14-Zöller statt Standardzubehör

"Mit einem Golf aufzufallen ist relativ schwer. Fast jeder arbeitet daran herum", hat Sven Schulz festgestellt. Kein Wunder, hat doch VW den "neuen Volkssport – Golf" in einer groß angelegten Werbeaktion ausgerufen, als damals der Einser vorgestellt wurde. Mit dem Erfolgsschlager und Massenauto Golf III etwas herausragend Individuelles auf die Beine zu stellen, bedarf mutiger Ideen und einer Menge Aufwand. Der Griff zum "Standardzubehör" kam für Sven also nicht in Frage. Auch 16- oder 17-Zoll-Felgen hatte er schon zu oft gesehen. "Ich hab' mir gedacht, da mach ich doch 14-Zöller drauf."

Schon auf den ersten Treffen bekam Sven positive Resonanz. Das Fahrzeug war für einen Golf III schweinetief, die Felgen in dieser Breite einzigartig. Nach dieser anfänglichen Bestätigung meinte Sven: "Jetzt mache ich weiter im Racestyle mit Käfig und Vollschalensitzen." Eine Umbauvariante, von der er sagt, sie sei bis dahin in Deutschland nahezu tabu gewesen. Danach hätte er dann öfter mal einen Golf III mit 14-Zöllern, Käfig und Vollschalensitzen gesehen.

Im Winter zur Saison 2001 folgte dann der Musikumbau. Der sollte so richtig edel wirken. Weißes Leder schuf den richtigen Rahmen für eine aufwändige HiFi-Anlage. "Jeder Klangraum ist berechnet worden", macht Sven deutlich, als die ungewöhnlich schwere Golf-Tür satt ins Schloss fällt. Dämmstoffe und eine klangoptimierende Bauweise lassen die Tür zu einem ausgewogenen Schwergewicht werden.

Aus 90 wurden ungefähr 230 PS

Beim nächsten Veredelungsschritt widmete sich der heute 23-Jährige dem Motor. "Ich hatte bis dahin noch den 90-PS-Serienmotor unter der Haube", erinnert er sich. Zunächst sei ihm die Idee gekommen, "den Motor aus dem G60 einzubauen. Ich kannte keinen, der das so hatte", schmunzelt Sven. Denn, was bisher noch nicht von anderen gemacht wurde, ist für ihn schon Grund genug, es zu probieren. Nur so kommt man zu einem einzigartigen Auto.

Im Serientrimm bringe es der G60-Motor auf 160 PS, unter seiner Golf-Haube traben 230 zornige Rösser. Die Mehrleistung käme durch die scharfe Schrick-Nockenwelle, einen Rennsportkat, den Fächerkrümmer, polierte Auslassventile und ein geändertes Laderrad. Das alleine bringt schon etwa 20 PS. Auf dem Leistungsprüfstand war Sven mit seinem getunten Motor nicht. Er hat den "Praxistest" gemacht: "Der ist schneller als ein Audi TT quattro mit 225 PS. Das haben wir getestet. Der Audi hatte keine Chance gegen den Golf."

Einziges Problem, das Sven bisher mit seinem leistungsgesteigerten Motor hatte, waren die Ladeluftschläuche, die dem erhöhten Druck des kleineren Laderrades auf die Dauer nicht standhielten. Sie rutschten immer wieder von den Flanschen. "Das Problem haben wir jetzt aber im Griff", versichert der Student aus Oberthal. Die neuen Schläuche stammen vom amerikanischen Traktorhersteller John Deere. In seiner jetzigen Ausbaustufe hat das Triebwerk etwa 8000 Kilometer abgespult. Genug, um sagen zu können "der hält".

Es ist fast alles Gold, was glänzt

Blieb nur noch die Frage: "Wie machen wir das schön?" Chrom? Hatten schon zu viele. Auf amerikanischen Internetseiten hatte Sven Umbauten gesehen, bei denen Gold verarbeitet worden war. Eine Inspiration, die er in die Tat umsetzte. Mit all den Konsequenzen, die eine Goldbeschichtung mit sich bringt.

Das Auftragen in der Galvanik ist nicht so sehr das Problem, das zeigt sich erst im Alltag. Gold ist wesentlich weicher und damit empfindlicher als Chrom. "Man muss aufpassen", erklärt Sven, "dass man es beim Putzen nicht wieder abpoliert." Für ihn kommen nur Mikrofasertücher und Scheibenreiniger als Pflegemittel im Frage. Kein Wunder, dass er damit vorsichtig umgeht: Vergolden ist mehr als doppelt so teuer, wie verchromen.

Das empfindliche Gold ist auch der Grund, warum Sven seinen Golf III nur bei schönem Wetter zu Treffen bewegt. Dann wird aber auch gefahren, versichert er. Sein Golf sei auf keinen Fall ein Auto, das auf einem Anhänger spazieren gefahren werde.

Asphalt-Aufsetzer inklusive

Leicht zu bewegen ist der Wagen mit dieser extremen Tieferlegung allerdings nicht mehr. 160 Millimeter Absenkung an der Vorderachse und 140 Millimeter hinten lassen kaum noch einer Briefmarke zwischen Frontlippe und Asphalt Platz. "Man muss schon auf das Auto aufpassen. Die Ölwanne ist zum Beispiel verstärkt, damit die nicht sofort wegfliegt." Problematischer sei die Kombination von Motorleistung und 14-Zoll-Felgen. "Die Manschetten der Antriebswellen reißen immer wieder auseinander", verrät Sven. "So ein Auto muss halt gewartet werden."

Besonderen Wert legt er auch auf die Farbe – oder besser Farben – seines Autos. Der Lack sollte dem Golf zu einem edlen Auftritt verhelfen. "Und nicht sofort in fünf verschiedenen Farben wechseln, wenn man davor steht." Der Lack sollte dezent von einer Farbnuance in die andere gleiten – und das macht er. Steht der Golf im Schatten, erinnert das Grün sehr an das serienmäßige Grün der VW-Farbpalette. In der Sonne entfaltet der Lack dann sein breites Farbspektrum. Von Grün über Blautöne bis zu Gold. Und das alles, ohne den Betrachter wie bei einem Kirmeswagen zum eiligen Griff zur Sonnenbrille zu zwingen.

Triebfeder dafür, jede freie Minute und eine beachtliche Summe Geld in ein solches Auto-Projekt zu stecken, sei die Anerkennung, die man auf Treffen bekommt, bekennt Sven. "Wenn dann die Leute kommen und sagen, 'geil!', 'supercool gebaut', 'wir haben ein Poster von dem Auto im Zimmer hängen' oder jemand drückt mir einen Pokal in die Hand, das ist für mich die Bestätigung, dass das, was man baut, auch wirklich in Ordnung ist."

Interieur und Technische Daten

Ganz alleine habe sich das Golf-III-Projekt in dieser Form nicht verwirklichen lassen. Man brauche dazu einfach die Hilfe von Freunden und Fachleuten. "Der eine kennt sich gut mit den Motoren aus, der andere mit dem Fahrwerk und der nächste mit der HiFi-Anlage. Ohne Hilfe sei das nicht zu verwirklichen gewesen", zeigt Sven sich dankbar für die Unterstützung und macht auch gleich klar: Verkaufen werde er seinen spektakulären Golf III nie. "Da steckt von vielen Leuten eine Menge Arbeit drin. Den werde ich mir aufheben, damit ich ihn später mal meinen Kindern zeigen kann."