Drei VW im Vergleich
Wer ist hier der Leit-Golf?

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Familien-Fehde bei VW: Der Golf bekommt immer mehr Konkurrenz aus dem eigenen Haus. Ist jetzt sogar der Tiguan die modernere, bessere Golf-Alternative?
Ohne Frage, in der Tierwelt wäre die Sache klar: Da gewinnt immer der Stärkere. Bis ein neuer Stärkerer kommt, der dann die Herde anführt. Bei den Autos ist es ähnlich einfach. Was zählt, ist Erfolg – und der lässt sich in Verkaufszahlen messen. Bei uns in Deutschland verteidigt der Golf schon seit Jahrzehnten die Spitzenposition. Im Gesamtmarkt als auch im ständig wachsenden Familienverbund. Golf, Golf Plus, Golf Variant, Jetta, Touran, Tiguan – mittlerweile gibt es ein großes Rudel Gölfe. Alle besitzen zwar gleiche Anlagen, zeigen aber unterschiedliche Talente. Da wäre zum Beispiel der jüngste Zuwachs: Er heißt Tiguan, ist ein waschechter SUV auf Golf-Plattform mit permanentem Allradantrieb und hoher Sitzposition. Schick und schön trendig. Aber kann er den normalen Golf im Alltag wirklich ersetzen?
Der CrossGolf gibt im Testtrio den Großstadtindianer
Zum Vergleich rückt noch ein weiteres Mode-Mobil auf Golf-Basis an: der CrossGolf. Das ist ein Golf Plus mit Geländewagen-Fassade. Beplankungen, Dachreling, ein bisschen mehr Bodenfreiheit – das war's. Bei den Motoren wählten wir den 140-PS-Diesel. Beim Tiguan ist es der neue Common-Rail-Motor, die anderen haben noch das alte Pumpe-Düse-Aggregat unter der Haube. Nimmt man den CrossGolf beim Namen, entlarvt er sich als Großstadtindianer. Am Cross ist nicht viel cross. Er ist eine Ausstattungsvariante des Golf Plus, und es gibt ihn nur mit Vorderradantrieb – ein Blender, wenn auch ein trendiger. Das hat der Original-Golf nicht nötig. Er hat längst bewiesen, dass er der Maßstab seiner Klasse ist. Redlich verdient mit guten Fahr- und Raumeigenschaften. Der technisch wichtigste Unterschied des Tiguan zu den beiden anderen Gölfen ist der Allradantrieb. Eine elektrohydraulische Haldexkupplung gibt die Antriebskraft je nach Bedarf an Vorder- und Hinterräder weiter. Bei Nässe, Schnee und auf Schotter sorgt das 4motion-System für Grip, während die beiden anderen mit den Vorderrädern scharren.
Souveränen Fahrkomfort bieten nur Golf und Tiguan

Die haben aber den Vorteil, dass ihre rauen Pumpe-Düse-Triebwerke erheblich weniger verbrauchen. Der Tiguan schluckt mit 7,4 Litern im Test satte 1,5 Liter mehr als der Golf. Das liegt vor allem am höheren Gewicht und der schlechteren Aerodynamik. Mit 1774 Kilogramm ist er eher ein Baby-Touareg als ein Mega-Golf und gehört auf Diät gesetzt. Dass sich das Übergewicht auch noch negativ auf die Zuladung auswirkt, ist doppelt schlecht: nur 466 Kilo. So ein kräftiger Kerl und dann nichts wuppen können – wie peinlich. Das zeigt mal wieder, das auch starke Typen Schwächen haben. Beim Tiguan sind das außer dem hohen Spritverbrauch auch der große Wendekreis (11,7 m) und der satte Preis. Da fahren die beiden Gölfe günstiger und handlicher. Selbst beim Platzangebot muss der Tiguan tiefer stapeln. Zwar misst er mit 4,43 Metern Länge 23 Zentimeter mehr, im Innenraum ist das aber nicht spürbar.
Hier schlägt die Stunde des CrossGolf. Auf wundersame Weise vergrößert er die Kniefreiheit und verweist sogar den Tiguan auf die Plätze. Auch das Einsteigen, ein beliebtes SUV-Argument, fällt beim Tiguan schwerer. Vor allem hinten, weil beim Cross die Fondtüren weiter aufschwingen. Im Kofferraum beherrschen Cross und Tiguan die gleichen Tricks: verschiebbare Rückbank, Lehnenverstellung, doppelter Boden. Wie langweilig der normale Golf dagegen variiert. Trotzdem siegt er. Weil er deutlich günstiger, aber kaum schlechter ist als seine beiden Brüder.
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