Gaffer-Alarm! Bei einem schweren Unfall auf der A8 nahe Pforzheim zücken in einer Stunde 100 Autofahrer ihr Smartphone und filmen im Vorbeifahren. Die Polizei schreibt Knöllchen. Am selben Tag in Landshut: Eine Fußgängerin stirbt bei einem Lkw-Unfall, der Sprecher der Landshuter Polizei macht in einer ausführlichen Mitteilung seinem Ärger Luft: "Man stelle sich vor, da kommen Verkehrsteilnehmer, die sich durch die Absperrung drängen wollen und sich auf entsprechende Ansage absolut danebenbenehmen. Das stellt ein äußerst pietätloses Verhalten dar."

Beschuldigter stellte sich gleich nach Veröffentlichung

Jetzt schießt die Polizei zurück!
In Wiesbaden filmten Gaffer die Unfallopfer nach einem Busunglück mit einem Toten und 23 Verletzten. 
Einsatzkräfte stellen sich immer offensiver gegen Gaffer – und drehen den Spieß einfach um, so wie die hessische Polizei. Sie suchte im Januar 2020 erstmalig per Fahndungsfoto nach einem Handyfilmer. Dieser hatte in Wiesbaden Unfallopfer nach einem Busunglück mit einem Toten und 23 Verletzten (Foto links) gefilmt und auf "entwürdigende Weise" im Netz zur Schau gestellt. Kaum waren die Fotos der Überwachungskamera veröffentlicht, stellte sich der Beschuldigte. Da die Fahndung eine breite Öffentlichkeit erreichte und großes Interesse weckte, dürfte der präventive Effekt nicht unerheblich gewesen sein. Auch die Reaktionen auf den Social-Media-Kanälen des Polizeipräsidiums waren überwiegend positiv.

Super-Kamera und Drohnen jagen Sünder

Die Pforzheimer Polizei setzt jetzt auf der A8 einen rund 180.000 Euro teuren, aufgerüsteten Sprinter mit Kamera ein. Die ist bis zu vier Meter ausfahrbar und soll Trucker bei "fahrerfremden Tätigkeiten" ertappen – Lesen oder Kaffeekochen. Bundesweit einmalig sind die Drohnen an Bord, die Unfallstellen dokumentieren, aber auch die Einhaltung von Rettungsgassen kontrollieren können. Auch Gaffer sollen so erfasst und ermittelt werden.

Bis zu zwei Jahre Gefängnis drohen

Höhere Strafen für Autofahrer, die keine Rettungsgasse bilden, Helfer behindern oder unerlaubt durch die Gasse fahren, wurden gerade vom Bundesrat auf den Weg gebracht. Neben bis zu 320 Euro Bußgeld, einem Monat Fahrverbot und zwei Punkten in Flensburg sind Freiheitsstrafen möglich.  Noch steht aber die Änderung des Paragrafen 201a Strafgesetzbuch aus. Während für eine Bildaufnahme, die "die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellt", eine Geldstrafe oder bis zu zwei Jahre Gefängnis drohen, fordert ein Gesetzesentwurf dies auch für Aufnahmen von Verstorbenen. Die Umsetzung soll noch in dieser Legislaturperiode erfolgen.

Von

Sabine Franz