"Das hat ja nicht mal gequietscht!", kommentiert ein Teilmehmer die unspektakuläre Fahrt einer Konkurrentin durch die Wedelgasse. "Wenn's quietscht, wirst du zu langsam", erwidert Instrukteur Frank Zimmermann trocken. Klingt erst mal merkwürdig, kann man aber tatsächlich so einfach auf den Punkt bringen. Denn: Die Wettbewerbsfahrzeuge, allesamt Ford C-Max, sind vollgepackt mit modernsten Assistenzsystemen, die kritische Fahrzustände erkennen und sie entschärfen können. Quietschende Reifen kennzeichnen Situationen nah am Grenzbereich – und da greift das Stabilitätsprogramm ESP bremsend ein. Mitunter auch rigoros.

Nur heftig kurbeln am Lenkrad? Bloß nicht!

Deutschlands beste Autofahrer 2012
Trotz der quantitativen Dominanz der Männer sind die Damen nicht chancenlos. Im Gegenteil: Die fahrerischen Qualitäten einiger Bewerberinnen sind beeindruckend.
Tourneeleiter Michael Weykopf erklärt den Qualifikanten in der Begrüßungsrede, dass die Wettbewerbsautos mit den bevorstehenden Übungen gut zurechtkommen werden – den Assistenzsystemen sei Dank. Noch vor 10 Jahren, als die meisten dieser cleveren Helferlein allenfalls in Modellen der Luxusklasse steckten, war das normale Autofahrervolk in kritischen Situationen ganz allein auf sich gestellt. Doch was tun, wenn das Auto plötzlich ein Eigenleben entwickelt? Allein heftiges Kurbeln am Lenkrad kann bei instabilen Fahrzuständen die Situation noch verschlimmern. Die elektronischen Technikhilfen, die sich heute darum kümmern, dass unserem Auto nicht die Straße ausgeht, mögen beim Toben auf der Teststrecke tatsächlich spaßraubend sein. Im Alltagsverkehr jedoch übernehmen sie zunehmend die Rolle des Schutzengels.
Moderne Autos haben gleich eine ganze Armada an Technikprofis an Bord. Neben etablierten Systemen wie ABS und dem Schleuderschutz ESP, praktischen Helfern wie Einparkassistent, Berganfahrhilfe und Fahrspurwächter bieten einige Hersteller auch Totwinkelwarner und Bremsassistent an – im Falle von Ford EBA (Emergency Brake Assist) genannt. Dieser ist bei einem Bedienfehler, den Fahrer häufig bei Panikbremsungen machen, sofort zur Stelle: Sie treten selten wirklich konsequent, das heißt mit voller Kraft, auf das Bremspedal und leiten dadurch eben keine Vollbremsung ein.

Die Physik lässt sich nicht überlisten

Dieses menschliche Defizit reguliert bei Ford die EBA-Technik. Und die funktioniert so: Der Bremsassistent macht sich einen Kennwert zunutze – die Zeit zwischen dem Lösen des Gaspedals und dem Betätigen des Bremspedals. Ist dieser Moment, extrem kurz, erkennt EBA eine Schrecksituation und leitet selbstständig die Vollbremsung ein. Dennoch wird allen Kandidaten des Qualifikationsdurchgangs im DEKRA Technology Center in Klettwitz schnell klar, dass es neben den persönlichen Grenzen auch technische gibt. Denn alle Systeme können nur im Rahmen der Physik ihre Aufgaben erledigen. Was das bedeutet, können die Teilnehmer bei der Wertungsprüfung auf der bewässerten Fahrbahn erfahren: Wer den Pylonenparcours mit zu viel Tempo angeht, räumt reichlich Hütchen von der Fahrbahn. Das kostet Strafpunke und mitunter auch eine gute Platzierung.
Tagessieger Michael Lempe
Der Tagessieger: Herzlichen Glückwunsch Michael Lempe! Der 27-Jährige ist einer der 40 Finalisten bei Deutschlands beste Autofahrer 2012.
Zentrale Erkentnis: Auch die schlausten Systeme können keine Wunder vollbringen. Am Ende ist es immer noch der Fahrer, der Regie führt hinterm Steuer. Bester Regisseur am Wettbewerbstag ist Michael Lempe (27) aus Grünhain-Beierfeld. Der Sachse sammelte trotz eines Ausreißers beim ungebremsten Spurwechsel (Platz 24!) die wenigsten Strafpunkte. Denn in den drei anderen Disziplinen – Bremsen und Ausweichen auf bewässerter Fahrbahn, Slalomparcours, Theorie – belegte er die Plätze 1, 4 und 5. Am 3. August trifft er in der Endrunde im mittelfränkischen Herzogenaurach auf 39 weitere Finalisten. Sie alle haben ein Ziel: Deutschlands bester Autofahrer zu werden. Mit oder ohne Schutzengel.