Das Ypsilon-Szenario: Ein Kleiner soll es sein. Maximal 20000 Euro wären drin, besser weniger. Aber ohne den klassenüblichen Gut-&-billig-Charakter, ein bisschen was Feineres. Schicker, zugegeben auch prestigeträchtiger als die gängigen Toyosukis. Gut ausgestattet müsste er daherkommen, überhaupt ohne Armutsverdacht. Sicher, der Fiat 500 wäre so die Kragenweite, doch der ist zu eng, zu unpraktisch. Zumindest sollte der Hüpfer Fondtüren aufweisen, schon um leichter die Brut auf dem Rücksitz oder im Kindersitz bändigen zu können. Sie verstehen: ein praktischer Kleinwagen von der etwas edleren Sorte. Aber woher nehmen?

Überblick: Alle News und Tests zum Lancia Ypsilon

Lancia Ypsilon
Hübsch: Dem Lancia Ypsilon sieht man nicht an, dass unterm Blech ein Panda steckt.
Auftritt Lancia Ypsilon, vierte Generation, der Edelfünftürer im Taschenformat. So, wie hier zu sehen, in der Deluxe-Variante namens Platinum, besitzt der 3,84-Meter-Zwerg sogar Lederbezüge, MP3-fähiges CD-Radio und Klimaautomatik. Serienmäßig. Sieht auch nett aus, vor allem von vorn betrachtet mit dem Lancia-Grill in Form eines ritterlichen Schilds. Hinten ist er üppig verglast, orientiert sich am größeren Delta, was, ehrlich gesagt, nicht nötig gewesen wäre. Dennoch: Könnte passen, obgleich nur ein Fiat Panda unter dem Blech steckt (wenn auch der neue). Und vorn nur zwei Zylinder schuften – der aus dem 500er bekannte TwinAir-Benziner mit 85 PS. Aber es bleiben Zweifel: Soll es wirklich ein Lancia sein? Der Ypsilon steht ja nicht allein in seiner Nische. Ein Mini One Clubman, auch nicht übel. Er verfügt zwar nur über eine einzige Fondtür, dafür aber über vier Zylinder und sogar 98 PS.

Überblick: Alle News und Tests zum Citroën C3

Citroën C3
Originell, praktisch, relativ preisgünstig: Der Citroën C3 liefert gute Kauf-Argumente.
Oder eventuell der Citroën C3, der originelle Franzose mit der bananenkrummen Gürtellinie. Sicher, der dreitürige DS3 wäre schicker, aber ein C3 ist ja auch (fast) ein DS3, nur praktischer. In der mittleren "Tendance"-Ausstattung mit 95 PS kommt er sogar günstiger als der Lancia. Die Probe aufs Exempel: Auch innen macht der kleine Lancia was her. Originelle, gut ablesbare Zentralinstrumente, ein Hauch von Noblesse, selbst wenn bei näherem Hinsehen klar wird, dass gespart werden musste. Er ist schmal und hoch, die kurze Sitzfläche auf dem Fahrerplatz fühlt sich an wie ein Fußball. Die Kunst, bequeme Sitze zu bauen, muss Lancia/Fiat noch lernen, das zeigt sich auch im Fond: Hier hockt es sich wie auf einer Hühnerstange – schmale Sitzfläche, steile Lehne, der Kopf stößt an die Decke. Sicher, ein bis zwei Kinder passen rein, das kann ja schon reichen. Starten, unter dem Häubchen poltert und vibriert es. Es ist der Sound der zwei Zylinder, der beim Hochdrehen in ein munteres Schnarren übergeht. Lustig, Erinnerungen an den alten 500 werden wach.
Entfernt gilt das auch für die Kraftentfaltung: Beim Gasgeben surft der 900-Kubik-Turbo nicht auf einer Drehmomentwelle, stattdessen herrscht Permaflaute. Und bei knapp über 5500 Touren dreht die Elektronik abrupt den Hahn ab. Doch die Werte zeigen: So lahm ist der Kleine nicht. Seine Heimat ist die Stadt, da fühlt er sich wie die Sprotte im Wasser. Ein paar Tricks hat er auch auf Lager: Drücke den "City"-Knopf, und die Lenkkräfte gehen gegen Null. Drücke "Eco", und zusätzlich geht's mit reduzierter Leistung in den Stadtmodus, beim Sparen hilft Start-Stopp. Wähle "Magic Parking" (Option), dann kurvt der Lancia automatisch in die Lücke – ein Novum in dieser Klasse. Nicht so schön: Abseits urbaner Gefilde, auf Landstraßen und Autobahnen, hält sich die Freude am Lancia in Grenzen. Zwar bemüht sich der feine Kleine mittels weicher Abstimmung um Komfort. Aber spätestens beim Überfahren welliger Straßen ist die Mühe vergebens – eine Unterhaltung mit dem Beifahrer gelingt dann nur noch mit zitternder Stimme.

Überblick: Alle News und Tests zum Mini Clubman

Mini Clubman
Bekannte Eigenschaft: Der Mini Clubman gibt auch in diesem Test den harten Dynamiker.
Zeit für die Gegenprobe mit den Konkurrenten. Erster Eindruck im Citroën: Er ist größer, aber vorn nicht geräumiger. Nur hinten bietet er mehr Platz als der Lancia, ebenso im Kofferraum. Der ist sehr ordentlich. Unbequeme Sitze auch hier (im 2 CV saß es sich besser), das Ambiente weniger stilvoll als im Lancia, aber keineswegs abstoßend. Das Beste am C3: Die Federung strahlt noch französisches Flair aus, Tendenz: weich wiegend (mit Schwächen bei kurzen Stößen). Besonders handlich ist er hingegen nicht, wälzt sich in Kurven auch kräftig in den Federn. Sein 1,4-Liter-Motor hält ihn wacker auf Trab, unterstützt von einem Fünfganggetriebe, das offenbar für Bergrennen ausgelegt wurde: Bei Tempo 130 liegen im Fünften bereits 4000 Umdrehungen an. Dann ist es aus mit der Ruhe, lautes Wummern bohrt sich in die Ohren. Dass der Citroën in dieser Runde dennoch die angenehmste Art der Fortbewegung darstellt, das macht einem der Mini bewusst. Seine Komfortqualitäten lassen auf längeren Strecken den Wunsch aufkeimen, lieber die Bahn genommen zu haben.
Weitere Details zu den drei Minis mit dem großen Auftritt gibt es in der Bildergalerie. Den kompletten Artikel lesen Sie als Download im Heftarchiv oder in AUTO BILD 30/2011.

Fazit

von

Wolfgang König
Warum baut Lancia/Fiat nicht endlich eine Schaltung, die nicht hakelt, eine Lenkung mit Rückmeldung oder einen bequemen Autositz? Andere können das doch auch! Hätte der Ypsilon den Feinschliff, der andernorts üblich ist, träfe er als Luxus-Mini ins Schwarze. So aber gilt: Knapp daneben ist auch vorbei. Schade, zumal die Konkurrenz erfolgreich in dieselbe Nische drängt – der Mini wie immer mit sportlichem Profil, der Citroën mit Nutzwert, aber von der etwas originelleren Sorte. 

Von

Wolfgang König