(rtr/dpa/brü) Google treibt die Entwicklung eines selbstfahrenden Autos voran. Der Internet-Konzern stellte Ende Mai den ersten Prototypen eines eigenen selbstfahrenden Elektro-Fahrzeugs vor. Die Vision fürs Auto der Zukunft sind kleine Zweisitzer mit Elektro-Antrieb, die komplett auf Lenkrad und Pedale verzichten und vor allem in Städten eingesetzt werden. Genau das aber ist dem US-Bundesstaat Kalifornien zu heikel. Damit weiter im Sonnenstaat getestet werden darf, bekommt das Google-Auto deshalb jetzt zumindest vorübergehend ein kleines Lenkrad und ein Gas- und Bremspedal. Ein entsprechender Gestzentwurf der kalifornische Verkehrsbehörde DMV tritt am 16. September 2014 in Kraft. Danach reicht ein Notstopp-Knopf nicht aus, um das Fahrzeug weiter auf öffentlichen Straßen zu testen. Google will die 100 Autos umfassende Prototypen-Flotte deshalb auch auf Privatstraßen erproben oder in andere Bundesstaaten ausweichen. Die Serienversion des Google-Autos soll irgendwann wieder ohne Lenkrad und Pedale ausgliefert werden. So fährt das Google-Auto:

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Der erste Prototyp, den Google auf einem Parkplatz in Kalifornien rollen ließ, erinnert mit seiner kugeligen Form äußerlich noch mehr an ein übergroßes Spielzeug-Auto aus dem Hause Playmobil oder einen Kinder-Einkaufswagen aus dem Supermarkt, denn an die ausgefeilten Produkte der etablierten Fahrzeughersteller. Selbst die Lampen auf der Front-Partie, die aussehen wie ein menschliches Gesicht, sind noch Aufkleber. Aber es ist ein Anfang: Das niedliche Kugelauto fährt wie von Geisterhand und soll dank eines dicken Laser-Scanners auf dem Dach, vielen weiteren Sensoren und der speziell angepassten Konstruktion auch extrem sicher werden. Die ersten Prototypen der kleinen E-Mobile für zwei Insassen seien bereits getestet worden, sagte Google-Gründer Sergey Brin auf einer Konferenz in Kalifornien. Mit Partnern sollten bis zu 200 Fahrzeuge gebaut werden. In einigen Städten könnten die ganz ohne Fahrer auskommenden E-Autos möglicherweise bereits in ein paar Jahren eingesetzt werden.
Autohersteller holen auf: Fahren und fahren lassen
Die Arbeit an einer marktreifen Version werde gemeinsam mit Partnern noch einige Jahre dauern, schrieb Projektleiter Chris Urmson. Der aktuelle Prototyp erinnert äußerlich an eine Mischung aus Smart und einem Spielzeug-Auto. Dem "New York Times"-Reporter John Markoff zufolge, der in einem Prototypen des Google-Autos mitfuhr, bietet das Fahrzeug viel Beinfreiheit. Die Windschutzscheibe ist aus Plastik und ein großes Display im Cockpit zeigt Uhrzeit, Lufttemperatur und die voraussichtliche Ankunftszeit an. Zum Losfahren drückt man einen Knopf. Die ersten Prototypen hätten noch wenig Komfort für die Insassen, räumte Projektchef Urmson ein. Die Höchstgeschwindigkeit werde bei Tempo 40 gekappt.

Das Auto der Zukunft für die Stadt

Google self driving car project
So stellen sich Grafiker das neue Google-Auto vor.
Bild: googleblog
Google hofft, mit dem kleinen selbstfahrenden Fahrzeug das Szenario für die Nutzung von Autos in der Zukunft zu treffen. Er denke nicht, dass es überwiegend darum gehen werde, die Fahrzeuge zu besitzen, sagte Google-Mitgründer Sergey Brin der "New York Times": "Sie dürften größtenteils als Service bereitgestellt werden." Google habe die Technologie, das umzusetzen. "Und es ist wahrscheinlich, dass wir eine Menge Partner haben werden – das könnten Autohersteller, Zulieferer, Dienste-Anbieter, Städte oder Länder sein", sagte Brin.
Mit den Plänen könnte Google klassischen Autoherstellern wie BMW und Daimler gefährlich werden. Google ist als Suchmaschine im Internet groß geworden und verdient mit Werbung viel Geld. Der Konzern mischt aber mittlerweile auch in vielen anderen Bereichen mit. So testet er derzeit unter anderem eine Datenbrille, die Videos aufnehmen sowie E-Mails und andere Inhalte aus dem Internet darstellen kann. Die Betriebssoftware Android ist bereits auf unzähligen Smartphones, etwa von Marktführer Samsung, vertreten. Der Chef des Axel-Springer-Verlags, in dem auch AUTO BILD erscheint, Mathias Döpfner, hatte die Sorge geäußert, Google würde mit seinen Algorithmen den Werbemarkt zu stark prägen. Springer und viele andere Medienkonzerne seien deswegen in Abhängigkeit zu dem Silcon-Valley-Unternehmen geraten.
Seit 2009 testet Google Fahrzeuge mit Autopilot. Dabei wurden bestehende Modelle wie etwa der Prius von Toyota mit Laser-Sensoren und Radargeräten ausgestattet. Bislang ist aber vorgesehen, dass der Fahrer in bestimmten Situationen wieder die Kontrolle des Autos übernehmen kann. Google-Gründer Brin sagte, sobald alle Sicherheitsbedenken ausgeräumt seien, werde es auch möglich, Geschwindigkeiten von 160 Kilometer pro Stunde zu erreichen - etwa vier Mal so viel wie beim derzeitigen Prototypen. Einige US-Bundesstaaten wie Kalifornien und Nevada haben bereits Gesetze erlassen, die Tests mit selbstfahrenden Autos auf öffentlichen Straßen ermöglichen.

Dürfen Auto ohne Lenkrad fahren?

Die Autobranche und damit auch die großen deutschen Hersteller versprechen sich viel vom autonomen Fahren, sie haben bereits selbstfahrende Autos erfolgreich getestet. Zuletzt wurden die ersten gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen, dass diese Fahrzeuge unter bestimmten Bedingungen weltweit zugelassen werden können. Die in Europa und vielen anderen Ländern geltenden Verkehrsregeln schreiben vor, dass der Fahrer ein Autopilot-System jederzeit unterbrechen und selbst das Steuer übernehmen können muss. Ein Auto ohne Lenkrad dürfte diese Anforderung nicht erfüllen. Die USA gehören allerdings nicht zu den Unterzeichnerstaaten der Konvention.

Durchbruch für autonomes Fahren ab 2020

Experten rechnen ab 2020 mit dem Durchbruch für das automatisierte Fahren in Deutschland. Dann könnte der Fahrer zum Beispiel im Auto lesen oder im Internet surfen. Einzelne Anwendungen wie automatisches Überholen könnten schon früher auf den Markt kommen. Es wird damit gerechnet, dass die neuen Autos zu einem besseren Verkehrsfluss und mehr Sicherheit beitragen. Allerdings sind viele rechtliche Fragen wie etwa die Haftung bei Unfällen noch längst nicht geregelt.