Kluge Kiste! Egal ob Fast-Food-Filiale, Fitnesscenter oder Ferienwohnung – MBUX, das schlaue Multimediasystem von Mercedes, kennt alles, weiß alles, findet alles. Na ja, sagen wir fast alles. Die Anfrage nach der Ideallinie fürs Contidrom lässt unsere jupiterrote A-Klasse unbeantwortet. Obwohl wir im 224-PS-Topmodell A 250 sitzen. Okay, macht nix. Denn wir kennen den Trockenhandlingkurs des Reifenherstellers Continental bei Hannover in- und auswendig – inklusive Ideallinie. Um sie dem heißen Baby-Benz ebenfalls beizubringen, haben wir extra das Urmeter aller sportlichen Kompakten mitgebracht: den Golf GTI.

Die ersten Pisten-Runden enden enttäuschend

VW Golf GTI
Das Ende ist nahe: Der Golf 7 wird 2019 abgelöst, den aktuellen GTI gibt es nur noch als Performance.
Der fährt inzwischen zwar mit Volldampf seinem Karriere-Ende entgegen (Nummer acht startet Ende 2019), ist als Trainingspartner aber immer noch erste Wahl. Zumal die Wolfsburger ihren Kult-Kracher inzwischen nur noch als Performance mit 245 PS loslassen – der 230 PS starke "Normal"-GTI wurde bereits in den Vorruhestand verabschiedet. Die ersten Runden auf dem Handlingtrack enden dennoch enttäuschend. Und zwar in beiden Rennsemmeln. Beim Reinsetzen ist die Sportlerwelt noch in Ordnung. Die Sitze packen hier wie da beherzt, aber nicht unnachgiebig zu. Wo der Benz mit schlauer Sprachsteuerung und feiner Verarbeitung glänzt, kontert der VW mit bester Bedienung (nur der Drehregler für die Lautstärke fehlt) und überlegener Übersicht. Aber das Fahren gestaltet sich schwierig. Beide Fronttriebler untersteuern heftigst und werfen Rundenzeiten aus, die uns fast an der Funktion des Messgeräts zweifeln lassen.

Mit dem richtigen Luftdruck geht die A-Klasse besser uns Eck

Mercedes A-Klasse
Luft raus: Nachdem der Reifendruck angepasst ist, hat auch die A-Klasse genug Grip für den Rundkurs.
Also heißt es nach drei, vier mehr oder weniger schnellen Runden: runter vom Track und erst mal rein in die Box. Mit ordentlichem Zischen zittert sich die Nadel der Luftdruckuhr wieder zurück auf brauchbare Barwerte: weniger Luft, mehr Grip. Und wir versuchen unser Glück erneut. Viieel besser! Schon der A 250 lässt sich deutlich flüssiger und mit weniger Rutscheinlagen über die Strecke prügeln, die weniger prallen Gummis verbeißen sich spürbar inniger in die Asphaltdecke. Der Zweiliter-Turbo hängt dabei vor allem in den kleinen Fahrstufen gut am Gas und bemüht sich redlich. Das schnelle Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe peitscht die Gänge 1-2-3 im Eiltempo durch, bis Tempo 100 schnüffelt der Benz trotz seines Leistungsdefizits am GTI-Heck wie ein Jagdhund an der Beute. Und sogar einen passenden Sound haben die schnellen Schwaben dem 250er in den Auspuff komponiert.
Auf der langen Gegengeraden muss der Mercedes dann aber trotzdem abreißen lassen. Wenn es bei höherem Tempo so richtig zur Sache geht, verliert der A 250 irgendwie die Lust an der Drehzahl. Im Windschatten des GTI geht dem Mercedes-Vierzylinder einfach mal die Puste aus – die 200-km/h-Marke knackt das schnelle A jedenfalls erst vier Sekunden nach dem Golf.

Im VW Golf GTI kommt man deutlich später ans Limit

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Video: VW Golf GTI vs Up GTI vs Polo GTI (2018)

Welcher ist der beste GTI?

Mehr Mut am Kurveneingang schafft da keine Abhilfe, bringt den Benz im Endeffekt nicht dichter an den VW. Die A-Klasse untersteuert im Zweifelsfall stärker als der Wolfsburger, schiebt früher über die Vorderräder zum Kurvenrand und Richtung Kiesbett. Mit 36 Metern aus Tempo 100 bremst der Schwabe zwar minimal besser, die Bissigkeit der Bremse lässt bei der scharfen Zeitenjagd aber früher nach. So verlegt sich die Anbremszone immer weiter vor die Kurve – und der Abstand zum Golf wird wieder größer. Der GTI zeigt sich insgesamt stressresistenter und souveräner. Mit korrigiertem Luftdruck schrammt er weitgehend neutral um die Ecken und erlaubt uns immer, ein paar Stundenkilometer mehr Speed auf die Gerade mitzunehmen. Um uns nicht falsch zu verstehen: Auch der VW untersteuert am Limit immer noch – da lässt sich der Fronttriebler nicht völlig verbergen. Der Golf GTI hält aber deutlich länger Kurs und verliert so weniger Zeit. Ein echter Sportwagen ist der GTI zwar auch nicht, er gibt sich aber alle Mühe, wie einer zu wirken.

Der Mercedes überflügelt den VW nur beim Preis

Kann das A auch GTI?
Teures Vergnügen: Für einen A 250 werden mindestens 36.462 Euro fällig, der GTI fährt ab 32.950 Euro vor.
Erheblichen Anteil an diesem gierigen GTI-Gefühl trägt der Vierzylinder im Bug. Am Kurvenausgang spielt der famose Zweiliter seine ganze Klasse aus. Der Turbo dreht und drückt, als gäbe es kein Morgen. Sauber flutschen die sechs Gänge durch die Gassen, mit ungestümer Lust rennt der Wolfsburger in den Begrenzer, das Klangbild variiert gekonnt zwischen Freizeitsportler und Furie. So bleibt die Stoppuhr schließlich bei 1:39,71 Minuten stehen. Mehr als eine halbe Sekunde früher als beim Vorgänger. Und sogar fast 1,8 Sekunden eher als beim A 250 – auf dem 3,8 Kilometer langen Handlingtrack eine Welt. Womit dieser Drops also gelutscht wäre. Am GTI führt für den A 250 kein Weg vorbei. Auf der Rennstrecke nicht. Und auch nicht an der Kasse. Weil es den A 250 grundsätzlich nur mit Siebengang-Doppelkupplung DCT gibt, müssen mindestens 36.462 Euro überwiesen werden. Der Golf GTI Performance fährt ab 32.950 Euro vor, mit hinteren Türen stehen 33.850 Euro auf der Rechnung.
Selbst mit 7-Gang-DSG wäre der Wolfsburger noch rund 600 Euro günstiger als der Benz. Es mag also durchaus sein, dass die A-Klasse in diesem Duell das klügere Auto ist – der klügere Käufer sitzt womöglich aber im GTI. Zumindest der schnellere Fahrer.

Fazit

Die Sache geht am Ende eindeutig aus. Der A 250 bemüht sich redlich, kann den GTI aber nicht ernsthaft gefährden. PS-Plus, agileres Handling und Kostenvorteil sprechen klar für den Golf.