Bernie Ecclestone ist zwar nicht mehr Formel-1-Chefvermarkter. Aber er ist im Rennsport noch immer gut vernetzt. Es überrascht daher nicht, dass der Brite nun versuchen will, eine Formel-1-Konkurrenzserie auf die Beine zu stellen (ABMS berichtete). Die Erfolgsaussichten sind gering: Ecclestone wäre 2019, wenn die Piratenmeisterschaft starten soll, schon 88 Jahre alt. Und er kämpft gegen die Serie, die er selbst erbaut hat: Die Formel 1, deren Name und Marke weltweit bekannt ist.
Auch ein Blick in die Geschichte zeigt: Konkurrenzserien sind zum Scheitern verurteilt. Den ernsthaftesten Versuch gab es 1961. Und den gefährlichsten. Damals wurde die Weltmeisterschaft nicht nur für Formel-1-Autos ausgeschrieben. Auch das Indy-500 gehörte dazu, teilweise tauchten selbst Formel-2-Rennwagen bei WM-Läufen auf. Die WM war also noch jung, die Marke Formel 1 noch nicht etabliert, die Gefahr durch eine Konkurrenzserie sehr akut.
Der Streit zwischen der Motorsportbehörde CSI (Commission Sportive Internationale) und den britischen Teams eskalierte im Herbst 1958: Bis dato wurde die WM für Formel-Fahrzeuge bis 2,5 Liter Hubraum ausgeschrieben, wechselte für 1961 aber auf das 1,5-Liter-Reglement. Sehr zum Ärger der britischen Rennställe, denn nach diesen 1,5-Liter-Regeln wurde bis dato die Formel 2 ausgetragen – und dort dominierten Ferrari und Porsche.
Ecclestone
Was plant Bernie Ecclestone?
Federführend zogen Lotus, BRM und Cooper in den Krieg gegen die Motorsportbehörde. Sie schrieben die Intercontinental Formula Championship (ICF) für die Saison 1961 aus. Erlaubt werden sollten Formel-Fahrzeuge bis drei Liter Hubraum, um auch die amerikanischen IndyCar-Teams anzulocken. Sogar das Indy 500 sollte Bestandteil der neuen Meisterschaft werden, mit der anfangs auch Ferrari sympathisierte. Doch die Scuderia blieb in der Formel 1.

Fünf Konkurrenzrennen gab es

BRM entwickelte eigene Rennwagen für die ICF, Lotus und Cooper starteten mit Climax-Motoren. Fünf Rennen sind in England tatsächlich ausgetragen worden. Zwischen neun und 21 Starter traten an – je nachdem, ob auch Formel-1-Fahrzeuge das Feld auffüllten. Drei Mal gewann Stirling Moss, zwei Mal der amtierende F1-Champion Jack Brabham. Beide fuhren mit einem Cooper-Climax. Beide starteten parallel aber auch in der F1-WM – weil sich die ICF nie durchsetzen konnte. Nach fünf Rennen bzw. einem halben Jahr wurde die Meisterschaft wieder abgesetzt – sie ist gescheitert.
Den nächsten Versuch starteten die Hersteller Ferrari, Ford, BMW, Mercedes, Toyota und Honda 2004. Hintergrund war der Verkauf von Formel-1-Anteilen Ecclestones an die Kirch Media Group. Die Konzerne fürchteten, dass die Grand Prix verstärkt ins Bezahlfernsehen abwandern würden – und planten daher eine eigene Rennserie. Zu diesem Zweck wurde 2001 eine Herstellervereinigung gegründet. Die Meisterschaft gab es nie, weil Ecclestone mit einer Bonuszahlung von 100 Millionen US-Dollar Ferrari aus der Vereinigung loseisen konnte. Ohne Ferrari war die Macht der Hersteller beschränkt. Ferrari genießt seit jeher eine Sonderstellung, weil nur die Renner der Scuderia seit der ersten Saison 1950 am Start stehen.
Der bisher letzte Versuch, eine Konkurrenzserie zur Formel 1 zu gründen, geht ins Jahr 2009 zurück. Damals plante der FIA-Präsident Max Mosley eine Budgetobergrenze. Die Rennställe formten die Teamvereinigung FOTA und planten eine eigene Rennserie. Sogar ein Kalender wurde verkündet – mit einem Mix aus aktuellen Formel-1-Rennen (wie Monaco, Singapur und Abu Dhabi), alten Rennen (wie Imola, Magny-Cours und Mexiko), sowie neuen Strecken (wie Finnland, Portugal und dem Lausitzring). Ecclestone bekam kalte Füße und kaufte die Teams einzeln mit Bonuszahlungen und Mitspracherechten beim Erstellen des Reglements aus der FOTA frei. Damit war das Schreckensgespenst Piratenserie wieder vom Tisch – bis heute.
Piratenserie: Das plant Ecclestone

Von

Michael Zeitler