Lexus GS 450h: 100.000-Kilometer-Dauertest
Ruhe vor dem Sturm

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Über Zuverlässigkeit eines Lexus müssen wir nicht reden – über Rostspuren nach dem 100.000-Kilometer-Dauerlauf des GS 450h schon.
Bild: Uli Sonntag
Wenn unsere Nachkommen in ein paar Hundert Jahren die oberste Staubschicht von einem prähistorischen Lexus GS 450h abkratzen, werden sie vor einem kleinen Rätsel stehen. Schließlich lebte diese technisch reizvolle Spezies einst doch fast ausschließlich auf dem nordamerikanischen Kontinent. In unseren Breiten gab es nur wenige dieser seltenen Hybriden. Gerade 1320 Exemplare zählte man damals, 2014, auf deutschen Straßen. Eines davon zog 752 Tage lang vor allem im norddeutschen Flachland seine Kreise. 100.000 Kilometer folgten wir seinen Spuren.
Understatement im GS 450h: viel Luxus, keine Protzerei

Das Bedienkonzept mit dem nervösen Clickpad erfordert Geduld und eine ruhige Hand.
Bild: Christian Bittmann
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Mulmiges Kurvengefühl jenseits der 200er-Marke
Trotzdem: Das alles können die BMW dieser Welt besser. Sie sind auch dynamischer und kurvengewandter. Aber nicht so entschleunigend. "Dieser Typ macht in jeder Hinsicht gelassen", notiert Joachim Staat. "Flüsterleiser Motor, ausgezeichnete Sitze – Tempo 160 einstellen und einfach laufen lassen." Viel schneller aber auch nicht. Der GS ist halt ein Kind der Neuen Welt. Gemacht für tempolimitierte Highways. "Das Kurvengefühl jenseits der 200er-Marke bleibt ein mulmiges", bestätigt Dirk Branke nach einer längeren Fahrt in den Süden. Konkret meint er: Der Typ ist vom Sportunterricht befreit. Lenkung und Federung haben Baldrian-Charakter. Alles reagiert smoother, verzögert, aber auch entspannter. Wo andere Bodenwellen humorlos glattbügeln, schaukelt der GS beschwingt nach. Muss man nicht mögen, kann man aber.
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V6, E-Motor und Getriebe verstehen sich wie alte Schulkumpel

Bei Vollgas rauscht der Hybrideffekt mit 20 Litern sinnbefreit durch den Auspuff. Doch wer's ruhiger angeht, bleibt bei rund sechs Litern.
Bild: Uli Sonntag
Unterboden übersät von Flugrost
Am Ende des Tages das Hohe Lied auf die Japan-Qualität zu singen fällt trotzdem schwer. Okay, 100.000 Kilometer lang passierte nichts. Kein Defekt, nur ein undichter Stoßdämpfer, der auf Garantie getauscht wurde. Es war die Ruhe vor dem Sturm. Denn bei der abschließenden Zerlegung zerriss es DEKRA-Gutachter Günther Schiele förmlich. Auf der einen Seite sah er ein perfektes Auto-Puzzle mit technischen Komponenten, denen der Dauerstress kaum anzusehen war. Aus diesem Holz sind normalerweise Kerle geschnitzt, die klaglos Hunderttausende Kilometer auf einer Backe abspulen. Auf der anderen Seite präsentierte sich ihm ein Unterboden, der nach gerade mal zweieinhalb Jahren von hässlichem Flugrost übersät war. Das rotbraune Zeug fand sich überall, hatte sich an Schraubenköpfen und Schellen festgefressen und nahezu alle Fahrwerkteile bis hin zu elektrischen Masseverbindungen befallen. Noch können wir hier von kosmetischem Rost reden, optisch nicht schön, aber ohne funktionale Beeinträchtigung. Das mag stimmen, passt aber weder zum Selbstverständnis von Lexus noch zum Preis. Und wenn das so weitergeht, können wir auch den Anfang unserer Geschichte vergessen. Denn dann buddelt keiner unserer Nachkommen mehr einen GS 450h aus.In der Bildergalerie erfahren Sie, was während des Tests und bei der Demontage des Testwagens nach Erreichen der 100.000 Kilometer außerdem aufgefallen ist. Den vollständigen Artikel mit allen Daten und Tabellen gibt es im Online-Artikelarchiv als PDF-Download.
Fazit
Im Stil eines Strebers hat der GS 450h den Dauerlauf hinter sich gebracht. Hybridtechnik beherrscht Lexus im Schlaf. Zuverlässigkeit und Komfort sind spitze. Die hässlichen Rostflecken auf dieser weißen Weste passen deshalb so gar nicht zum Bild des Saubermanns, schon gar nicht zu Preis und Anspruch. Hier muss Lexus dringend handeln.
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