Ferrari hat am vorletzten Testtag in Barcelona zumindest ein wenig die Hosen heruntergelassen. Die Scuderia präsentierte einen neuen Unterboden und ließ Vettel-Teamkollege Charles Leclerc damit erstmals andeuten, was im roten Renner steckt.
Mit einer beeindruckenden Rundenzeit von 1.16,231 Minuten, erzielt auf der weichsten C5-Gummimischung von Pirelli, führt der Monegasse die Tages-Tabelle an. Beeindruckend deshalb, weil Leclerc damit nur eine Zehntelsekunde unter der Pole-Zeit von Lewis Hamilton aus dem vergangenen Jahr liegt – und fast eine Sekunde schneller ist als Sebastian Vettel während der Wintertests vor einem Jahr.
Das heißt: Ferrari ist trotz der Vorhersagen der Techniker, die aufgrund der neuen Aerodynamikregeln einen Zeitverlust von 1,5 Sekunden pro Runde prognostizierten, schon so schnell wie 2018.
Gradmesser wie gut der Ferrari SF90 wirklich ist, ist aber ein anderer Vergleich. Am Vormittag waren Leclerc und Mercedes-Pilot Lewis Hamilton mit identischen, härteren C2-Reifen unterwegs. Auch wenn die Spritmengen nicht bekannt waren – zehn Kilo mehr Benzin entsprechen in Barcelona einem Zeitverlust von vier Zehntelsekunden – war Leclerc mit einer starken 1.17,2 Minuten acht Zehntelsekunden schneller.
Am Nachmittag fuhren Mercedes und Ferrari parallel eine Rennsimulation. Dabei war der Ferrari in den ersten Runden eines jeden Stints immer deutlich schneller. Erst am Ende glichen sich die Zeiten an. Wahrscheinlich, weil Ferrari den Fuß vom Gas genommen hat: In einem echten Rennen würde Ferrari bei einem derartigen Vorsprung auch in den Schongang schalten. Außerdem wollte man wohl nicht zu früh alle Karten aufdecken.
Red Bull
Red Bull erlebte einen Tag zum Vergessen
Allein im ersten Stint nahm Leclerc dem Mercedes-Piloten Valtteri Bottas fünf Sekunden ab. Nach 24 Runden lag er schon neun Sekunden vorn. Da musste er am Ende auch nicht mehr aufs Ganze gehen. Auffällig außerdem: Leclerc kann die Reifen immer gleich zu Beginn der Stints hart rannehmen. Bottas muss die Pneus zunächst streicheln, damit sie am Ende nicht einbrechen. "Gerade auf den Long Runs verliert Mercedes viel Zeit", beobachtet man im Red-Bull-Lager, "die Reifen brechen bei ihnen früh ein." Allerdings: Leclerc fuhr sein Rennen auch durchgehend auf den härteren C2-Reifen, also nicht regelkonform. Bottas startete auf Medium C3
Die Zeiten der Rennsimulation finden Sie unter dem Ergebnis – Runde für Runde.
Mercedes-Pilot Bottas verrät: "Das Upgrade ist deutlich besser als die Version von letzter Woche. Wir haben aber immer noch Probleme mit der Balance in schnellen Kurven und mit Körnen der Reifen. Es hängt von der Tageszeit ab wie stark. Die beste Zeit für uns ist der frühe Nachmittag." Das zeigt: Mercedes hat den neuen Silberpfeil immer noch nicht ganz verstanden.
Red Bull hat noch Probleme mit dem weichen C5-Reifen, ist aber ansonsten zufrieden mit der Leistung. Red Bulls Ranking, so erfuhr ABMS, sieht derzeit so aus: Ferrari knapp vor Red Bull, deutlich dahinter Mercedes, die nur knapp vor Alfa liegen. Es folgen Haas, Renault, Toro Rosso und Racing Point. Deutlich hinten sind McLaren und Williams.
ABMS erfuhr zudem: Am Freitag wollte Red Bull neue Teile bringen. Doch nach dem Überschlag von Pierre Gasly (Artikel HIER klicken) mehren sich Gerüchte, dass Red Bull morgen gar nicht mehr fahren kann. Die Mechaniker schrauben jedenfalls schon die Stühle vom Kommandostand... Red Bull-Berater Helmut Marko zu ABMS: „Wir wissen noch nicht, was den Crash verursacht hat und wie es weitergeht.“
Testergebnis Donnerstag
1. Charles Leclerc (Ferrari): 1:16.231 Min. (138 Rd.). Reifen: C5
2. Alexander Albon (Toro-Rosso-Honda): 1:16.882 Min. (118). C5
3. Lando Norris (McLaren-Renault): 1:17.084 Min. (84). C5
4. Pierre Gasly (Red-Bull-Honda): 1:17.091 Min. (65). C5
5. Daniel Ricciardo (Renault): 1:17.204 Min. (65). C5
6. Nico Hülkenberg (Renault): 1:17.496 Min. (73). C5
7. Lance Stroll (Racing-Point-Mercedes): 1:17.556 Min. (103). C5
8. Antonio Giovinazzi (Alfa-Romeo-Ferrari): 1:17.639 Min. (71). C5
9. Romain Grosjean (Haas-Ferrari): 1:17.854 Min. (16). C4
10. Lewis Hamilton (Mercedes): 1:18.097 Min. (85). C2
11. George Russell (Williams-Mercedes): 1:18.130 Min. (140). C5
12. Kevin Magnussen (Haas-Ferrari): 1:18.199 Min. (53). C3
13. Valtteri Bottas (Mercedes): 1:18.862 Min. (97). C3
Die Rennsimulation von Mercedes und Ferrari im Vergleich
1. Stint:
Leclerc: Outlap - 1:22.7 - 1:22.6 - 1:22.5 - 1:23.0 - 1:23.1 - 1:23.2 - 1:23.3 - 1:23.3 - 1:23.4 - 1:23.6 - 1:23.4 - 1:23.6 - 1:23.7 - 1:23.4 - 1:23.5 - 1:23.7 - 1:23.7 - 1:25.7 (von Gasly überholt)
Bottas: 1.22,883 - 1.23,259 - 1.23,476 - 1.23,133 - 1.23,265 - 1.23,464 - 1.23,800 - 1.23,821 - 1.23,788 - 1.24,058 - 1.23,330 - 1.24,163 - 1.24,244 – 1.24,042 - 1.23,967 - 1.24,180 - 1.24,704 - 1.24,611 (IN lap).
Leclerc circa fünf Sekunden schneller
 
2. Stint
Leclerc: 1:21.1 - 1:21.5 - 1:21.7 - 1:21.7 - 1:21.6 (in den ersten fünf Runden nochmal vier Sekunden schneller – macht nach 24 Runden schon neun Sekunden- 1:21.6 - 1:21.9 - 1:21.6 - 1:22.2 - 1:22.6 - 1:22.9 - 1:25.4 - 1:28.8 (jeweils Verkehr) - 1:22.0 - 1:22.2 - 1:23.0 - 1:22.4 - 1:22.6 - 1:22.4 - 1:22.9 - Inlap.
Bottas: Outlap (2:25.8) - 1:22.7 - 1:22.2 - 1:22.3 - 1:22.4 - 1:22.6 - 1:22.5 - 1:22.5 - 1:22.3 - 1:22.1 - 1:22.1 - 1:22.5 - 1:22.5 - 1:22.8 - 1:22.9 - 1:22.7 - 1:22.9 - 1:22.8 - 1:22.8 - 1:23.0 - 1:23.1 - Inlap
 
3. Stint:
Leclerc: Outlap - 1:19.5 - 1:19.9 - 1:20.4 - 1:20.4 - 1:20.3 - 1:20.5 - 1:20.3 - 1:20.6 - 1:21.1 - 1:21.9 - 1:21.9 - 1:21.8 - 1:21.9 - 1:21.7 - 1:21.4 - 1:21.3 - 1:21.4 - 1:21.6 - 1:21.5 - 1:22.3 - 1:22.5 - 1:22.6 - 1:22.6 - Inlap (Reifen C2)
Bottas: 1:42.1 - 1:20.8 - 1:21.5 - 1:21.3 -- 1:21.5 - 1:21.1 - 1:21.1 - 1:21.2 - 1:21.1 - 1:21.1 - 1:21.3 - 1:21.2 - 1:21.6 - 1:22.0 - 1:22.0 - 1:38.4 (Abstand gehalten zu Leclerc) - 1:21.5 - 1:21.4 - 1:20.8 - 1:21.0 - 1:20.6 - 1:20.8 - 1:20.7

Von

Ralf Bach
Michael Zeitler
Bianca Garloff