Kein abgespecktes Minimalmobil

Die Autohersteller wollen den Markt künftig von unten aufrollen. In ihren Entwicklungszentren reifen eine Reihe preiswerter Kleinwagen für unter 10.000 Euro. Sie sollen auf den weitgehend gesättigten Heimatmärkten neue Zielgruppen erschließen und damit neue Absatzchancen eröffnen sowie zugleich den Weg ebnen in die Schwellenländer Asiens, Südamerikas und Osteuropas.

Das größte Engagement legen dabei zurzeit die französischen Hersteller an den Tag. Denn sowohl Renault als auch die im PSA-Konzern vereinten Marken Peugeot und Citroën planen für die kommenden Jahre entsprechende Baureihen. So hat der PSA-Konzern mit Toyota ein Joint-Venture gegründet, das in einem neuen Werk in Kollin in Tschechien von 2005 an einen neuen Kleinwagen unterhalb von Toyota Yaris, Citroën C2 und Peugeot 107 auf die Räder stellen will.

Geplant sind rund 300.000 Fahrzeuge pro Jahr, die mit weitgehend identischer Technik, aber unterschiedlichem Design über die drei Marken vertrieben werden sollen. Dabei soll das künftige Einstiegsmodell der drei Marken kein abgespecktes Minimalmobil, sondern ein vollwertiges Auto sein, das auch in Frankreich und Deutschland vertrieben wird.

Organspenden aus Paris

Renault dagegen beschränkt sich bei den Planungen für ein neues Einstiegsmodell auf den osteuropäischen Markt. Für diese Schwellenländer soll bereits im kommenden Jahr bei der neuen Tochter Dacia in Rumänien ein 5000-Euro-Fahrzeug vom Band laufen. Dieses noch als Projekt "X90" geführte Kompaktmodell entsteht auf einer neuen Plattform, die auch den nächsten Clio tragen wird. Dazu gibt es Motoren und Getriebe von Renault und dem Partner Nissan. Wie ernst es den Franzosen damit ist, haben sie mit dem bereits vorgestellten Dacia Solenza bewiesen. Denn auch dieses neue Modell im Format des Renault Mégane verfügt über zahlreiche technische "Organspenden" aus Paris.

Aber nicht nur die Franzosen setzen auf neue Kleinwagen. Auch in Deutschland findet man an diesen Ideen offenbar Gefallen. So denken die Verantwortlichen bei VW derzeit darüber nach, den ursprünglich nur für Asien und Südamerika geplanten Tupi als preiswerten Winzling unterhalb des Polo in Europa anzubieten.

Der Kleinwagen, der demnächst in Brasilien den ebenfalls von VW produzierten Marktführer Gol beerben soll, könnte in einer aufgewerteten Version mit modernen Motoren und erweiterter Komfort- und Sicherheitsausstattung auch in Deutschland neue Kundenkreise erschließen.

Smart als Volks-Wagen für Brasilien

Doch der Weg der minimalen Mobilität funktioniert auch in umgekehrter Richtung. Denn während aufgewertete Kleinwagen aus Niedriglohnländern den westeuropäischen Markt in Bewegung bringen sollen, werden abgespeckte Fahrzeuge mit europäischem Know-how derzeit auf ihren Einsatz in anderen Kontinenten vorbereitet. So rollt der wegen seines flexiblen Innenraums gelobte Minivan Opel Meriva als preiswerter Chevrolet mit konventioneller Rückbank, einfacher Antriebstechnik und minimaler Komfortausstattung durch Südamerika.

Auch den zum September avisierten Smart-Viersitzer forfour soll es nicht nur als trendigen Lifestyle-Kleinwagen für Europäer geben, sondern auch als preisgünstigen "Volks-Wagen" für Brasilianer, Argentinier oder Chilenen. Deshalb wird eine Fertigung jenseits des Atlantiks aufgebaut.

Dass dieser Transfer durchaus Erfolg verspricht, beweist nicht zuletzt der legendäre VW Käfer. Denn auch als die Produktion in Deutschland schon lange gestoppt wurde, lief der Millionenseller in Mexiko vom Band. Und läuft. Und läuft. Und ...