstattungen, Motoren und alle Erfahrungen und Testergebnisse, die wir mit der Wolfsburger Kleinwagenklasse in den vergangenen Jahren gesammelt haben. Jetzt als PDF downloaden.


HINWEIS: Zum Betrachten des PDF-Dossiers empfehlen wir die neueste kostenlose Version des Adobe Reader. Bitte laden Sie sich eine virengeprüfte Version bei computerbild.de herunter. Zum Adobe Reader-Download