Krass oder Cross? VW baut den Golf aus. In jeder Hinsicht: Höhe, Preis und Ausstattung. Ab Februar steht die Mischung aus SUV und Van beim Händler, im Kern bleibt er ganz Golf.
Volkswagen versucht es modisch. Dachreling, Plastik-Latz, Radlaufblenden – mit ein wenig Kunststoff trimmt VW den Golf auf Wüstenfuchs. Wieder eine Nische mit dem Massenmodell besetzt, diesmal das weichgespülte SUV-Segment ohne Allrad. Das ist zurzeit groß in Mode, kompakte Geländewagen wie Nissan Qashqai oder Hyundai Tucson verzichten – zumindest beim Einstieg – auf den technisch teuren 4x4-Antrieb. Für Stadtmenschen, die lieber mit polierten Einstiegsleisten und Felgen glänzen.
Nur optisch geländetauglich, aber das macht er gut: VW CrossGolf.VW baut für alle Geschmäcker einen Golf, die Allzweckwaffe: den Klassiker, den familienfreundlichen Golf Plus, den Jetta und jetzt auch noch die Mode-Nummer mit dem CrossGolf. Der Kompakte in Cargo-Hosen, der zwar nach Globetrotter aussieht, sich aber routiniert durch den Alltagstrott kämpft. Deshalb reicht ihm die Technik des Golf Plus, auch seine Variabilität mit verschiebbarer Rückbank, neigbaren Lehnen und doppeltem Boden im Kofferraum. Den größten Unterschied zwischen Plus und Cross spürt man beim Einsteigen. Aahhh, ein erhabenes Gefühl. Es geht noch weiter rauf als im Plus. Auch im Preis: über 2000 Euro müssen Kunden für den CrossGolf mehr ausgeben, um im Cockpit wie im Van zu thronen. Auch die Außenhöhe des Cross streckt sich mit 1,65 Metern fast auf Touran-Niveau. Was in erster Linie an der Dachreling und den serienmäßigen 17-Zöllern liegt – Teile, die bei einem normalen Golf Plus etwa 900 Euro extra kosten.
Die schmälern allerdings auch den Fahrkomfort. Jede dünne Asphaltrille spürt der CrossGolf auf, sportlich straff wie ein Coupé. Böse Überraschung. Schließlich vermutet man bei diesem Typ Auto eher ein sanftes Einfedern. Denn wer sich mit Schutzschildern gegen Stock und Stein wappnet, auf einem 20 Millimeter erhöhten Schlechtwegefahrwerk unterwegs ist, tastet sich normalerweise vorsichtig durchs Gelände. Nicht der CrossGolf, weil er in verschiedenen Welten lebt. Er ist ein klassischer Crossover. Ein Auto, das wild verschiedene Stile mixt. Beim Fahren versucht er die klassische Limousine zu imitieren. Seine Hochbeinigkeit überspielt er mit unnötiger Härte, weshalb er aufrecht, aber ungemütlich durch Kurven prescht.
Ähnlich viel Crossover steckt auch im Motorraum mit dem 140 PS starken TSI, den VW auch in Normal-Golf und Touran baut. TSI kombiniert Kompressor und Turbolader. Im unteren Bereich sorgt der Kompressor für Druck, danach schaltet sich der Turbo ein. Weshalb der CrossGolf bullig wie ein Diesel antritt, nur leiser und ohne Schütteln. Als TSI-Alternative bietet VW zum Verkaufsstart am 9. Februar 2007 noch einen 102-PS-Benziner an (ab 22.851 Euro), außerdem zwei Dieselmotoren (ab 25.544 Euro) mit 105 und 140 PS.
Edle Optik ohne Aufpreis: Das Cockpit bietet viel glänzenden Alu-Look.Sanft schaltet das DSG, nur beim zügigen Anfahren verharrt der Wagen eine Gedenksekunde. Und bei Regen scharrt er schon mal mit den Vorderrädern. In den Sitzen verweilt man gern länger. Die serienmäßigen Sportsitze unterstützen gut im Schulter- und Beckenbereich, gegen Aufpreis sind sie sogar mit Alcantara ausgeschlagen – echter Luxus. Ganz umsonst dagegen der Edel-Look im Cockpit. Silberapplikationen an Lüftungsdüsen und Mittelkonsole signalisieren: Ich bin ein ganz besonderer Typ. Noch so eine Mode – auch das ist heute Golf.
Technische Daten CrossGolf 1.4 TSI: Vierzylinder-Reihenmotor, vorn quer • Twincharger (Turbo + Kompressor) • vier Ventile pro Zylinder • Hubraum 1390 cm³ • Leistung 103 kW (140 PS) bei 5600/min • max. Drehmoment 220 Nm bei 1500/min • Vorderradantrieb • Sechsgang- DSG • Einzelradaufhängung v./h. • Scheibenbremsen, vorn innenbelüftet • Reifen 225/45 R17 • L/B/H 4233/1776/1651 mm • Radstand 2578 mm • Leergewicht 1404 kg • Kofferraum 393/1450 l • Tank 55 l • Verbrauch (EU-Mix) 7,2 l Super • Preis: 26.749 Euro
Fazit von AUTO BILD-Redakteurin Margret Hucko:
Menschen, die in Fußgängerzonen freiwillig ihre Jogginghosen spazieren führen, weil es Mode ist, konnte ich noch nie verstehen. Deshalb bleibt mir auch der CrossGolf fremd. Warum brauche ich mehr Bodenfreiheit, Anbauteile und eine Dachreling, wenn sie doch keine Funktion erfüllen? VW wird sagen: Die Dachreling trägt aber 75 Kilo. Auch mit den hippen Jogginghosen kann man zum Training gehen. Macht aber keiner. Weil sie weniger können als echte Sportklamotten. Wer nach 4x4 aussieht, sollte auch 4x4 haben. Alles andere ist Modemurks.