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Video: VW T6 vs. Mercedes V-Klasse (2015)

Wer ist der bessere Bulli?

Das hatten sie bei VW in der 65-jährigen Geschichte des Bulli noch nicht erlebt: Der Tausendsassa hat einen Vergleichstest verloren. Und das ausgerechnet gegen die Mercedes V-Klasse, die zuvor nur durch Qualitätsprobleme und ihren Nutzfahrzeug-Charakter aufgefallen war. Natürlich war es da viel zu spät, die Entwicklung des T6 zu stoppen. Ein gründliches Facelift müsste doch eigentlich reichen, um auch weiter unangefochten an der Spitze zu fahren. Müsste, sollte, könnte – nichts, womit wir uns bei AUTO BILD zufriedengeben. Wir gehen den Dingen lieber auf den Grund, probieren aus und bilden uns eine eigene Meinung. Und haben so zur ersten Fahrt mit dem neuen T6 auch gleich die viel gelobte Mercedes V-Klasse mitgebracht.

An der Optik ändert sich beim jüngsten Bulli sehr wenig

VW T6
Klare Sache: Der VW Bus bleibt sich optisch absolut treu, er sieht seinem Vorgänger ziemlich ähnlich.
Die spannende Frage: Reicht fast neu aus, um gegen den Herausforderer bestehen zu können? Schon optisch kommen erste Zweifel auf. Die Verwandtschaft mit seinem Vorgänger kann der T6 aus keinem Blickwinkel verleugnen. Zwar sind zahlreiche Blechteile ebenso wie Scheinwerfer und Rückleuchten neu gezeichnet, im Gesamteindruck bleibt der aufgefrischte Bulli aber trotzdem der Alte. Ganz anders die V-Klasse. Die neue, progressive Designlinie des Sterns steht ihr gut, der vielleicht schlüssigste Mercedes-Entwurf der vergangenen Jahre. Optisch verstecken muss sie sich jedenfalls nicht, sieht deutlich moderner aus als der T6.
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Im Innenraum macht der Mercedes den besseren Eindruck

Mercedes V-Klasse
Sehr gediegen: Die Mercedes V-Klasse pflegt den Stil einer edlen Lounge – da kann der VW nicht mithalten.
Ein Eindruck, der sich im Innenraum fortsetzt. Während der gut verarbeitete und hochwertige Benz mit feinem Holz, riesigem Navi-Bildschirm à la iPad und den feinen Metallschaltern den Stil einer Lounge pflegt, wirkt der unterkühlte VW ein wenig wie Großmutters Wohnzimmer mit Schrankwand in Eiche rustikal – selbst wenn die Dekorpaneele wie beim Testwagen in knalligem Rot lackiert sind. Dazu kommt: Das Navisystem mit dem kleinen Bildschirm holt sich seine Daten von einer SD-Karte, langsame Routenberechnung und etwas pixelige Kartendarstellung inklusive. So richtig modern will einem das nicht vorkommen. Viel frischer wirkt der neue Bulli in Fahrt. Der überarbeitete 204-PS-Diesel in Kombination mit einem Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe ist eine teure, aber überzeugende Kombination. Schon knapp über der Leerlaufdrehzahl beißt der Selbstzünder kräftig zu, dreht mühelos und gut gedämmt in den roten Bereich.
Alle News und Tests zur Mercedes V-Klasse
Das Getriebe wechselt die Gänge blitzschnell und ohne lästige Schaltrucke. Entsprechend sportlich die Fahrleistungen: In knapp zehn Sekunden geht es von null auf 100, maximal sind 203 km/h drin. Trotzdem soll der T6 mit 6,3 Litern auskommen. Selbst wenn es im Alltag zwei Liter mehr werden: ein respektabler Wert. Neu ist das adaptive Fahrwerk (1040 Euro), das prima zum hohen Antriebskomfort passt und fast auf dem Niveau einer Oberklasse-Limousine liegt.

Der T6 ist der V-Klasse am Ende unterlegen

Mercedes V-Klasse VW T6
Klarer Sieg: Der Mercedes ist billiger, schneller, federt geschmeidiger und hat mehr Platz als der VW.
So weit, so gut. Allerdings beherrscht der V 250 d das Ganze noch eine Spur besser. Sein ebenfalls 204 PS starker Diesel beschleunigt ein paar Zehntel besser, ist ein wenig schneller – und verbraucht gerade mal sechs Liter pro 100 Kilometer. Dazu kommt, dass auch die V-Klasse extrem geschliffen fährt. Der Motor ist fein gedämmt, die klassische Siebenstufenautomatik bietet ähnlichen Komfort wie die Doppelkupplung des VW. Der Federungskomfort der V-Klasse ist noch mal eine Spur feiner als im VW, der Van flauscht fast so entspannt wie eine E-Klasse. Vielleicht sind die besseren Fahrleistungen des Benz nicht sooo wichtig für einen Bulli – im Gegensatz zum Platzangebot. Und hier kann die V-Klasse richtig auftrumpfen. 20 Zentimeter mehr Radstand bringen spür-bar mehr Raum, auch wenn im VW niemand ernsthaft über Platzmangel klagen wird.
Ein ungewohntes Bild auch bei den Preisen. Der V 250 d kostet mit langem Radstand 49.183 Euro, der T6 mit kurzem Radstand inklusive des bei Mercedes serienmäßigen Automatikgetriebes 53.723 Euro. Und so kommt es, wie es kommen muss: Der fast neue T6 verliert gegen die V-Klasse. Haben sie bei VW auch erst einmal erlebt.
Technische Daten VW T6 Multivan 2.0 TDI BMT • Motor: Vierzylinder, Turbo, vorn quer • Hubraum: 1968 cm³ • Leistung: 150 kW (204 PS) bei 4000/min • max. Drehmoment: 450 Nm bei 1400/min • Vmax: 203 km/h • 0–100 km/h: 9,8 s • Antrieb: Vorderradantrieb/Siebengang-DSG • Tankinhalt: 70 l • L/B/H: 4904/1904/1990 mm • Kofferraum: 650–4300 l • Leergewicht: 2160 kg • EU-Mix: 6,3 l Diesel/100 km • Abgas CO2: 164 g/km • Preis ab 53.723 Euro.
Technische Daten Mercedes V 250 d • Motor: Vierzylinder, Turbo, vorn quer • Hubraum: 2143 cm³ • Leistung: 150 kW (204 PS) bei 3800/min • max. Drehmoment: 480 Nm bei 1400/min • Vmax: 206 km/h • 0–100 km/h: 9,1 s • Antrieb: Vorderradantrieb/Siebenstufenautomatik • Tankinhalt: 57 l • L/B/H: 5140/1928/1880 mm • Kofferraum: 1030–4630 l • Leergewicht: 2145 kg • EU-Mix: 6,0 l D/100 km • Abgas CO2: 158 g/km • Preis ab 49.183 Euro.

Fazit

von

Stefan Voswinkel
VW hat den T6 gegenüber dem Vorgänger in jedem Bereich verbessert. Das reicht aber nicht, um gegen die rundum gelungene V-Klasse zu punkten. Der Benz ist geräumiger, moderner eingerichtet und günstiger – wenn auch auf einem hohen Niveau.

Von

Stefan Voswinkel