Wenn sich VW-Patron Ferdinand Piëch ausnahmsweise ein Auto bestellt, das nicht aus dem gut sortierten eigenen Stall stammt, dann wird es etwas ganz Besonderes sein. In diesem Fall hat er für einen Ferrari LaFerrari unterschrieben, Kostenpunkt: eine Million plus Steuern. Und er soll tatsächlich auch einen kriegen. Das geht nicht jedem so. Als Milliardär muss man heute tapfer sein, denn den gut 700 Bestellungen für den neuen Über-Ferrari stehen 499 reale Autos gegenüber. So ein Pech aber auch, da biste endlich Milliardär, nur es nützt nichts! Der eher einfallslose Name rechtfertigt diesen Preis auf gar keinen Fall, die Dynamik schon. Der Ferrari LaFerrari beschleunigt zum Beispiel ganz gut: in 15 Sekunden – auf 300 km/h. In sieben auf 200. In drei auf 100.

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Hybrid-Technik und 963 PS

Auf der hauseigenen, drei Kilometer langen Übungsstrecke in Fiorano war Fernando Alonso mit dem Neuen glatte fünf Sekunden schneller als das Vorgängermodell Enzo. Wir könnten daher jetzt artig den hochkomplexen Elektroantrieb des KERS-Hybridsystems loben, das auf Formel-1-Know-how basiert und allein 163 PS bringt (drei PS mehr als ein Basis-Audi TT). Aber mal unter uns: Hybrid ist zwar gerade angesagt in dieser Wagenklasse (siehe Porsche 918, McLaren P1), aber an sich entbehrlich – außer um den Superreichen den Anstrich von Besorgtheit um die Welt und Argumente zum Gewissenreinigen zu geben. Die eigentliche Musik spielt natürlich der V12. Weshalb der "La" auch nicht rein elektrisch fahren kann, nicht mal 100 Meter weit. Chefkonstrukteur Amedeo Felisa weiß: Ein Ferrari ohne Sound, das wäre wie ein Gorilla, der sich nicht auf die Brust trommelt. Der brüllende 6,3-Liter-V12, der schon im Enzo installiert war und auch in FF sowie F12 Berlinetta Dienst tut, wurde noch mal ordentlich zugespitzt. Er ist der stärkste je in einem Serien-Ferrari verbaute Motor, spuckt schlanke 800 PS bei 9000 Umdrehungen aus – und das völlig ohne Turbo. Zusammen mit dem bisschen E-Power kratzt er an den magischen 1000 Pferden. Die haben nur 1200 Kilo zum Gegner, also Peanuts. Daher die Beschleunigung wie ein Dampfkatapult.

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Ferrari LaFerrari
Im durchaus engen Sportgestühl schweift der Blick über die üppige Kohlefaserlandschaft des Cockpits.
Da sitze ich nun auf dem fest in die Struktur installierten Beifahrersitz. Leicht nach hinten geneigt, den Po in einer Kuhle versenkt, die Schenkel hoch – fast wie in der Formel 1. Und ich frage mich, was soll dieser Sitz eigentlich? Diese Folterbank? Würden Sie sich freiwillig auf diesen Platz begeben, wenn ein mittelmäßig talentierter, vermutlich 70-jähriger Geldmann sich ans Steuer solch einer hochexplosiven Waffe begibt und den Sprengsatz hinter den Sitzen zündet? Ich möchte nicht wissen, wie viel Angstschweiß auf Beifahrersitzen von Supercars geflossen ist, weshalb ich mich lieber nach links setze und meinen Blick über die Kohlefaserlandschaft des Cockpits und ein griffig unrundes Lenkrad schweifen lasse, das mit seinen zahlreichen interessant aussehenden Knöpfen vor zehn Jahren noch Avantgarde in der F1 gewesen wäre. Der Schaltpunkt wird wie beim Racing oben im Lenkrad per Leuchtdioden angezeigt, dahinter liegen die Schaltpaddel, das ist ja schon normal zu nennen. Ich bin dankbar, dass wir nur einen stummen und leblosen "La" im Studio besichtigen dürfen – und ich jetzt nicht meine Fahrkompetenz für 963 PS beweisen muss, die allenfalls ein paar Formel-1-Fahrer besitzen. Weshalb auch der Name Fernando Alonso unten am Lenkrad eingraviert wurde. Dies dient als Animation für die 499 Glücklichen, ihren eigenen Friedrich-Wilhelm dort eitel lesen zu können.
Ich muss sagen, Alonso sieht dort besser aus als jeder andere Name. Selbst ein "Ferdinand Piëch" wäre fehl am Platze – ohne Herrn Piëchs Fahrkünsten zu nahetreten zu wollen. Dabei soll sich, so die Ferrari-Communiqués, der "La" ziemlich einfach fahren lassen. Er bekommt sogar eine Rückfahrkamera zum Einparken. Ich fand auf dem rein digitalen Bildschirm am Armaturenkohlefaserbrett sogar ein Navigationssystem vor und – noch schlimmer – ein Radio. Der Pressesprecher beschwichtigt aber sofort: "Kann man auch abbestellen." Billiger wird's dadurch nicht. Andersherum: Man kann ihn auf Wunsch mit Radio und Navi kriegen, ohne dass es extra kostet, sozusagen als Service des Hauses. So wie wenn man Mineralwasser mit oder ohne Kohlensäure bestellt.

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Ferrari LaFerrari
Schönen Gruß aus der Königsklasse: Die Aerodynamik des LaFerrari fußt auf Formel-1-Erfahrung.
Dieses Auto ist sicherlich das der Formel 1 ähnlichste kaufbare Gerät fürs Straßennetz. Als Nachfolger von GTO, F40, F50, Enzo ist es der Untersatz, für den der allgemeine Führerschein am allerwenigsten gedacht war, aber wundersamerweise trotzdem gilt. Die Fahrleistungen sind kaum schlechter als die von Alonsos Arbeitsgerät. Schreiten wir also zur Technik: Bei der Kohlefaser müssen wir jetzt dazulernen. Mit Ehrfurcht schrieben wir bislang über diverse Supercars, dass sie ein Kohlefaserchassis besitzen. Huuh, Kohlefaser, cool! Aber schon wieder von gestern. Der LaFerrari ist eine Kompostion aus vier verschiedenen Kohlefasersorten! T1000 zum Beispiel und T800, je nach Aufgabe in den Tiefen des Chassis, mal zäher, mal härter, mal längs stabiler, mal quer. Stammt auch aus der Scuderia, der Rennabteilung des Hauses. Es wird in denselben Öfen wie das F1-Chassis gebacken. Die Aerodynamik fußt ebenfalls auf Formel-1-Erfahrung. So gibt es vorn am Unterboden kleine Klappen, die sich geschwindigkeitsabhängig kontinuierlich öffnen, damit der Sog nach unten stärker wird. Gleichzeitig gehen große Klappen am Heckdiffusor nach oben, um dort die Sogwirkung zu erhöhen.
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Der Gipfel des Fahrvergnügens trägt einen neuen Namen: La Ferrari. Er putzt den Bugatti Veyron bis 300 km/h um 1,7 Sekunden – falls das wichtig sein sollte. Wir sind gespannt aufs Fahren und den Sound: Alles sieht nach dem neuen Meisterstück des Automobilbaus aus.