CO2-Zwerge im Test
—Sieben Saubere auf einen Streich
In der Stadt spielen die Minis ihre wahre Größe aus. Die liegt vor allem darin, klein zu sein. Kleiner als die kürzeste Parklücke, schmaler als engste römische Gassen, wo Häusermauern bedrohlich nahekommen wie Schraubstockbacken. Unsere Testkandidaten VW Polo, Peugeot 207, Mitsubishi Colt, Opel Corsa, Fiat Grande Punto, Toyota Yaris und Seat Ibiza wuseln durch Sträßchen, wo Geländewagen stecken bleiben würden. Auch das zeugt von Größe. Halten wir fest: Klein sind unsere Kleinen nur der Länge nach. Besonders Toyota fasst den Yaris mit 3,75 Metern kurz, echt genial. In Zeiten, in denen gestiegene Anforderungen an den Fußgängerschutz Minis schleichend auf Kompaktwagengröße heranwachsen ließen. Ohne dass der Innenraum zwingend davon profitiert. Zu den Großen in der Klasse zählen 207, Corsa und Punto. Die bringen es mittlerweile auf über vier Meter Länge.
Fiat kommuniziert das ganz offensiv, sogar im Namen. Der neue Punto heißt nicht mehr einfach Punto, sondern Grande Punto, übersetzt: großer Punto. Aber wie viel kommt davon den Insassen zugute? Erstaunlich viel, Grande ist mehr als nur eine wohlklingende Worthülse, sondern ehrliche Werbung in eigener Sache. Nur der Mitsubishi Colt bietet noch mehr Platz, schafft es aber nicht, das riesige Raumgefühl mit einer guten Sicht nach vorn zu kombinieren. Lang gestreckte A-Säulen wie im Mini-Van versperren beim Abbiegen gefährlich die Sicht. Ausgerechnet der Vier-Meter-Riese Peugeot verschenkt kostbaren Raum, vor allem auf der Rückbank. Die Decke zielt Richtung Scheitel, an den Knien zwickt es mehr als bei den anderen. Auch im Kofferraum fehlt Platz. 923 Liter Maximal-Volumen unterbietet nur noch der Colt (760 Liter).
Überraschend erteilt Zwerg Yaris den Konkurrenten eine Lektion im Kofferpacken. Wahre Größe hat eben nicht nur etwas mit Außenmaßen zu tun – wiederholt bewiesen in der Geschichte. Wie dieser Japaner Taschen schluckt – ein Traum (1183 Liter). Dahinter steckt ein Klappsystem, vielseitig wie das Schweizer Taschenmesser. Wie auch im Mitsubishi Colt lässt sich die Rückbank verschieben, falten, komplett wegklappen. Dank eines doppelten Bodens rutschen Getränkekisten fast von allein ins Gepäckabteil. Die sollten allerdings aus leichtem Plastik sein, an schwerem Glas verhebt sich der Yaris nur. Mit einer Zuladung von 395 Kilogramm rangiert der kleine Japaner ganz weit hinten.
Zum Vergleich: Ein VW Polo darf 490 laden. Damit liegt er auf Golf-Niveau! Eine Nummer besser fallen auch die Sitze des Polo aus. Dass Kleinwagen Passagieren dünne Polster unterschieben, das war einmal. Die im Polo sind bunt gestreift, einer der wenigen Farbtupfer beim tristen Interieur. Im Vergleich zur Konkurrenz wirkt der Volkswagen alt, angegraut und versprüht den Charme eines Behördenfahrzeugs. Eines soliden, treuen Assistenten, der alles mit- und wenig falsch macht. Trotzdem tauscht VW ihn nächstes Jahr gegen einen Nachfolger aus. Hoffentlich wechseln die Innenraumdesigner dann die starre Rückbank gleich mit aus, die gehört fraglos zu seinen negativen Eigenschaften. Nur als Einteiler fallen die Rückenlehnen um. Anders als bei der Konkurrenz thronen die Kopfstützen auf der Sitzbank, blockieren den Blick. Dennoch bietet der Polo die beste Rundumsicht – ein Armutszeugnis für die Konkurrenz.
Der Punto versteckt ganze Fahrradfahrer hinter seinen A-Säulen, Meister des toten Winkels wird aber der Opel Corsa. Dicke C-Säulen schieben sich wie Baumstämme ins Sichtfeld. Was dazu führt, dass man hilfesuchend in die Außenspiegel starrt. Toi, toi, toi – wenn das mal gut geht! Dem herannahenden Verkehr einfach davonfahren? Funktioniert nicht im Corsa. Mit seinem schwachen 60-PS-Dreizylinder bewegt er sich im Wandertempo. Als Mietwagen auf Mallorca wäre das okay, aber im hektischen Alltag? Mit stoischer Geduld schleicht er auf Tempo 100, dafür läuft der Dreizylinder unschlagbar leise. Dem flotten, leistungsstärkeren Colt (75 PS) fehlt die Durchzugskraft.
Motoren und Fahrverhalten
Zweifelsohne gehört der Toyota zu den Überfliegern seiner Klasse, selbst der Corsa konnte ihn beim letzten AUTO BILD-Vergleich nicht stoppen. Unfehlbar ist er deshalb noch lange nicht. Denn auch ihm fehlt in der Basisversion der Schleuderschutz ESP. Das gilt übrigens für alle anderen Minis auch. Besonders Grande Punto und 207 haben ihn dringend nötig, denn sie reagieren auf abrupte Ausweichmanöver zickig. Das Heck wird unruhig, lässt sich nur von geübten Fahrern wieder auf Kurs bringen. Dabei helfen die leichten Lenkungen wenig. Sie fühlen sich weich an wie Panettone-Kuchen. In der Stadt schmeckt uns das sogar. Auf Knopfdruck lässt sich die Lenkung des Punto noch softer einstellen. City-Modus nennt sich die Funktion zum Einparken, nichts schont mehr die Muskeln.
Seat, VW und Opel fordern ein wenig mehr Krafteinsatz, anstrengend wird es aber auch beim Rangieren nie. Dafür haben wir in diesen Autos die Straße viel besser im Griff. Richtig sportlich fühlt sich der Mitsubishi an: direkt, mit etwas mehr Muskelkraft. Bei der Lenkung erfolgreich, beim Fahrwerk leider voll daneben. Übermäßig sensibel reagiert der CZ3 auf Straßenlöcher. Er zittert, knarzt, hoppelt. Wenig Unterstützung erfährt der Fahrer von den Sitzen, die eine Nummer zu klein ausfallen. Mehr Komfort bieten da Yaris und Polo. Mit einer für diese Klasse erstaunlichen Gelassenheit rollen sie über Unebenheiten hinweg, Opel, Peugeot und Seat reagieren straffer. Stur rennt der Ibiza gegen Gullydeckel an, als wolle er sie weltverbesserisch in den Straßenboden stampfen.
Der Punto nervt dagegen mit Bewegungen in alle Richtungen. Er schaukelt über Bodenwellen, wankt und hebt sich. Als säße man nicht in einem Neuwagen, sondern in einen Gebrauchten mit ordentlich Kilometern auf der Uhr. Das Gleiche gilt für das Fünfganggetriebe. Der Hebel rührt durch alle Gassen, versehentlich landet man schon mal im dritten statt im fünften Gang. Auch in diesem Punkt ähneln sich Peugeot und Fiat, der 207 schaltet kaum besser. Dafür schmückte Peugeot ihn hübscher aus. Irgendwie charmant, der Kleine. Bereits der Vorgänger verkaufte sich wie geschnitten Brot: mehr als 5,8 Millionen Mal bis jetzt. Den 206 baut Peugeot weiter – trotz der aktuellen Nummer. Die ist schlicht, schön mit ein wenig Silber an Bord. Das aufpreispflichtige Schiebedach (410 Euro, ab Sport) zaubert viel Licht ins Cockpit, ohne dass es böse Schatten gibt. Denn der 207 wirkt gut verarbeitet.
Interieur, CO2-Bilanz und Fazit
Etwas mehr Glanz wünschen wir uns von Seat, der Marke, die im Werbeslogan Emotionen verspricht. Die fehlen im Ibiza-Cockpit leider ganz. Dunkles Plastik in Taucheranzug-Optik, graue Sitze. Nicht einmal die schwarz hinterlegten Zifferblätter spenden Abwechslung. Vorn fehlen Ablagen für Getränke. Auch wenn die Verarbeitung im Colt nicht die beste ist, er wirkt moderner als der Ibiza. Instrumente wie im Mercedes SLK, dickes Lederlenkrad mit blauen Nähten. Im Armaturenbrett sind kleine Quadrate eingestanzt, und die Drehschalter schimmern transparent.
Nur hartes Plastik bietet der Toyota Yaris, dafür sind alle Teile nahezu perfekt aneinandergesetzt. Alle wichtigen Informationen findet der Fahrer in der Mitte, im Mäusekino. Da ist Toyota sich treu geblieben, bereits der Vorgänger forderte den tiefen Blick in den Tachotunnel. Diese Anzeige hat den Vorteil, dass sie auf Augenhöhe sitzt. Allerdings ein bisschen zu weit rechts, was den Blick von der Straße wenden lässt.
Voll im Visier der Kleinen steht der Spritverbrauch. VW und Seat ziehen sich mit 7,1 Litern im Schnitt ganz schön viel Super rein. Trinken wie die Großen, diesem Motto folgen auch Peugeot und Fiat. Nur Opel und besonders Toyota sparen mit 6,5 beziehungsweise 5,6 Litern Geld und nervige Tankstopps. Und bremsen so jede hitzige CO2-Diskussion am Stammtisch aus. Die ganze Wahrheit: Nur der Mitsubishi und Toyota schaffen den von der EU geforderten 130-Gramm-Wert, der Corsa liegt bereits nach Herstellerangaben knapp darüber (134 g). Alle anderen bewegen sich mit bis zu 150 g pro Kilometer im roten Bereich. Wirklich sauber sind die nur, wenn das Gaspedal gestreichelt wird. Hier ist also noch viel zu tun.
Fazit: Die C02-Diskussion ist mehr als bloß Zirkus, sie ist notwendig. Deshalb: Manege frei für die Stars von heute für morgen. Sieben Minis mit kleinen Benzinern. Der Toyota Yaris gewinnt mit Abstand, weil er nicht nur am günstigsten ist, sondern für den kleinen Preis am meisten Sicherheit und Variabilität bietet, zudem am wenigsten verbraucht. Der Kleine ist wirklich ein Riese. Überraschend auch der Polo: Er setzt immer noch Maßstäbe, wenn es ums Fahren geht, ebenso der Seat. Der neue Corsa verstolpert seinen Sieg durch den schwachen Dreizylinder. Peugeot mangelt es vor allem am Platz, Mitsubishi und Fiat am letzten Quentchen Qualität.
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