Seit dem Jahr 2000 verkaufte Skoda hierzulande über 300.000 Fabia. Weltweit sind es 1,6 Millionen. Die Tschechen schrauben an der Kapazitätsgrenze, während Mutter VW Werke schließen will. Was macht den Polo-Vetter so beliebt? Nach fast 3600 Kilometern in vier Tagen können wir die Antwort geben. Erstmal der Preis. Dann ist der Fabia von der Größe her genau der richtige Kompromiss zwischen Stadt- und Reisewagen, von der Motorisierung gleichermaßen Vernunft und Spaßfahrzeug. Blechkostüme in Stufen-, Schrägheck und Kombiform, Motoren von 60 bis 105 PS. Zuerst kommt er als Schrägheck auf den Markt, bis zur Internationalen Automobilausstellung (IAA) im September werden die beiden anderen folgen. Als Motor wählten wir für diese Tour den starken Diesel, der CO2-mäßig knapp unter 130 Gramm bleibt. Wir, das sind der Kollege Michal Stengl von unserer Prager Schwester AUTO TIP, Fotograf Sven Krieger und ich. Mit den guten Wünschen aus der Skoda-Zentrale in Mlada Boleslav nehmen wir Kurs auf Pilsen, natürlich um dort echtes "Urquell" zu laden.

Immer der Venus nach

Vergleich Fabia und Polo: Den Fabia gibt es sogar schon mit Kurvenlicht, der Polo bietet es nicht.
Weiter geht’s Richtung deutsche Grenze. Wolken fliegen in diesem stürmischen Frühjahr fast so schnell, wie wir fahren dürfen, Fabias Windempfindlichkeit ist minimal. Geben die Wolken den Himmel frei, dann funkelt am Westhimmel die Venus. Jeden Abend zeigt sie uns, dass die Richtung stimmt, denn wir müssen fast 3600 Kilometer abspulen, wollen bis nach Albufeira bei Faro am Südwestzipfel Europas. Heute kommen wir noch bis Sinsheim an der A6. Das berühmte Technikmuseum ist immer einen Besuch wert. Beim Autohaus Jung leihen wir uns einen Polo-Vorführwagen. Der die Gene spendende Bruder sieht im Vergleich jetzt ziemlich klein aus, der "alte" Fabia fast langweilig im Vergleich zu dem ausdrucksstarken Gesicht des neuen. Nur 25 Kilometer von Sinsheim entfernt liegt Hockenheim. Gelegenheit, einige schnelle Runden zu drehen. Michal und ich tasten uns an den Grenzbereich des Fabia heran. Die elektrohydraulische Lenkung ist präzise wie die des Vorgängers, in den Kurven bleibt auch der Neue leicht beherrschbar. Nur die auf Wellen stampfende Federung zeigt, dass dieses Fahrwerk auf Reisekomfort und nicht auf Kurvenräubern ausgelegt ist.

Wohliges Räkeln in Frankreich

Wallfahrtsort für Italo-Western: Fabia spielt Charles Bronson.
Genug Gummi verschlissen, weiter gen Süden. Bei Kilometerstand 935 passieren wir den Übergang Richtung Mulhouse – wir sind in Frankreich. Auf der Etappe nach Avignon zeigen sich die Privatautobahnen auch kaum besser als unsere Pisten: Bodenwellen und Flickstellen fordern das Fahrwerk, das diese Stöße aber bestens verdaut. Auf den Sportsitzen vermittelt er ein Sitzgefühl wie ein großer Mittelklassewagen. Und das bei nicht mal vier Meter Kürze! Schön für Hinterbänkler. Sie merken sofort, dass der Fabia mit 1,5 Meter Höhe nun sogar den Golf um 1,5 Zentimeter übertrifft. Innen ist auch dank größerer Kniefreiheit wohliges Räkeln angesagt. Auf Langstrecke genießt der dritte Mann, dass die breitere Seite der asymmetrisch geteilten Bank (ab Ambiente) rechts ist. Die linke Lehne haben wir natürlich umgeklappt, darauf stapeln sich Gepäck und das Picknick, mit dem wir uns zeitsparend während der Fahrt versorgen. Übernachtungsstopp in der alten Römerstadt Orange, aus der übrigens auch die niederländischen Oranier stammen, die Temperatur liegt bei zehn Grad Celsius. Die serienmäßige elektrische Zusatzheizung der Dieselversionen wärmt uns morgens den Innenraum recht schnell auf.
Zwei Fahrtage bleiben uns noch. Tage, die Fragen aufwerfen. Warum etwa zeigt der Fabia unterm Blech so wenig Innovatives? Technikvorstand Dr. Harald Ludanek: "Skoda erfüllt andere Kunden-, Kosten- und Preisansprüche." Dass der Fabia kein Direktschaltgetriebe zum Serienstart erhält, war eine "kostenbewusste" Entscheidung. Immerhin, der Neue ist nicht teurer geworden. Das weckt Verständnis dafür, dass der Kofferraum zwar 40 Liter mehr fasst, die Rücksitze und deren Umklappmechanik aber fast haargenau vom Vorgänger übernommen wurden. Auf die Frage, wo die in diesen Zeiten so wichtige Wertschöpfung stattfindet, weiß Dr. Ludanek sofort Antwort: "96 Prozent aller Bauteile der Fabia-Reihe kommen aus Europa, Deutschland hat 40 Prozent Anteil." Fabia sichert also auch unsere Arbeitsplätze. Eine erfreuliche Mitteilung nach 3583 Kilometern bei einem Durchschnittsverbrauch der 105-PS-Maschine von 7,5 Litern. Die reine Fahrzeit: 38 Stunden und 39 Minuten. Zurück geht es für Fotograf Sven und mich per Flieger. In knapp viereinhalb Stunden sind wir wieder in Hamburg. Schnell zwar, aber alles, was unterwegs sehenswert ist, bleibt im Verborgenen. Zum genussvollen Bildungsreisen gibt es eben keine Alternative zum Auto.

Fabia trifft seine Brüder

Der Polo gab Fabia und Seat Ibiza seine Gene. Mit dem neuen Modell ist der stets viertürige Fabia aus den Kinderschuhen herausgewachsen. Der Polo bietet nur die etwas wertvoller wirkende Inneneinrichtung, hat aber den kleineren Lade- und Innenraum und hintere Türen nur gegen Aufpreis. Wer den Fahrvergleich gewinnt, das wird demnächst ein richtiger Test ermitteln. Der Seat Ibiza (vier Türen gegen Aufpreis) kommt in Deutschland erstaunlicherweise nicht so an wie sein Bruder Fabia. Liegt es am sportlichen Äußeren?

Fazit

3583 Kilometer im neuen Fabia. Mal am Steuer, mal daneben, mal hinten – für drei Erwachsene oder die junge Familie ein prima Reisewagen. Etwas brummig: der Pumpe- Düse-Diesel. Verführerisch in dieser Klasse: die Zahl der möglichen Extras. Vom Vorgänger hat Skoda in sieben Jahren 1,6 Millionen Stück gebaut. Nach dieser Fahrt behaupte ich: Der Neue wird diese Tradition fortsetzen. Voraussetzung: Die Preise heben nicht ab!