Keine Kameras! Sogar hochrangige Ingenieure müssen ihre Fotohandys beim Werkschutz an der Pforte abliefern. Denn im Ford-Entwicklungszentrum Köln-Merkenich wimmelt es von Erlkönigen, Prototypen und geheimen Entwicklungsträgern. Bilder davon mag kein Hersteller gern in der Presse sehen. Nur für AUTO BILD macht Ford eine Ausnahme. Weltexklusiv dürfen wir den neuen Mondeo fotografieren und in einem Prototypen mitfahren. Denn Weltpremiere hat das neue Topmodell der Kölner erst im März 2007 auf dem 77. Genfer Autosalon. Im streng gesicherten Entwicklungszentrum bekommt er derzeit den letzten Feinschliff.

Bereit zum Härtetest: der neue Mondeo Im Ford-Labor in Köln.
Der erste Eindruck: ein großes Auto mit scharfem Gesichtszug und wuchtigem Kofferraum. Trotz der dynamischen Erscheinung bleibt die typische Limousinenform mit langen Karosserieüberhängen und Stufenheck erhalten. Nein, eine Revolution wird dieser Mondeo nicht. Das erwartet auch keiner, sondern eine konsequente Weiterentwicklung. Und genau das ist er geworden. Besonderes Engagement galt seiner Langzeitqualität. Noch nie wurde ein Ford härter, ausdauernder und systematischer auf Haltbarkeit getestet. "Ganz wichtig dabei sind Computersimulationen. Sie helfen uns, Material-Schwachpunkte bereits früh im Designstadium aufzuspüren", erklärt Jan Belmans.

Streckbank für Autos: Hier leidet der Mondeo unvorstellbare Qualen.
Belmans ist so etwas wie Fords oberster Folterknecht. Nicht nur am Großrechner legt er dem Mondeo virtuelle Daumenschrauben an, sondern er quält ihn auch auf einer realen Streckbank. "Full Vehicle Road Simulator" heißt das Ungeheuer, das in einer Gruft des Grauens auf sein automobiles Opfer wartet. Was für ein Monster. Es sieht aus wie eine gigantische Spinne mit giftgelben Beinen. Armdicke Hydraulikleitungen versorgen sie mit zerstörerischer Energie. Warnton-Geheule, Rotlicht, Test läuft: Mit gewaltiger Kraft zieht, zerrt, stößt, boxt und schüttelt die gnadenlose Foltermaschine am Mondeo. Dabei pumpt sie keine zufälligen Impulse in die Karosserie, sondern das Quälprogramm entspricht dem tatsächlichen Geschehen auf europäischen Straßen, aufgezeichnet auf Fords Testgelände im belgischen Lommel.

Eingespannt in die krakenhaften Arme, zuckt der Wagen im Überlebenskampf. Doch die brutalen Stöße in alle vier Radaufnahmen nehmen kein Ende. "Eine Woche geht das so", grinst Folterknecht Belmans. "Ohne Pause rund um die Uhr." Damit der Simulator mit seinen gewalttätigen Erschütterungen die umliegenden Gebäude nicht zerstört, ist er in ein 800 Tonnen schweres Fundament gebettet, das auf einer riesigen Dämpferfeder ruht. Sieben Tage Nonstop-Betrieb entsprechen einer Laufleistung von 240.000 Kilometern oder zehn Jahren hartem Autoalltag.

Türenfolter in 84.000 Zyklen – Wutanfall inbegriffen.
Anschließend geht es ins nächste Folterverlies. Die Klimakammer zum Beispiel. Dort wird der Lack mit ätzendem Salznebel besprüht und unter brütender Hitzebestrahlung gar gebraten. Direkt daneben gibt es Terror für die Türen: Rums, pfff, Rums, pfff, Rums, pfff, Rums. Immer und immer wieder öffnet eine Hydraulik die Mondeo-Türen und zieht sie anschließend mit Schmackes wieder zu. 84 000 Türöffnungen und -schließungen muss der Wagen über sich ergehen lassen, und das bei Temperaturen zwischen minus 40 bis plus 85 Grad. Selbst Wutanfälle künftiger Mondeo-Eigner hat Ford einkalkuliert. Alle 5000 Zyklen werden die Türen besonders brutal zugeworfen – Rums! "Natürlich nicht, weil der Fahrer sauer aufs Auto ist – sondern auf seine Frau", schmunzelt Belmans. Oh Mann, sogar an Ehekrach müssen Ingenieure denken.

Ein Wagen, der diese Tortur ohne Trauma überlebt, kann kein schlechter sein. Und das ist noch lange nicht alles: Nach der Folter in Merkenich geht es zur Ausdauererprobung aufs Testgelände in Lommel. Ob Kopfsteinpflaster, Staubtunnel, 33-prozentige Steigungen oder Bahnübergänge – rund um die Uhr drehen die Prototypen ihre Runden. Auch hier spielen Testfahrer Situationen durch, die Belmans "Missbrauch" nennt. Mit 70 km/h rast der Mondeo über einen Bordstein. Bums – ein lauter Knall. Der Pilot bleibt ungerührt auf dem Gas. Wahnsinn, was moderne Autos aushalten müssen!

Der erste Fahreindruck von AUTO BILD-Redakteur Jörg Maltzan

Auf der Teststrecke zeigt sich der hohe Arollkomfort des neuen Mondeo.
Der Mondeo macht in seiner dritten Generation einen spürbaren Entwicklungssprung. Im Innenraum bietet er vorn wie hinten viel Platz, bequeme Sitze und durch die hohe Position hinterm Lenkrad gute Übersichtlichkeit. Leider liegt das Drehrad für die Lehnenverstellung sehr tief und damit schlecht erreichbar. Gut: Das Handschuhfach bietet jede Menge Stauraum. Gleiches gilt für die Türfächer. Die Oberflächen wirken höherwertiger als beim aktuellen Modell. Insgesamt ist der neue Mondeo wieder ein typischer Ford, und zwar im besten Sinne des Wortes. Der ohnehin schon hohe Abrollkomfort wurde noch weiter verfeinert. Seine Federung spricht geschmeidig an, die Fahrgeräusche sind angenehm leise. All das bietet ein entspanntes Fahrerlebnis, erinnert stark an Autos aus der nächsthöheren Klasse. Ganz besonders dann, wenn unter der Haube der kernige, 220 PS starke Volvo-Motor für Vortrieb sorgt.