Erdgasautos sind eine schadstoffarme, günstige und unterschätzte Alternative zum Benziner. Aber wie funktioniert eigentlich ein CNG-Antrieb? AUTO BILD hat alle Infos zum Erdgasmotor!
Ein Erdgasmotor funktioniert prinzipiell wie ein klassischer Ottomotor. Das heißt: In seinen Zylindern wird nach dem Viertakt-Prinzip gearbeitet. Im ersten Schritt wird das Gas-Luftgemisch durch ein Einlassventil in den Brennraum gesaugt. Währenddessen bewegt sich der Kolben nach unten. Im zweiten Takt bewegt sich dieser bei geschlossenen Ventilen wieder nach oben und verdichtet somit das Gemisch, das sich gleichzeitig erhitzt.
Nur Experten erkennen auf Anhieb den Erdgasmotor unter der Haube.
Der dritte Schritt besteht darin, es mithilfe der Zündkerze zu entzünden. Durch die daraus resultierende Explosion wird der Kolben nach unten gedrückt. Über die mit dem Kolben verbundene Pleuelstange wird die entstandene Bewegungsenergie auf die Kurbelwelle übertragen. Letztere leitet die Leistung an das Getriebe weiter, das letztendlich die entstandene Kraft an die Antriebsräder verteilt. Im vierten Takt bewegt sich der Kolben wieder nach oben und drückt die verbrannten Abgase aus dem Zylinder heraus.
Erdgasmotoren unterscheiden sich kaum von Benzinern
Da Erdgasmotoren in der Regel auch mit Benzin betrieben werden können, sind die Zylinder mit einem zusätzlichen Ansaugrohr ausgestattet, über das der gasförmige Treibstoff in die Brennräume befördert wird. Da sich der Erdgasmotor also kaum vom Benziner unterscheidet, können auch Verbrennungsmotoren, die sich schon länger im Einsatz befinden, nachträglich auf den saubereren und wirtschaftlicheren CNG-Antrieb umgerüstet werden. Für einen derartigen Umbau werden je nach Modell und Motorisierung zwischen 2000 und 5000 Euro fällig. Die Ventile müssen bei manchen Automodellen für den Betrieb mit dem umweltfreundlicheren Kraftstoff abgeändert und gegebenenfalls verstärkt werden.
Einige Bauteile sind Alleinstellungsmerkmale des Erdgasantriebs
Die CNG-Behälter bestehen entweder aus Stahl oder Aluminium-Kunststoff. Sie werden oft im Kofferraum oder der Reserveradmulde untergebracht.
Auch die Motorsteuerung wird an das durch das Erdgas veränderte Verbrennungsverhalten angepasst. Bei Nutzfahrzeugen werden auch Erdgasantriebe auf Basis des Dieselmotors eingesetzt. Beim Pkw ist dies nicht wirklich lohnenswert, da aufwendig eine zusätzliche Zündanlage installiert werden muss. Technisch gibt es beim CNG-Antrieb aber noch ein paar weitere Unterschiede zum Benziner und Diesel. Denn bei CNG (Compressed Natural Gas) handelt es sich um auf rund 200 bar komprimiertes Erdgas. Im ursprünglichen Zustand ist das Volumen des Treibstoffs nämlich zu groß, um eine ausreichende Energiemenge im Fahrzeug mitzuführen. Deswegen befindet sich das Erdgas anstatt der normalen Tanks in Hochdruck-Behältern, die meist im oder unter dem Kofferraum untergebracht und aus Stahl, beziehungsweise Aluminium-Kunststoff gefertigt sind.
Zu den Alleinstellungsmerkmalen eines CNG-Motors gehört unter anderem der Druckminderer, der den Druck auf unter 10 bar absenkt.
Darunter leidet leider oft das Kofferraumvolumen. Außerdem wird die Explosionsgefahr, vor allem bei Unfällen, oft bemängelt. Allerdings werden alle Tanks regelmäßig vom TÜV geprüft und im Fall eines Unfalls springt ein Mechanismus ein, der das Gas kontrolliert aus dem Tank auslässt. Das Erdgas wird aus dem Tank über spezielle Niederdruckleitungen zum Motor geleitet. Aufgrund des hohen Drucks muss sein Druck zuvor aber mithilfe eines Druckminderers nochmals auf etwa fünf bis sieben bar gesenkt werden.
Zusätzlicher Benzintank sorgt für mehr Reichweite
Da Erdgasautos immer einen kleinen Benzin-Tank an Bord haben, gibt es auch zwei Einfüllstutzen, die meist nebeneinander liegen.
Im Gegensatz zu anderen alternativen Antrieben, kann der Erdgasantrieb auch mit seiner langstreckentauglichen Reichweite überzeugen. Die CNG-Vorräte reichen meist für etwa 300 bis 600 Kilometer. Bei Autos, die über einen sogenannten bivalenten Erdgasantrieb verfügen, kann unbemerkt und sogar während der Fahrt auf den klassischen Benzinbetrieb umgestellt werden. Bei einem leeren Gastank passiert das sogar automatisch. Dadurch lässt sich die Reichweite je nach Größe des Zusatz-Tanks auf bis zu 1000 Kilometer erhöhen. Das kann einige unangenehme Situationen verhindern, hierzulande gibt es derzeit nämlich nur rund 900 Erdgastankstellen. Das schlecht ausgebaute Tankstellennetz kann vor allem in ländlichen Regionen zum unfreiwilligen Stillstand führen. Zum Vergleich: Benzin und Diesel sind an über 14.000 Tankstellen erhältlich. Autogas (LPG) immerhin an 7000 Punkten.
Da Erdgasfahrzeuge einen CNG- und einen Benzintank haben, werden die Speicher über zwei separate Stutzen befüllt, die aber häufig direkt nebeneinander liegen. Deshalb nimmt der Tankvorgang aber meist mehr Zeit in Anspruch. Die Motoren können aber auch von vornherein ausschließlich auf den CNG-Betrieb ausgelegt werden. Das verkleinert zwar die Reichweite, aufgrund der höheren Klopffestigkeit von CNG kann jedoch die Verdichtung erhöht werden, was letztendlich zu mehr Leistung führen würde. Außerdem läuft ein spezieller Erdgasmotor leiser als ein vergleichbarer Benziner. Trotzdem hat auch ein "reines Erdgasauto" (monovalent) in der Regel einen zusätzlichen Benzintank. Bei den meisten Erdgasantrieben wird nämlich während des Startvorgangs und in der Kaltlaufphase Benzin verfeuert.
CNG schont den Geldbeutel und die Umwelt
Seat testet derzeit in Barcelona umweltfreundliches Erdgas, das mithilfe von lokal anfallendem Biomüll gewonnen wird.
Im Schnitt muss man für einen Neuwagen mit Erdgasantrieb etwa 2000 bis 4000 Euro mehr auf den Tisch legen. Für Vielfahrer kann sich der Aufpreis aber recht schnell rechnen, da Erdgas mit einem Kilopreis von knapp über einem Euro deutlich günstiger als ein Liter Benzin oder Diesel ist. Das liegt unter anderem daran, dass der Treibstoff bis mindestens 2026 steuerlich begünstigt wird. Da ein Kilogramm CNG deutlich mehr Energie als die herkömmlichen fossilen Treibstoffe beinhaltet, ist der Betrieb eines Erdgasautos etwa um die Hälfte günstiger. Aber nicht nur der Geldbeutel wird geschont. Schon das fossile Erdgas ist deutlich umweltfreundlicher als Benzin oder Diesel. Da Erdgas deutlich weniger Kohlenstoff beinhaltet, kann dadurch der CO2-Ausstoß um etwa 20 Prozent gesenkt werden. Die vor allem beim Diesel problematischen Stickoxide werden beim CNG-Antrieb in so geringen Mengen ausgestoßen, dass sie kaum messbar sind. Da Erdgas zu über 80 Prozent aus Methan besteht, kann es aber auch aus Biomasse und organischen Abfällen hergestellt werden. Seat zum Beispiel führt derzeit in Barcelona einen Feldversuch durch, bei dem der organische Hausmüll der Einwohner in speziellen Gärtürmen zersetzt wird. Dabei wird Methan freigesetzt, das zu CNG verarbeitet werden kann. Durch nachhaltige Produktionsarten wie diese, kann die Nachhaltigkeit des Treibstoffs nochmals deutlich verbessert werden.