Lange Strecken mit dem Elektroauto? Für viele noch undenkbar, denn noch immer fährt die Angst um die Reichweite und den Ladestopp mit. Zwar sollen immer bessere Schnelladesysteme und 800-Volt-Technik das Aufladeproblem lösen, bis die Techniken aber flächendeckend erhältlich sind, wird es wohl noch dauern. Das Wasserstoffauto könnte hier Abhilfe schaffen. Es fährt lokal emissionsfrei, kann nachgetankt werden und scheidet am Ende lediglich Wasserdampf aus. Aber wie verhält sich bei der Brennstoffzelle die vom Auto angezeigte Reichweite zur tatsächlichen? AUTO BILD hat den Langstreckentest in einem Hyundai Nexo gemacht.

Hyundai Nexo mit 666 km Reichweite

Keine Angst um Reichweite
Auf langen Strecken macht der Nexo eine gute Figur. Die Reichweitenangabe ist zuverlässig.
Der Hyundai Nexo wurde 2018 präsentiert und ist das zweite Wasserstoffauto der Koreaner. Zeitgleich ist er das erste von Grund auf für diese Antriebsart konstruierte Fahrzeug bei Hyundai. Sein Vorgänger ix35 Fuel Cell wurde noch mit Verbrennungsmotor konzipiert und nachträglich umgerüstet. Die drei Hochdruck-Tanks des Nexo beherbergen bis zu 6,33 kg gasförmigen Wasserstoff, der mit einem Druck von 700 Bar gespeichert wird. Laut Werksangabe soll mit vollen Tanks eine Reichweite von bis zu 666 Kilometern nach WLTP möglich sein.

Nexo ließ sich nicht voll tanken

Soweit die Theorie: In der Praxis war es keinem in der Redaktion möglich, den Hyundai vollständig aufzufüllen. Bei circa 85 Prozent war Schluss (531 km Reichweite). Für dieses Ergebnis mussten wir insgesamt dreimal tanken, da die Zapfsäule jedes Mal zu früh abgeschaltet hat. Ärgerlich! Ob das jetzt am Nexo lag, oder an der Zapfsäule lässt sich aber nicht eindeutig feststellen.

Lange Strecken sind kein Problem

Trotzdem: Angst um die Reichweite muss man nicht haben. Zwar können kurze Spurts auf der Autobahn bei 150 km/h kurzzeitig zu einer ordentlichen Kilometereinbuße führen, doch sobald man den Gasfuß entspannt, regeneriert sich der Zähler wieder. Die Verbrauchskalkulation arbeitet äußerst zuverlässig. Bei einer 304 Kilometer weiten Strecke verfuhren wir laut Anzeige im Display gerade einmal 294 Kilometer an kalkulierter Reichweite. Der Durchschnittsverbrauch lag dabei laut Bordcomputer bei 1,2 kg/100 km. Dadurch, dass der Nexo sich nicht vergleichbar befüllen ließ, verzichtet AUTO BILD auf die Angabe eines Testverbrauchs. Ähnliche Strecken lieferten aber ein vergleichbares Ergebnis.

Aktuell noch loses Tankstellennetz

Keine Angst um Reichweite
Mit einer Tankfüllung soll der Nexo bis zu 666 km weit kommen. Im Test ließ sich das Auto aber nicht volltanken.
Das Tankstellennetz ist zwar aktuell noch nicht besonders dicht, im Umkreis von 100 bis 200 Kilometer sollte sich aber von jedem Standort in Deutschland eine finden lassen. Ein Problem bekommt man nur, wenn einer der raren Zapfpunkte wie bei Redakteur Peter Fischer defekt ist. Als er es an einer der vier Wasserstofftankstellen im Hamburger Stadtgebiet versuchte, war die erste angefahrene Säule defekt, die zweite in der Hamburger Hafencity funktionierte dagegen. In Großstädten wie Hamburg ist eine defekte Anlaufstation also nicht so schlimm, in Gegenden mit deutlich kleinerer Tankstellendichte könnten Wasserstoff-Fahrer auf Durchreise aber Probleme bekommen. Das Tankstellennetz soll aber dichter werden. Betreiber "H2 Mobility" plant bis Ende des Jahres 2020 100 Tankstellen im Bundesgebiet in Betrieb zu haben.

Fazit: Keine Angst auf langen Strecken

Wasserstoffautos sind E-Autos zum nachtanken. Das Gefühl, seinen eigenen Strom zu erzeugen, ist etwas ganz besonderes, das Nachtanken gibt einem die gewohnte Sicherheit was die Reichweite angeht. Unser Test-Nexo hat stets eine korrekte Einordnung der verbleibenden Fahrstrecke gegeben, zu keinem Zeitpunkt kamen Zweifel gegenüber den angezeigten Werten auf. Wichtig ist aber eine garantierte Verfügbarkeit von Wasserstoff an den wenigen Tankstellen in Deutschland. So lange die nicht flächendeckend gegeben ist, ist ein Fahrzeug mit Brennstoffzelle nur für einen kleinen Teil der Bevölkerung etwas. Diese Situation sollte sich aber mit dem Ausbau des Tankstellennetzes in Deutschland Stück für Stück zum positiven Ändern. Das E-Auto verdrängen wird das Antriebskonzept aber mit Sicherheit nicht.