Wie beim Flugzeugstart: Wenn der 30 Tonnen schwere Truppentransporter Boxer beschleunigt, dröhnt der 720-PS-V8-Diesel wie ein Triebwerk beim Take-off. Alles vibriert. Im ganzen Körper spürt man den Antrieb. Der Pulsschlag geht hoch, die Tachoanzeige erreicht die 80-km/h-Marke. Dann wird abgeriegelt. Per Knopfdruck wären noch 20 km/h mehr drin. Der kühlschrankgroße Lüfterschacht rechts hinterm Fahrersitz läuft auf vollen Touren. Durch den kleinen Sehschlitz zeichnen sich versetzte Huckel auf der Teststrecke ab. Der Boxer prescht auf die Hindernisse zu wie ein Football-Spieler, der die gegnerische Mauer sprengen will. Gewöhnliche Autos würde es die Achse zerreißen, Geländewagen müssten auf Schrittgeschwindigkeit runtergehen. Nicht der Boxer. Mit durchgedrücktem Pedal donnert das Biest über die Barrieren als wären es Spurrillen. Die Einzelradaufhängung (8x8) machts möglich. Während der Boxer die Unebenheiten regelrecht verschlingt, knallt es im Inneren wie beim Dauerfeuer aus einem Maschinengewehr. Ein kleiner Vorgeschmack auf das, was Soldaten im Einsatz durchmachen müssen, wenn außerhalb der geschützten Boxer-Wände die Hölle losbricht.
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Video: VW Sharan vs. KMW Boxer

Truppentransporter gegen Familien-Van

Trotz hoher Adrenalinausschüttung, fühle ich mich im Boxer behütet. Nachvollziehbar, wenn das Rüstungsunternehmen Krauss-Maffei Wegmann (KMW) ihren Truppentransporter als das "wahre Mutterschiff für Soldaten" bezeichnet. Allerdings ist das Interieur weit von Muttis guter Stube entfernt. Verkleidungen oder Blenden — Fehlanzeige. Alles ist auf die Funktion reduziert: Kabel verlaufen gebündelt über nacktes Metall, können und sollen schnell erreicht werden. Tasten sind so groß und grobschlächtig, dass man sie auch mit Handschuhen bedienen kann. Statt Getränkehalter gibt es Vorrichtungen für Gewehre, Pistolen und Raketenwerfer. Außerdem: Netze für die Kevlar-Helme.

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GTK Boxer Truppentransporter
Der "komfortable" Ausstieg über die Fahrerkabine ist eine Ausnahme. Im Regelfall geht's nur mit akrobatischen Übungen raus.
Als Fahrer sitzt man in einem hochwertigen Sportsitz mit ausgezeichnetem Seitenhalt. Hinter der Fahrerkabine finden Kommandant, Waffenbediener und sieben weitere Soldaten Platz. Wobei Platz relativ ist. Vollbesetzt geht es auf Kuschelkurs, Schulter an Schulter, Knie an Knie. Mit dem Kommandanten kann der Fahrer nur über Kopfhörer und Mikrofon kommunizieren. Ansonsten ist man vorne auf sich alleine gestellt. Wird die Fahrerluke mit den kleinen Scheiben im Ernstfall geschlossen, sitzt man in einem engen Schacht wie Häschen in der Grube. Das Rotlicht spendet etwas Helligkeit. Auf Augenhöhe sind drei schmale Spiegel, die Front-, Seiten- und Heckausblick ermöglichen. Das Fahren wird dann zur reinen Kunst. Bäume und Büsche verzerren sich mit zunehmender Geschwindigkeit zu grünen und braunen Streifen. Es ist, als wolle man einen verdunkelten Lkw allein über drei Rasierspiegel auf der Autobahn steuern. Fahrertüren oder ähnliches gibt es nicht. Der Ausstieg über die Fahrerluke ist nicht immer möglich. Der Weg nach draußen und drinnen führt über die Rücksitzlehne: Plump und ungeschickt hangele ich mich über zwei Griffe an der Decke raus, verlasse das Mutterschiff schließlich über die hydraulische Heckluke.
Unmöglicher Vergleich: Wie der Boxer im Transporter-Duell mit dem VW Sharan abschneidet, lesen Sie in AUTO BILD 23/2012. Der vollständige Artikel ist ab sofort im unserem Online-Artikelarchiv erhältlich. Hier können Sie das Original-Heft-Layout als PDF-Dokument downloaden.