Hyundai Kona N Performance Supertest, SUV, Test, Preis
Ein Hochkaräter von Hyundai

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Verrückte Idee: Crossover plus Hyundai i30 N – die Koreaner haben es getan. Das Ergebnis heißt Kona N. Ist das Fronttriebler-SUV ein völlig verkannter Sportkamerad?
Bild: Ronald Sassen / AUTO BILD
Albert Biermann kennen Sie. Er hat einst die BMW-M-Truppe verlassen, um seinen Spieltrieb bei Hyundai auszuleben. Genau der flachsige Westfale, der gleich 2015 bei seinem Einstieg mit dem i30 N einen Volltreffer landete – wofür ihn die Fans feierten. Und genau dieser Mann ist nicht für diesen Kona N verantwortlich!
Wie bitte? Ja, bei diesem Modell hatten ausnahmsweise die koreanischen Entwickler ihre Finger im Spiel, pardon, Spielzeug. Biermann war zwar damals noch Entwicklungschef, doch anscheinend hatte er sich zum Zeitpunkt des Projekts bereits mit der Vorbereitung auf seinen Ruhestand befasst. Biermann war beim Kona N also nicht federführend. Bedeutet das auch weniger Spaß?

Ein Hinterrad ist in jeder Kurve in der Luft. Wenn man es richtig krachen lässt, geht’s auch mal auf zwei Rädern ums Eck.
Bild: Ronald Sassen / AUTO BILD
Genau wegen dieser Frage darf dieses einzigartige Gefährt auch hier und heute zu unserem Supertest antreten. Einzigartig? Richtig, denn es gibt aktuell nichts Vergleichbares, keinen gleich geschnürten Konkurrenten, kein sportliches Crossover-SUV mit Frontantrieb. BMW X2 M35i, VW T-Roc R und Cupra Ateca – alle gleich gesinnt, aber alle mit Allrad.
Warum macht man so was, fragen Sie sich? Ganz einfach, mit dem i30 N war das Volumenmodell platziert, jetzt galt es, weiter am Image zu arbeiten. Und das machen Hersteller gern mit Nischenmodellen. Nun könnte man denken: Die haben das Auto, auf das es nicht so ankommt, der B-Mannschaft zum Entwickeln gegeben. Während Biermann und seine Nachfolger sich nur um die A-Ware kümmern. Wie dem auch sei, 2021 überraschte man Fans und uns mit diesem Kona N.
FAHRZEUGDATEN | HYUNDAI KONA N |
---|---|
Motorbauart | R4 |
Aufladung/Ladedruck | Turbo |
Einbaulage | vorn quer |
Ventile/Nockenwellen | 4 pro Zylinder/2 |
Hubraum | 1998 cm³ |
kW (PS) b. 1/min | 206 (280) /5500-6000 |
Literleistung | 140 PS/l |
Nm b. 1/min | 392/2100-4700 |
Getriebe | Achtgang-Doppelkupplung |
Antriebsart | Vorderrad |
Maße L/B/H | 4215/1800/1565 mm |
Radstand | 2600 mm |
Tank-/Kofferraumvolumen | 50/361-1143 l |
Normverbrauch • CO2 | 8,5 l/100 km • 194 g/km |
Abgasnorm | Euro 6d-ISC-FCM |
Grundpreis | 38.900 € |
Technisch hat er viele Gemeinsamkeiten mit dem i30 N – bis auf die Tatsache, dass er trotz all seiner SUV-Haftigkeit weniger Platz bietet. Stichwort Kofferraumvolumen: 395 zu 361 Liter. Motor und Leistung entsprechen mit dem 280 PS starken Zweiliter-Vierzylinder dem Antrieb des i30 N Performance. Den Kona N gibt es allerdings nur mit Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe. Kein Grund zur Traurigkeit, das Teil funktioniert im i30 N bereits prächtig, macht richtig Laune. Kein Wunder, die Schaltbox wurde noch zusammen mit Biermann entwickelt.
Kona N mit Nasskupplung
Beim sogenannten N-DCT-Getriebe handelt es sich um eine Nasskupplung, bei der zur Kühlung der Kupplungskomponenten Öl verwendet wird. Dadurch entsteht weniger Reibung. Die "nasse" Variante des Getriebes baut kompakt, kann mehr Wärme ableiten und ermöglicht so ein höheres Drehmoment. Der Wechsel in den manuellen Modus ist dann auch wirklich manuelles Schalten, kein Eingriff über Kickdown, harter Begrenzer inklusive.

Die zerklüftete Front dient mehr der Optik denn der Kühlung. Seitliche Flaps? Nur Show!
Bild: Ronald Sassen / AUTO BILD
Drei verschiedene Schaltprogramme verändern die Charakteristik des Getriebes: N Power Shift (NPS) prügelt die Fahrstufen beim Hochschalten spürbarer rein, ohne das beim Gangwechsel sonst übliche plötzliche Absenken des Drehmoments. N Track Sense Shift (NTS) soll auf der Rennstrecke alles aus dem Doppelkupplungsgetriebe herausholen. N Grin Shift schaltet per rotem Drücker am Lenkrad für 20 Sekunden alles scharf, was scharf macht. Probieren wir alles gleich aus, keine Sorge.
Was gibt es noch in Sachen Technik? Im Vergleich zu einem Kona von der Stange wurde der N mit zusätzlichen Schweißpunkten und einem verstärkten Rahmen versehen. Dazu dickere Schürzen, fette Auspuffrohre, 360er-Bremsen und Adaptivfahrwerk vom i30N. Dazu 19 Zoll mit speziellen Pirellis in 235/40.
Lenkradtasten der Dreh- und Angelpunkt
Steigen wir ein. Klar, in einen Schalensitz runterrutschen ist das nicht. Hochsteigen aber auch nicht. Sagen wir es so, man fühlt sich weit vom eigentlichen Geschehen entfernt. Mal schauen, ob das später Performance kostet. Das Volant liegt gut zur Hand, die Schaltpaddel sind schön griffig, auch der Schalthebel ist kein Langweiler, lädt zum manuellen Reißen ein.

Bis auf wenige Kleinigkeiten entspricht das Cockpit dem des i30 N. Der Kona hat aber schon digitale anstatt analoger Instrumente.
Bild: Ronald Sassen / AUTO BILD
Wie der flache Kompakte spielt die Hochbauvariante mit animierten Displays und diversen Einstellmöglichkeiten. Dreh- und Angelpunkt sind dabei drei Lenkradtasten: Eine schaltet den schon besprochenen Overboost (NGS) scharf, die beiden anderen aktivieren individualisierte Setups. Und hier sollten Sie sich Zeit nehmen. Sperre, Dämpfer, Schaltlogik, Lenkkraft und ESP lassen extrem viele Variationen zu, die Auswirkungen können gravierend sein. Lieber mal ab und zu im Handbuch nachlesen, Kapitel sechs, ab Seite 38.
Links neben dem Getriebehebel ein Drehrädchen "Drive-Traction". Sand, Matsch, Schnee, Tiefschnee? Wollten die Koreaner etwa doch einen Allrad einbauen und haben vergessen, den Schalter wieder rauszunehmen? Nein, aber der Knubbel ist ernst gemeint, soll per Elektronik Schlupf und Sperrwirkung der Vorderachse regulieren. Als ob man überhaupt mit den Pirelli-Schlappen durch Sand und Matsch kommt.
Alltag kann der Hyundai
Womit wir schon beim Fahren wären. Alltag kann er! Im Normal-Modus klingt der Kona N fast so zahm wie einer seiner Brüder mit 1,6-Liter-Motor. Auch die Automatik kann entspannt und relaxt agieren. Nur beim Fahrwerk klappt das nicht mit dem Komfort. Wie beim i30N sind die Abstimmungen der Dämpfer und Federn viel zu sportlich ausgelegt.
MESSWERTE | HYUNDAI KONA N |
---|---|
Beschleunigung | |
0-50 km/h | 2,3 s |
0-80 km/h | 4,0 s |
0-100 km/h | 5,4 s |
0-130 km/h | 8,2 s |
0-160 km/h | 12,4 s |
0-180 km/h | 16,2 s |
0-200 km/h | 20,1 s |
0-402,34 m (Viertelmeile) | 13,61 s |
Elastizität | |
60-100 km/h im 4./5. Gang | 4,2/5,9 s |
80-120 km/h im 5./6. Gang | 5,4/6,8 s |
80-120 km/h im 7./8. Gang | 9,9 s/nicht messbar |
Bremsweg | |
100-0 km/h kalt (m/s²) | 34,8 m (11,1 m/s²) |
100-0 km/h warm (m/s²) | 33,0 m (11,7 m/s²) |
200-0 km/h warm (m/s²) | 137,4 m (11,2 m/s²) |
Testverbrauch | |
Ø auf 100 km | 9,7 l Super Plus |
Reichweite | 520 km |
Gewichte | |
Leergewicht/Zuladung | 1512/498 kg |
Balance Vorderachse/Hinterachse | 63/37 % |
Leistungsgewicht | 5,5 kg/PS |
Höchstgeschwindigkeit (lt. Hersteller) | 240 km/h |
Normal heißt hier Komfort, was bei einem BMW M4 locker als Sport Plus durchgehen würde. Was im Kona die schärfste Fahrwerksstufe bedeutet, können Sie sich ausmalen. Audi (SQ2), BMW (X2 M35i) und VW (T-Roc R) bekommen den Alltag dann doch ein wenig eleganter hin.
Auch die spürbar zerrende Hyundai-Lenkung infolge der starken Sperrwirkung ist teilweise zu heftig. Die steifere Vorderachse mit 1,7 Grad negativem Sturz trägt sicher auch ihren Teil dazu bei. Vielleicht mögen das die Track-Boys, aber für Laien ist das mitunter zu viel des Guten. Vielleicht wollten die Koreaner auch einfach alles auf die Rennstreckenkarte setzen. Checken wir gleich! Der Verbrauch indes stellt keinen Grund zur Kaufentsagung dar. Mit knapp über neun Litern ist man schon flott unterwegs; zwölf Liter oder mehr verbrennt man allenfalls im Dauerrausch.
Zeit für Vollgas
Auf dem DEKRA-Testoval spielt der Verbrauch keine Rolle, hier zählt nur Vollgas. Was geht in Sachen Längsdynamik? Den Kona N scharf machen geht wie? N-Mode, DSC off, über das Display in den Custom Mode, dann auf Performance-Optionen, Launch Control, Lenkrad exakt gerade, Getriebe auf D, Gas ohne zu zögern schnell und voll durchdrücken – und los.
Die Elektronik regelt gut, aber nicht perfekt. Das merkt man daran, dass wir die 5,5 Sekunden auf 100 auch ohne Launch-Start hinbekommen. Der Zweiliter-Turbo verbeißt sich beim Sprint recht aufbrausend in der rechten Sohle, zerrt zünftig die Drehzahlen entlang und jodelt ganz munter auf die Sechstausender zu. Allenfalls ganz oben, wenn er sich in seine Drehzahlreserve streckt, merkt (und hört) man dem Turbo an, dass er um Füllung schon ganz schön kämpfen muss.

Der Zweiliter-Turbo ist im Prinzip noch genau der Motor, mit dem der i30 N im Jahr 2017 debütierte. Kleiner Lader, untenrum putzmunter, oben etwas zäh.
Bild: Ronald Sassen / AUTO BILD
Das ist leider etwas typisch für die koreanischen Zweiliter-Turbos. Der Lader scheint nicht der allergrößte zu sein. Das merkt man im positiven Sinne zum Beispiel am extrem flinken Ansprechverhalten untenherum; man merkt es aber auch im negativen Sinne am eher zähen Ausdrehen.
Ab Tempo 160 denkt man zudem, dass der Hochbau etwas bremst. Doch die Zahlen sagen etwas anderes. Auf 200 km/h ist der Hyundai i30 N Performance mit N-DCT-Getriebe nur eine Zehntel schneller. Auch die Bremse fühlt sich genauso an wie im i30. Das ist aber leider kein Pluspunkt, denn hier wie da fallen die gut dimensionierten Stopper immer wieder mit schlechten Bremswegen auf.
Dosierbarkeit und Ausdauer gehen noch in Ordnung, doch ABS und Reifen wollen nicht immer perfekt zusammenarbeiten. Beim Kona N scheint es aber einen Tick besser zu funktionieren als beim i30 N. Wahrscheinlich liegt es auch am Reifen, der mit seinem höheren Querschnitt den Pneu besser arbeiten lässt. Die 33 Meter (warm) aus Tempo 100 gehen auf jeden Fall in Ordnung.
Was geht auf dem Sachsenring?
Ab auf den Sachsenring, dahin, wo er augenscheinlich gar nicht hingehört. Oder doch? Die Koreaner haben ihn angeblich genau darauf gepolt. Also scharf machen, N Mode, alles auf Sport Plus. Schon beim Einrollen wird klar, auch hier wirkt er in sich zu straff, definiert und vonseiten der Radführung ausgesprochen steif.
Wie man aus internen Quellen hört, wurde die Vorderachse vom koreanischen Team penibelst auf spontanes Einlenken und viel Grip abgestimmt. Die Hinterachse wurde dagegen bewusst etwas zu steif ausgeführt, was zusammen mit der frontlastigen Gewichtsverteilung (63 Prozent vorn) eine Hebelwirkung provozieren soll, die das Heck quasi nahtlos dem Kurvenverlauf hinterherdreht.

Nicht ganz so scheppernd und rauchig wie beim i30 N, dennoch ist der Sound in Sport Plus alles andere als langweilig.
Bild: Ronald Sassen / AUTO BILD
Funktioniert genau so? Erst mit dem Wechsel des Fahrwerks von Sport Plus auf Normal. Das gibt’s doch gar nicht, man traut seinem Popometer nicht. Dieses Ding feiert jede Ecke am Ring. Der Kona saugt sich entschlossen in Kurven hinein, wedelt ihnen unverblümt um den Scheitel, ehe er sich mit seiner gesperrten Vorderachse entschlossen wieder auf die Geraden zerrt. Überraschend im Vergleich zum i30 N (Vorfacelift): das Ganze ohne Traktionsverluste.
Die Pirellis mit höherer Flanke scheinen deutlich besser ihr Können auf den Asphalt zu stempeln als die flacheren Gummis am i30. Im Vergleich zum flachen Kompakten ist der Kona untypischerweise in den schnellen Kurven immer einen Tick flotter, der höhere Schwerpunkt tut gar nicht weh.
Den Hot Hatch musste man stets ein wenig anstupsen, damit er die Kurven aus der Hüfte nimmt. Nicht so beim Kona N. Der scheint das Rund schon beim Einlenken zu riechen, braucht keine Aufforderung, keinen Stupser, sondern einfach nur jemanden, der ihn entschlossen der Fliehkraft entgegenschmeißt.
Egal ob Spitzkehre, Wechselkurve oder Dauerbiegung – dieses außergewöhnliche Hot-SUV ist so gut wie immer am Hüfteln, fetzt mit gehobenem Beinchen über Curbs und schubbert sich etwaiges Untersteuern selbst dann noch aus dem Rückgrat, wenn man seine Vorderachse mit Drehmoment malträtiert. Nein, wir reden nicht vom Mégane R.S., wir sitzen immer noch in diesem hochgebockten Etwas.
Das Getriebe flippert sauschnell durch die Ritzel, hoch wie runter. Ein gelb-rot blinkender Drehzahlmesser macht das Spiel noch lustiger. Grin Shift hin oder her, jede Runde grinst man mehr. Macht zusammen drei Zehntel schneller als der i30 N Fastback von 2019.
Preisfrage? Ein i30 N Automatik kostet 40.650 Euro. Der Kona N? 1750 Euro billiger, mindestens genauso schnell. Der kleinere Kofferraum, egal. Damit auf Rennstrecken die Großen zu ärgern, das ist es, was diesen Kona N ausmacht.
Fazit
Ein Sportscar ist dieser Kona N nicht. Zumindest optisch. Doch wenn dieses Fronttriebler- SUV seinen Kollegen i30 N in Sachen Fahrspaß und Rundenzeit überholt, dann können wir uns nur vor ihm verneigen.
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