"Soccer mom", so nennen Amis die typischen Van-Fahrer: weiblich, sozial engagiert und gut im Kuchenbacken. Meistens sind diese Fußball-Muttis mit mehreren Kindern im Auto unterwegs. Sie schätzen ein vielseitiges Gefährt mit großem Innenraum und möglichst vielen Sitzen. Ford Grand C-Max und VW Touran heißen die Stammspieler in der umkämpften Van-Liga. Der Angreifer kommt aus Asien und heißt Kia Carens. Wie die beiden Deutschen kann auch der neue Koreaner neben der Chauffeur-Mama mindestens eine halbe Fußballmannschaft einladen. Denn alle drei Modelle rollen auf Wunsch als Siebensitzer zum Trainingsplatz. Musterknabe dieser Hauptsache-praktisch-Gattung war bislang der Touran, der auch von Fußball-Papas sehr geschätzt wird.

Überblick: Alle News und Tests zum VW Touran

Play

Video: Carens, Touran, Grand C-Max

Kia wirft den Sieg weg

Mit einzeln ausbaubaren Fondsitzen beherrscht der VW einen besonderen Spielzug, der zum Beispiel den Transport von sperrigen Mountainbikes erleichtert. Maximal fast zwei Kubikmeter Stauraum machen den Touran in diesem Punkt konkurrenzlos. Er kommt aus der Tiefe des Raums und geht klar in Führung. Mit einer Außenlänge von 4,40 Metern bleibt er kompakt, hat den kleinsten Wendekreis in diesem Trio, und dank großer Fenster ist der VW sehr übersichtlich. Hier können weder Ford noch Kia mithalten. Sie sind jeweils zwölf Zentimeter länger und beim Einparken deutlich schlechter zu rangieren und einzuschätzen. Ford kontert den Volkswagen-Vorstoß mit einem technischen Trick. Der Grand C-Max hat hinten Schiebetüren. Selbst erschöpfteste Mini-Kicker können so nach einem anstrengenden Fußballturnier locker im Ford-Fond ein- und aussteigen. Neuzugang Carens dagegen hat solche Kabinettstückchen nicht parat, überzeugt aber trotzdem mit seinem variablen Innenraum. Alle fünf Sitze im Fond lassen sich kurzerhand flach legen und bilden mit dem komplett faltbaren Beifahrersitz (Serie) eine 2,71 Meter lange Ladefläche.

Überblick: Alle News und Tests zum Ford Grand C-Max

Ford Grand C-Max
Leicht untermotorisiert: Der C-Max ist für den ein Liter großen Dreizylinder etwas zu schwer geraten.
Weitere Kia-Trümpfe sind der breite Mittelsitz im Fond, bei dem kein Bodentunnel stört – so ist er besser nutzbar ist als in Ford und VW. Außerdem verkraftet der Carens rund zwei Zentner mehr Zuladung als seine deutschen Konkurrenten. Und damit sind wir bei den Antrieben: Vierzylinder-Turbo, Dreizylinder-Turbo oder Vierzylinder-Sauger – welcher kleine Benziner überzeugt in einem mindestens 1,5 Tonnen schweren Van am meisten? Klare Antwort: der 1.4 TSI von VW. Mit 140 PS hat er die höchste Leistung, spurtet am besten und hat beim Spitzentempo den längsten Atem. Im Stand ist der drehmomentstarke, aber zugleich kultivierte Touran-Motor dagegen kaum zu hören. Auch Ford versucht mit Turboschub die Abteilung Attacke zu beleben. Doch der C-Max ist für den nur 1,0 Liter großen Dreizylinder einen Tick zu schwer geraten. Mit 125 PS ist der bis zu 2150 Kilo schwere Ford zwar insgesamt ausreichend motorisiert und fühlt sich vor allem in den unteren Drehzahlbereichen spritzig an, doch im direkten Sprintvergleich gegen VW und Kia zieht er den Kürzeren. Dass er in der harten Realität auf dem Feld mehr gefordert ist als in der Trainings-Theorie, beweist seine starke Abweichung vom Normverbrauch: 5,2 Liter sagt Ford, 7,4 Liter die AUTO BILD-Verbrauchsfahrt.
Genauso viel hat der Kia verfeuert (Werksangabe: 6,6 Liter). Allerdings wirkt die Leistungentfaltung im Carens freudloser. Um seine 135 PS voll abzurufen, sind 6300 Umdrehungen nötig. Dann sprintet der Kia zwar in 10,9 Sekunden auf 100 km/h und damit vier Zehntel schneller als seine Werksangabe, wird dabei aber unangemessen laut und fühlt sich überanstrengt an. Im direkten Vergleich mit den Turbos von Ford und VW wirkt der Saugmotor zäh und so veraltet wie ein Libero in einer modernen Fußballmannschaft. Dafür dürfte der 1,6-Liter-Vierzylinder mit seiner Kettensteuerung eine robuste Konstruktion sein, die kaum kaputt zu kriegen ist.

Überblick: Alle News und Tests um Kia Carens

Kia Carens
Patzer: Bei plötzlichen Ausweichmanövern regelt das ESP des Kia zu spät, zu langsam oder überhaupt nicht.
Außen wie innen ist der Carens ein attraktives Auto. Vor allem die gute Materialanmutung und Bedienbarkeit sowie seine umfangreiche Komfortausstattung, zu der in der Vision-Version eine Zweizonen-Klimaautomatik, Sitzheizung und sogar Lenkradheizung, Rückfahrkamera und Tempomat gehören, macht ihn interessant. Insgesamt wirkt er sogar durchdachter als der Ford und moderner als der VW. Nur bei der Fahrdynamik spielt er noch nicht in der Topliga. Zu der gehören Grand C-Max und Touran. Beide federn eher trocken, aber nicht unangenehm hart und bieten hohe Sicherheitsreserven. Das Ford-Fahrwerk kommt dabei ohne aktive Dämpfer aus, während im VW-Testwagen das bewährte DCC (990 Euro) eine individuelle Abstimmung mit breiter Spreizung zwischen sportlicher und komfortabler Fahrwerkcharakteristik erlaubt. In der täglichen Fahrpraxis zeigt sich dabei die Komfortstellung als die richtige Wahl; der aktivierte Sportmodus dagegen dürfte selbst fußballbegeisterte Mittelstürmer auf Dauer nerven. Heiklere Besonderheiten zeigt der Kia. Vor allem seine Spurstabilität auf rutschigem Untergrund lässt zu wünschen übrig. Bei plötzlichen Ausweichmanövern regelt das ESP zu spät, zu langsam oder überhaupt nicht.
Auf griffiger Oberfläche im Grenzbereich dagegen hat der Kia keine bedenklichen Fahrwerkprobleme, obwohl er auch hier deutlich mehr Aufbaubewegungen produziert als die straffer abgestimmten C-Max und Touran. Nein, ein Dribbelkünstler ist dieser Koreaner nicht. Anders gesagt: Kia wirft den Sieg weg! Denn ohne dieses Manko würde er über den Touran triumphieren. Darum sollte er noch mal ins Trainingslager und von dort die neuesten Spielstrategien in Sachen Fahrerunterstützung mitbringen. Denn für den Carens sind – anders als bei Ford und VW – weder Spurwechsel- und Fernlichtassistent noch eine Verkehrsschilderkennung erhältlich.
Weitere Details zu den drei Vans gibt es in der Bildergalerie. Den kompletten Artikel mit allen technischen Daten und Tabellen gibt es als Download im Online-Heftarchiv. 

Fazit

Die Sensation bleibt aus, der Touran gewinnt. Allerdings ist ihm der Kia dicht auf den Fersen. Nur sein mangelhaftes ESP verhindert, dass der Carens ganz nach vorn fährt. Dabei sind es vor allem seine Kostenvorteile und Garantien, die ihn zu einem überzeugenden Angebot machen.