Nur mal angenommen: Vor einem feinen Hotel nimmt Ihnen das Personal den Koffer ab. Wem würden Sie Ihr Gepäck eher in die Hand drücken: einem schwitzenden Typen in Latzhose und Feinripp-Unterhemd oder dem schnieken Pagen mit Goldknöpfchen am roten Spencer? Garantiert macht der Gepäckträger in adretter Uniform das Rennen – erst recht, wenn’s nur ein Trinkgeld kostet. Leider kommen für Normalbürger Übernachtungen in Luxusherbergen eher selten vor. Im Alltag müssen andere Gepäckträger ran. Zum Beispiel die gepflegten Typen von Opel, Honda und Toyota. Elegante Dienstleister namens Insignia Sports Tourer , Accord Tourer und Avensis Combi. Nutzwert in Nadelstreifen: geht doch!

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Toyota Avensis Kombi
Allerdings verlangen die für ihre Dienste deutlich mehr als ein Trinkgeld. Mindestens 33.545 Euro kostet bei Opel der Insignia Sports Tourer als 2.0 CDTI mit Automatik – ein besonders zuvorkommender Gepäckträger aus Rüsselsheim. Auch Honda hält ähnlich vornehme Lastenträger bereit. Für stolze 34.270 Euro nimmt einem der Accord Tourer 2.2 i-DTEC Automatik das Reisegepäck ab – und rollt dann wie die Konkurrenten sogar auf 17-Zoll-Alurädern. Bei Toyota haben sie jüngst den Avensis Combi frischgemacht, ab 30.550 Euro schluckt der Edellaster 2.2 D-4D Automatik die ganze Bagage. Eine klare Sache also – der Avensis rackert fürs geringste Geld. Ob dabei wohl auch die Leistung stimmt? Durchaus, zumal der anständig ausgestattete Avensis kaum weniger Luxus verspricht als seine Rivalen Insignia und Accord – dem Toyota fehlt im Vergleich zum Opel nur ein Navigationssystem, der Honda hat ihm die Sitzheizung voraus. Dagegen bietet er im Vergleich zu den Konkurrenten mit dem serienmäßigen Knieairbag sogar ein wichtiges Schutzpolster mehr.

Der Honda Accord enttäuscht bei Zuladung und Platzangebot

Honda Accord Tourer
Gegen Aufpreis liefert Toyota zudem das vorausschauende Sicherheitssystem Pre-Crash – vor einem Unfall wird der Kombi automatisch abgebremst, um die Crash-Folgen zu mindern. Da kann nur noch Honda mithalten, die Japaner setzen mit Kollisionswarnung inklusive automatischer Notbremsfunktion sowie Spurhalteassistent (beides optional) ebenfalls intelligente Assistenzsysteme ein, die wie bei Toyota aus Genug der Theorie. Was schleppen die drei denn nun weg? Nicht wirklich viel. Die Edellaster sind ganz klar auf feinen Auftritt getrimmt, knittern sich bei schwerer Arbeit nur ungern die Uniform. Speziell der Honda Accord Tourer enttäuscht: Maximal 1252 Liter Kofferraumvolumen sind für einen Kombi seiner Statur lausig, auch 436 Kilo Zuladung und 1100 Kilo Anhängelast enttäuschen. Der Opel kann zwar einladen, kneift aber die hinteren Passagiere – das Platzangebot im Fond fällt bescheiden aus. Immerhin fasst das Frachtabteil bis zu 1530 Liter Gepäck, ruck, zuck ist die Rückbank zusammengefaltet, gibt eine ebene Ladefläche frei. Nicht optimal: Schwere Lasten über die breite Kante am Heck zu bugsieren geht schwer auf den Rücken.
Viel galanter geben sich die Reisebegleiter beim Fahren. Alle drei Kombis beeindrucken mit einem souveränen Antriebsmix aus starkem Diesel und sanfter Automatik. Allerdings finden wir feine Unterschiede. Im Honda arbeitet ein besonders kultivierter Motor – jedoch muss der spritzige i-DTEC mit einer altmodischen Fünfstufenautomatik auskommen, die Kraft beim Zwischenspurt raubt. Auch der Wandlerschlupf im Getriebe lässt einen Teil der 150 PS im Accord verrauchen. Wenigstens kommt der Tourer nicht ins Schlucken: Als Einziger in diesem Vergleich unterbietet er beim Testverbrauch die Sieben-Liter-Marke. Das 160 PS starke Opel -Aggregat läuft im Vergleich zwar etwas kerniger, legt sich dafür mit der Sechsstufen-Automatik verbindlicher ins Zeug. Beim Kickdown schaltet das Getriebe so schnell herunter, dass der kräftige Insignia einen deutlichen Vorsprung herausfährt. Dazu stellt er sein Drehmoment (350 Nm) schon unterhalb von 2000 Touren bereit – was zu spüren ist.

Der Opel Insignia Sports Tourer wirft sich gierig in die Kurven

Opel Insignia Sports Tourer
Auch im Toyota steht der Motor bestens im Saft, er setzt seine Muskeln (150 PS) jedoch verzögert ein. Der saubere D-4D mit Stickoxid-Kat brummt dabei selbst unter Last angenehm gemütlich – kommt aber zäh auf Touren. Schade auch, dass die Automatik zu eifrig herunterschaltet. Drehmomentsattes Durchziehen im großen Gang ist so kaum möglich. Außerdem arbeitet die Federung des Japaners unausgeglichen, mit Querfugen kann er sich gar nicht anfreunden. Generell wirkt der Avensis nicht sehr vital, die gefühllose und indirekte Lenkung verstärkt den Eindruck noch. Da ist der Insignia Sports Tourer aus ganz anderem Holz geschnitzt. Als großer Dynamiker, aber ohne übertriebene Härte gefedert, wirft sich der große Opel gierig in die Kurven. Allerdings reagiert die Lenkung reichlich spitz, bei hohen Geschwindigkeiten fallen Kurskorrekturen gelegentlich eckig aus.
Und Honda? Auch der weiße Flachmann liebt Kurven, lässt sich präziser lenken, federt dafür jedoch spröder als der Opel. Speziell auf der Autobahn fehlt es dem Fahrwerk des Accord an Feingefühl. Er zittert über Absätze, poltert unwillig auf schlechter Straßenoberfläche. Schade, denn tadellose Sitze mit viel Seitenhalt und das geringe Geräuschniveau des Accord Tourer bieten besten Fernreise-Komfort. Erst beim Bremsen patzt der Honda und steht aus Tempo 100 drei Meter hinter Opel und Toyota. Autsch – das gibt Falten in seiner Gala-Garderobe. Nicht schön für Gepäckträger, die nach oben wollen.
Wie die drei Kombi-Konkurrenten nach Punkten abschneiden, erfahren Sie in der Bildergalerie. Den kompletten Vergleich mit allen technischen Daten gibt es als Download im Heftarchiv.

Fazit

Von Kleinigkeiten abgesehen, passen bei allen Kombis der jeweils souveräne Antrieb und die schicke Schale gut zusammen. Allerdings zählen hier mehr als Aussehen und Kraft. Honda bietet im Vergleich zu wenig Nutzwert für zu viel Geld. Der Toyota meistert Alltagsaufgaben deutlich besser, bei ihm fehlt uns allerdings das gewisse Quäntchen Fahrspaß. Opel trifft die Mischung am besten, trägt, packt und rennt emsig. Mit guten Bremsen und starker Maschine punktet er zusätzlich. Einziger echter Patzer: Opel geizt mit Garantie, die Japaner versprechen drei (statt nur zwei) Jahre sorgenfreies Fahren.