Handy am Steuer: Blitzer, Monocam, Smartphone-Nutzung
Smartphone am Steuer: So funktioniert der neue Handy-Blitzer

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Der Handy-Blitzer Monocam erwischt Autofahrer mit Smartphone am Steuer. Aktuell wird ein Test ausgewertet, auch ein Urteil zu Bußgeldbescheiden gibt es bereits. Alle Infos zur Technik und den rechtlichen Grundlagen.
Bild: DPA
Inhaltsverzeichnis
- Rheinland-Pfalz hat Handy-Blitzer getestet
- Wo steht die Monocam-Kamera?
- Erste Klagen gegen Bußgeldbescheide
- Urteil bestätigt Bußgelder auch ohne Rechtsgrundlage
- Flächendeckender Einsatz ab 2023 geplant
- Handy-Blitzer in Australien und den Niederlanden
- Kamera blickt von oben ins Cockpit
- Langer Blindflug schon bei niedrigem Tempo
- Welche Strafe droht bei Handynutzung am Steuer?
- Handynutzung bei eingeschaltetem Motor verboten
- Tipps vom Verkehrsrechtsanwalt
Ablenkung im Auto kann tödlich sein, auch für andere. Schon eine Sekunde ohne Blick auf die Straße bei 100 km/h bedeutet fast 30 Meter "Blindflug". Das Risiko kennen eigentlich alle Autofahrer, dennoch greifen viele von ihnen immer wieder hinterm Steuer sitzend zum Smartphone.
Handyhalterungen im Test
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Die neue Kamera wird auf einer Brücke platziert, von dort aus überwacht sie den Verkehrsfluss in Echtzeit. Sie achtet mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) auf Objekte in der Hand sowie eine entsprechende Haltung der Person – und löst automatisch aus, wenn sie einen Fahrer mit einem Handy in der Hand erkennt.

Die Monocam-Kamera wird auf Brücken eingesetzt, da sie eine erhöhte Position braucht.
Bild: DPA
Anschließend werden die Bilder von geschulten Polizisten am Computer ausgewertet. Nur wenn das gefertigte Bild deutlich einen Verstoß erkennen lässt, erfolgen Speicherung und Ahndung.
Allerdings gab es bereits frühzeitig Klagen gegen die voll automatisierte Handy-Kontrolle, nachdem in der ersten 46-tägigen Testphase 327 Ablenkungsverstöße festgestellt und somit 327 Bußgeldverfahren eingeleitet worden waren.

Nach Auslösen der Kamera prüft ein erfahrener Polizist, ob sich der Verdacht einer Handynutzung am Steuer erhärten lässt.
Bild: DPA
Die Argumentation der Betroffenen: Das Filmen finde ohne die Einwilligung der Betroffenen, also der Autofahrer, und ohne gesetzliche Grundlage statt. Die Kläger-Seite hatte angeführt, dass es für eine "verdachtsunabhängige Erfassung sämtlich vorbeifahrender Fahrzeuge" keine "spezielle Ermächtigungsgrundlage" gegeben habe. Die anlasslose Erhebung der Daten sei "ein Eingriff in das grundrechtlich geschützte Recht auf informationelle Selbstbestimmung", sagte Verkehrsrechtler Jürgen Verheul, der zwei Autofahrer vertritt.
Der Datenschutzbeauftragte des Landes Rheinland-Pfalz, Dieter Kugelmann, hatte dem Pilotversuch grundsätzlich zugestimmt, aber auch vor möglichen Klagen gegen das Vorgehen der Polizei gewarnt.
In einem ersten Urteil zu den umstrittenen Handy-Blitzern wurden am 3. März 2023 drei Klagen gegen erlassene Bußgeldbescheide vom Amtsgericht Trier abgewiesen. Das Gericht bestätigte, dass es keine Rechtsgrundlage für den Einsatz des neuen Geräts gegeben habe. Die Beweise für unerlaubte Handy-Nutzung am Steuer dürften aber trotzdem verwertet werden. Das Interesse der Allgemeinheit an der Verfolgung und der Sicherheit des Straßenverkehrs wiege schwerer als das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Geblitzten, heißt es zur Begründung. Die Klägerseite kündigte eine Beschwerde beim Oberlandesgericht Koblenz an.
Eine gesetzliche Grundlage ist erst für den weiteren Jahresverlauf 2023 geplant, wenn der Handy-Blitzer nach Auswertung der Testphase in einen flächendeckenden Dauerbetrieb in Rheinland-Pfalz gehen soll. Nach Angaben der Polizei Trier sind dazu zehn Geräte notwendig. Mit der neuen Technik habe man erstmals eine automatisierte Möglichkeit, Handysünder zu erfassen. Und zwar so, dass das Material vor Gericht Bestand habe, sagt Polizeirat Matthias Emmerich: "Jetzt haben wir objektive Beweismittel."

Die Kontrolle auf der A602 bei Kenn (Kreis Trier-Saarburg) wurde mit einem Hinweisschild angekündigt. Gleiches geschah in Mainz.
Bild: DPA
Während für die Polizei in Deutschland bei der Jagd nach Handysündern derzeit noch Fleiß, Kreativität und ein hoher Personalaufwand nötig sind, ist man andernorts schon viel weiter: Im australischen Bundesstaat New South Wales (NSW) war bereits vor Jahren ein bis dato weltweit einzigartiges stationäres Blitzersystem für die Jagd auf Verkehrsteilnehmer mit Smartphone im Einsatz.
Das Hightech-Gerät nutzt zwei Kameras. Eine erfasst von vorne das Kennzeichen, die zweite blickt von oben durch die Windschutzscheibe ins Cockpit. Ausgewertet wird das Material ebenfalls mit künstlicher Intelligenz: Erkennt der Algorithmus ein Vergehen, prüft ein Behördenmitarbeiter die Fotos und verschickt gegebenenfalls einen Strafzettel. Und der könnte happig ausfallen: In Down Under drohen 344 australische Dollar (211 Euro) Strafe, in der Nähe von Schulen sogar 457 Dollar (280 Euro). Zudem gibt es Strafpunkte.
Umfragen zeigen, dass die Einsicht in Sachen "Handy am Steuer" gerade unter jungen Leuten zunehmend sinkt (lesen Sie hier einen Kommentar zum Thema). Eine gefährliche Ignoranz: Denn wer bei Tempo 50 fünf Sekunden lang auf sein Handy schaut, ist fast 70 Meter weit im Blindflug unterwegs.
Als Strafe bei Handynutzung am Steuer drohen 100 Euro und ein Punkt in Flensburg. Bei Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer sind es 150 Euro, bei Sachbeschädigung sogar 200 Euro sowie jeweils zwei Punkte und ein Monat Fahrverbot.
Was viele nicht wissen: Bei eingeschaltetem Motor ist der Griff zum Smartphone sogar in einem stehenden Auto am Straßenrand verboten. "Während des laufenden oder nur mit Start-Stopp-Automatik ausgeschalteten Motors dürfen Fahrzeugführer sämtliche elektronischen Geräte nicht in der Hand halten oder im Fahrzeug verbaute Geräte so lange betrachten oder bedienen, dass es zu längerer Blickzuwendung zum Gerät kommt", weiß Verkehrsrechtsanwalt Uwe Lenhart aus Frankfurt am Main.

Das Tippen auf dem Handy während der Fahrt ist gefährlich, fehlende Konzentration kann Menschenleben kosten.
Bild: DPA
Lenhart rät Autofahrern grundsätzlich bei einer Verkehrskontrolle: "Bewahren Sie Ruhe und bleiben Sie freundlich. Das verkürzt die Prozedur zumeist. Reden Sie so wenig wie möglich und nur so viel wie nötig. Sofern Ihnen ein konkreter Vorwurf gemacht wird, äußern Sie sich nicht zur Sache; oft redet man sich um Kopf und Kragen." Rechtfertige man einen Tempoverstoß mit Eile, räume man vorsätzliches Verhalten ein. Folge sei Verdopplung der Geldbuße.
Und wenn ein Bußgeldbescheid kommt? Lenhart: "Nutzen Sie die Möglichkeit eines Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid. Vielleicht wird das Verfahren vom Gericht eingestellt. Den Einspruch kann man jederzeit zurücknehmen."
Am besten ist es aber zweifellos, es gar nicht erst so weit kommen zu lassen und das Handy während der Fahrt einfach nicht anzufassen.
Mit Material von dpa.
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