Das Lobbyregister des Deutschen Bundestages führt Elmar Kühn und seinen Verband Uniti unter der Registernummer R002 822. Sein Büro liegt verkehrsgünstig in der Berliner Jägerstraße. Zum Porsche-Fahrer Christian Lindner ins Finanzministerium sind es zu Fuß neun Minuten, zum Reichstag auch nur 16.
Während ganz Deutschland über die E-Mobilität redet, kämpft Kühn mit Verve und Argumenten für eine Alternative bzw. Ergänzung: E-Fuels.
Der Öko-Sprit besteht aus grünem Wasserstoff sowie CO – und macht damit den guten alten Verbrenner von jetzt auf gleich klimaneutral. Jeder Benziner, jeder Diesel kann damit fahren. Oder besser: könnte. Denn bislang gibt es nur Versuchsanlagen, die E-Fuels herstellen. Aber 2023 soll es losgehen mit der Serienproduktion. In Chile etwa, wo unter anderem Porsche und Siemens an einer Großanlage bauen.

Kühn hat Unterstützung aus höchsten Kreisen

Seit ein paar Wochen hat Kühn einige mächtige Mitstreiter gewonnen. Sowohl Oliver Blume (54), neuer VW-Chef, als auch Finanzminister Lindner (43) setzen sich für E-Benzin und E-Diesel ein. Kühn kommt das gelegen. Denn er vertritt 1000 mittelständische Mineralölhändler, die rund 6000 freie Tankstellen betreiben. Und wenn dort niemand mehr tankt, weil alle nur noch Strom laden, haben die ein Problem.
Also prescht Kühn voran: "Ab 2023 werden wir zunächst an bundesweit rund 50 Tankstellen E-Diesel anbieten." Als zehnprozentige Beimischung zum normalen Diesel. Alles andere wäre zu teuer.
E-Fuels
Elmar Kühn in seinem Berliner Büro mit historischer Zapfsäule
Bild: Holger Karkheck

Warum wir seiner Meinung nach den Öko-Sprit brauchen? "Selbst in Europa liegt die Quote der Verbrenner noch bei 99,5 Prozent." Diese könnten durch E-Fuels klimaneutral gemacht werden. "Technisch ist das machbar, nur politisch nicht gewollt." Und auch für die Müllabfuhr oder Logistik-Lkw sei Strom keine praktikable Alternative – und Wasserstoff zu teuer. "Da kostet der Müll dann das Fünffache", behauptet Kühn.

Sind E-Fuels überhaupt energieeffizient?

Das Argument der E-Fuels-Kritiker: Die Produktion des Synthetik-Sprits sei viel zu energieintensiv. Die Menge an Strom, mit der E-Fuels für 100 km Reichweite hergestellt werden, würde ein batterieelektrisches Auto 700 km weit fahren lassen. Der Wirkungsgrad von E-Fuels liegt laut Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer bei etwa 15 Prozent, der von E-Autos bei rund 80 Prozent.
Kühn lässt das nicht gelten. Wenn E-Fuels etwa in Afrika oder in Südamerika hergestellt würden, wo es Sonnen- und Windkraft im Überfluss gebe, sei die Effizienz letztlich egal. Motto: Die Sonne scheint eh. Bei uns würde eine Kilowattstunde Strom aus Windkraft für 30 bis 40 Cent hergestellt, in Chile für einen Cent.

Ziel: Verbrenner klimaneutral machen

Kühn sagt: "Wir haben es heute auf die politische Bühne geschafft. Bis nach Brüssel, bis in den Koalitionsvertrag – das zeigt doch, dass E-Fuels der richtige Weg sind. Finanzminister Lindner hat erkannt, dass wir die besten Motoren der Welt bauen – und dass wir dieses Alleinstellungsmerkmal nicht einfach aufgeben sollten. Wenn ich den Verbrennungsmotor klimaneutral machen kann, ohne meine Spitzentechnologie aufzugeben, dann ist das doch ein Vorteil, den wir nutzen sollten."
E-Fuels
Das Start-up Ineratec will ab 2023 E-Fuels im Industriepark Höchst produzieren
Bild: Holger Karkheck

Den Gegnern von E-Fuels gehe es nur um ihre eigene Agenda, sagt Kühn, nicht um die Sinnhaftigkeit dieser Lösung. "E-Fuels werden so hartnäckig bekämpft, weil die einen schlicht den Autoverkehr reduzieren wollen und andere wie Fahrzeughersteller sonst ihre E-Autos plötzlich nicht mehr verkaufen könnten – weil es dann eine Alternative gäbe."

Nur Elektro wird auf Dauer zu teuer

Er sei nicht gegen E-Mobilität. "Aber wir haben gar nicht genug Strom. Und ein Mangel wird zu noch höheren Preisen führen. Und dadurch werden sich viele Menschen Autofahren nicht mehr leisten können." Aus seiner Sicht ist somit ein mit E-Fuels betriebener Verbrenner noch einmal eine "kleine technische Revolution".
Mit E-Fuels in seinem Land Rover wäre er übrigens in fünf Minuten bei Christian Lindner.
Was ist Uniti: Der Bundes­verband mittelstän­discher Mineralöl­unterneh­men e. V. vertritt 70 Prozent der freien Tankstellen und 1000 Mittelständler mit 80 000 Mitarbei­tern. Auch Heizöl und andere Brenn­stoffe liefern die Mitglieds­unterneh­men.
Zur Person Elmar Kühn (52): Hauptgeschäftsführer von Uniti, studierter Jurist, arbeitet gelegentlich noch als Strafrechtler. Fand als junger Mann Helmut Kohl „cool“. Heute folgt er Christian Lindner bei Instagram. Fährt einen Land Rover Discovery, lebt mit Frau, drei Kindern und Hund außerhalb von Berlin in Brandenburg.

Kommentar

Für eine klimaneutrale Zukunft brauchen wir keine Lagerkämpfe, sondern sollten allen Ideen und Initiativen eine Chance geben. Am Ende wird sich das Beste durchsetzen. Warum also gleich am Anfang kaputtreden? Und weil viele von uns noch lange einen Verbrenner fahren werden, weil E-Autos einfach zu teuer oder als Gebrauchte noch nicht erhältlich sind, könnten E-Fuels hilfreich sein. Zumindest als Übergangslösung.