Der Name war geschickt gewählt. Estate: Das klang nach weiten Ländereien und nach Gutsbesitzer- Herrlichkeit. Dumm nur, dass der so getaufte Kombi aus dem Hause Jaguar kein Lord war, sondern bloß ein Ford. Technisch steckte dem XType der Mondeo in den Knochen. Der Auto-Adel mied ihn wegen seiner bürgerlichen Herkunft – und nach nicht einmal fünf Jahren jagten sie ihn 2009 vom Hof. Jetzt, eine Klasse höher, der zweite Anlauf. Sportbrake heißt der neue Luxus-Laster. Das klingt so, wie Jaguar sich heute sieht: dynamisch, britisch, cool. So war die Marke übrigens auch mal – bevor der Pfeifenqualm der Tweed-Fraktion alles in Nebel hüllte. Nachdem die indischen Eigentümer dem springenden Kater den Staub vom Fell gebürstet haben, pirscht er nicht länger auf graumelierte Blaublüter, sondern macht Jagd auf betuchte Business-Kunden, die sonst womöglich BMW fahren würden. Wenn ein 5er nur nicht so gewöhnlich wäre...

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Video: Jaguar XF Sportbrake vs. BMW 530d Touring

Edel-Kombis im Vergleich

Aus vorausgegangenen Tests wissen wir: Der Bayer steht vergleichsweise an jeder Ecke, aber er ist ungewöhnlich gut. Ob sich der Jaguar da stumpfe Krallen holt? Bei einem wichtigen Kombi-Thema schon mal nicht. Steil wie die Fassade von Westminster Abbey gestalteten die Jaguar-Architekten das Heck. Dadurch ging zwar die katzenhaftgeduckte Optik flöten. Aber der XF entzieht sich so dem Vorwurf, nur ein versnobter Golftaschen-Transporter zu sein. Sein Stauvolumen liegt auf BMW-Niveau, die Funktionalität leider nur fast. Während beim 5er das Laderaumrollo elektrisch vor- und zurückschnappt, ist beim XF Handarbeit gefragt. Und eine separat öffnende Heckscheibe, praktisch etwa beim Beladen eines zugeparkten Autos, bietet nur der BMW. Beide Kandidaten verbindet in der ersten Reihe die intime Raumknappheit des Sitzgefühls. Der 5er ist, ohne dass seine Karosserie äußerlich ausladender wäre, innen zwar satte viereinhalb Zentimeter breiter. Fahrer und Sozius rücken sich also nicht ganz so dicht auf die Pelle wie im Jaguar. Aber auch im 5er fädeln sie in körpernah geschnittene Nischen zwischen Tür und hohem Mitteltunnel ein.

Überblick: Alle News und Tests zum BMW 5er

BMW 5er Touring
Sportlich oder komfortabel: Der 5er Touring trifft mit verstellbaren Dämpfern stets den richtigen Ton.
Während BMW-Piloten die Vielzahl an Extras dank einer leicht verständlichen Bedienlogik virtuos im Griff behalten, setzt der Jaguar auf effektheischende Theatralik. Das Cockpit schimmert bei Nacht in coolem Eisblau, der Startknopf pulsiert vorm Drücken rot wie der Ruhepuls einer schlafenden Raubkatze, und die Luftdüsen entblättern sich wie die Knospen der Maiglöckchen, wenn der Frühling einzieht. Großes Kino, doch die Bedienung krankt am ablenkungsintensiven Berührungsbildschirm. Beim Fahrkomfort haben die Briten ihren Irrweg korrigiert. Nach Kritik an der zu straffen Abstimmung, bei der der samtpfötige Markencharakter auf der Strecke blieb, haben sie beim XF die Sport-Schraube wieder gelockert und zu alten Tugenden zurückgefunden. Selbst mit 20-Zoll-Rädern federt der Jag bemerkenswert bekömmlich. Die serienmäßige Luftfederung an der Hinterachse, primär als Niveauregulierung gedacht, spielt ihm dabei in die Hände. Ganz an den 5er reicht der Brite aber nicht heran. Dieser trifft mit verstellbaren Dämpfern stets den richtigen Ton zwischen knackig und konziliant. Selbst im Sport-Modus wirkt er nicht ungebührlich hart.

Ausgeprägte Mühelosigkeit prägt das Fahrerlebnis. Die Lenkung gefällt vor allem beim BMW mit ihrer Ausgewogenheit, beim Jaguar lässt sie sich zu sehr von Fahrbahnschäden irritieren. Angesichts von Drehmomenten über 550 Nm verlieren selbst Leergewichte jenseits von zwei Tonnen ihren Schrecken. Der Jaguar-V6 läuft wie in Watte gepackt und knurrt noch weniger als der Reihenmotor im BMW. Sein Leistungsplus zehren jedoch die 20 Zusatz- Kilos auf. Hier wie dort portioniert die Kraft eine Achtstufenautomatik – sie stammt zwar vom deutschen Zulieferer ZF, agiert aber wie ein britischer Butler: Sie hat jeden Wunsch ihres Gebieters erfüllt, noch bevor er ihn denkt. Ein bisschen Gutsbesitzer-Herrlichkeit fährt also doch noch mit. Und bei Preisen deutlich über 50.000 Euro schadet es auch nicht, wenn der Kunde von Adel ist. Nur verarmt darf er nicht sein. Mehr zum BMW Tuning.

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Der 5er Touring lässt sich nicht verladen. Allerdings hat er seine Nieren-Nase in vielen Testkriterien nur knapp vorn. Ein Punkt hier und einer da – so springt zum Schluss dann aber doch ein satter Vorsprung für ihn raus. Das macht den Jaguar indes nicht zum Verlierer. Der XF fährt vielmehr als ehrenvoller Zweiter vom Platz. Die Briten haben einen kompetenten Kombi gebaut, beim Komfort nachgebessert und einen hohen Reifegrad in Sachen Qualität erreicht. So wird der Sportbrake auch für einen deutschen Platzhirsch zum potenten Nebenbuhler.