Verkehrte Welt. Beim neuen Mercedes GLA ist es ausnahmsweise der Werbeprospekt, der Klartext spricht. 20 Seiten Hochglanz, schöne Bilder, aber nicht einmal taucht das Wörtchen SUV auf. Das steht für Sport Utility Vehicle, die Automode der rollenden Hochsitze. Will sich das kleinste der G-Modelle etwa nicht mit diesem modischen Etikett schmücken? Was ist es dann? Mal sehen. Als nächste Messlatte nach dem BMW X1 legen wir nun die A-Klasse an, den kompakten Festmeter in der neuen Modellfamilie von Mercedes.

Der GLA schafft mit seiner Höhe Bequemlichkeit

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Video: Mercedes GLA vs. A-Klasse

Ist der GLA die bessere A-Klasse?

Die beiden sind so enge Verwandte, dass man denkt, der GLA sei eine aufgebockte A-Klasse. Tatsächlich sind 70 Prozent der Teile identisch: Bodengruppe, Antrieb, Achsen, Einrichtung wie Sitze und Instrumente – alles aus dem Baukasten. Sogar die Vordertüren sind baugleich, trotzdem steigt man gefühlte zwei Klassen bequemer in den GLA. Wo die Insassen sich bei der A-Klasse unters niedrige Dach falten, verlangt der Neue keine Verrenkungen mehr. Die Sitze empfangen die Gäste sechs Zentimeter höher, das ist wie Platz nehmen auf dem Küchenstuhl. Damit wird der GLA alle Mercedes-Käufer ansprechen, die der alten, ersten A-Klasse mit ihrer hohen Sitzposition nachtrauern und nicht auf die aktuelle B-Klasse umsteigen wollen. Und erst recht nicht auf die neue A-Klasse, in der manche sich so eingesperrt fühlen wie in einem U-Boot. Darüber hinaus bietet der GLA – was der A nicht hat – ein paar exklusive Alltags-Extras: die elektrisch öffnende Heckklappe für 464 Euro Aufpreis oder das "Laderaumpaket" (179 Euro), um den Beifahrersitz umzulegen.

In Sachen Fahrdynamik sollte man zur A-Klasse greifen

Mercedes A-Klasse
Spielzeug in der Kompaktklasse: Die direktere Lenkung der A-Klasse verführt zum zackigen Fahrstil.
Der Kofferraum (421–1235 Liter) schluckt einen Koffer mehr als die A-Klasse. Und auf der Rückbank halten Mitfahrer es länger aus, weil sie nicht so eingezwängt hocken und durch die größeren Seitenfenster besser raussehen können. Immerhin ein Hauch von SUV-Vielfalt also, denn nach dem Einsteigen ist das Gefühl wieder da, die beiden seien Zwillinge. Die gleichen Luftdüsen, Schalter, Tasten und Sitze. Sogar die meisten Extras kosten gleich viel, Mercedes zieht da seine teure Preisstrategie konsequent durch. Hier gleich ein kleiner Einkaufsführer: Sparen Sie sich die Sportsitze aus dem Urban-Paket für 1845 Euro, die Komfortsitze mit verstellbaren Kopfstützen sind bequemer und bieten bessere Rundumsicht. Nach schräg hinten ist die Sicht im GLA eine Katastrophe, Parkpiepser (803 Euro) müssen also rein. Nächster Tipp: Seit Mercedes aufpreisfrei ein Komfortfahrwerk anbietet, federt die A-Klasse endlich vernünftig. Also Hände weg vom harten Sportfahrwerk, das nehmen nur Masochisten!
Das gilt auch für den GLA, der mit seinem höheren Schwerpunkt und dem Komfortfahrwerk zwar stärker wankt und rollt, aber so sanfter, rundum gelungen federt – auch wenn sportlichen Geistern dann die letzte Härte fehlen wird. So nahe dieser Mercedes einem normalen Kompakten kommt, will dieses Halb-SUV doch vermutlich niemand um die Ecken werfen. Fantasien, die in der A-Klasse schon eher aufkommen, weil ihre direktere Lenkung zum zackigen Fahrstil verführt. Der Flachmann bleibt das Spielzeug in der Kompaktklasse, ein Schuss extremer als der Golf.

Der Frontantrieb dürfte der Antrieb der Wahl sein

GLA – die bessere A-Klasse?
Im ersten Vergleich fährt die A-Klasse dem GLA trotz PS-Manko davon – sie ist einfach deutlich leichter.
Leider passen beim ersten Vergleich die Motoren nicht zueinander: hier der A 180 Benziner als Kassen-und Massenmodell mit Frontantrieb, dort der GLA 200 CDI 4Matic mit Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe. Ein GLA 180 ist zunächst gar nicht geplant. Der 136 PS starke Diesel wird, so glauben die Verkäufer, im GLA der Bestseller. Der große, unter Last gern knurrige 2,2-Liter, bekannt aus vielen Mercedes, wurde für den GLA weiter auf Sparen getrimmt und soll im Schnitt mit 4,9 Liter/100 km auskommen. Seine 300 Newtonmeter schieben jederzeit souverän an, mit 200 km/h Spitze gehört er auf der Autobahn zu den Flotten. Allerdings stören dann laute Windgeräusche vom vorderen Dachholm. Interessant, dass der A 180 trotz PS-Mankos dem GLA leicht davonzieht. Dabei klingt der kleine Turbobenziner so brav und langweilig wie ein Grundschüler, überrascht aber mit durchaus erwachsenen Fahrleistungen bei gerade mal 5,5 Liter Normverbrauch. Kein Wunder, schließlich hat der Kompakte 225 Kilogramm weniger zu schleppen und eindeutig das umweltfreundlichere, günstigere Konzept.
Andererseits kann der GLA leicht abspecken: Wer auf Allrad 4Matic verzichtet, spart 50 Kilo Gewicht, alle 100 Kilometer einen halben Liter Sprit und beim Kauf runde 2200 Euro. Mercedes weiß: Über die Hälfte aller Kunden wird den Frontantrieb wählen. Aufpreisbereinigt kostet ein GLA, bei dem 17-Zoll-Räder und CD-Radio Serie sind, rund 3000 Euro mehr als eine gleich motorisierte A-Klasse. Böse gesagt: viel Geld für sechs Zentimeter Höhenunterschied. Das wird den Erfolg des Neuen kaum aufhalten – er sieht halt nach SUV aus. Ab Juni 2014 gibt es für rund 300 Euro zusätzlich ein Offroad-Fahrwerk, das den GLA drei Zentimeter höherlegt. Damit rückt er echten SUVs wieder ein Stückchen näher.
 

Fazit

von

Joachim Staat
Die bessere A-Klasse? Ja, der GLA ist komfortabler, geräumiger, vollwertig, dafür teuer. Kein SUV, aber als Kompakter eine interessante Zwischengröße. Aber auch die A-Klasse hat ihren Platz gefunden: modisch zwischen kompakt und Coupé, ein Köder für Jüngere – und nach Startproblemen (Federung) gereift.

Von

Joachim Staat