Motto: Lieber hoch als breit

In der Schule ist es der Klassenclown. Auf Partys eine besonders auffällig gekleidete Schönheit, und auch im Sportverein, Kirchenkreis oder Angelclub gibt es ihn: den Typ, der irgendwie automatisch im Mittelpunkt steht.

Einer fällt halt immer aus dem Rahmen. Auch in diesem Vergleichstest. Hier spielt der Opel Meriva den Sonderling. Er stammt ab von den Kleinwagen, ist kürzer, aber auch höher und sieht damit anders aus. Opel Astra, Toyota Corolla und Peugeot 307 dagegen folgen brav dem gleichen Grundmuster: steile Front, Motorhaube, vier Türen und Steilheck – seit den 70er Jahren sehen Kompaktautos so oder ganz ähnlich aus.

Doch das könnte sich ändern. Bei der äußerlichen Musterung zeigt Neuling Meriva Auffälligkeiten, die möglicherweise wie beim Zafira einen Trend auslösen. Sein Bug steigt in einer Linie vom Stoßfänger bis ins Dach an. Und er überragt die anderen. Motto: Lieber hoch sein als breit. Der Blick aufs Datenblatt beweist: Mit 1,62 Meter Höhe schießt er viel weiter nach oben als 307, Corolla und Astra. Beim Markenbruder muss sogar ein Weißbierglas auf dem Dach stehen, damit die Schaumkrone ans Niveau des Meriva reicht.

Beeindruckendes Raumgefühl

Vertikale Größe ist natürlich nicht alles. Kann der Mini-Zafira auch technisch mithalten? Bietet er womöglich mehr als die bewährten Volumenmodelle? Oder ist er nur ein Scheinriese? Fakt ist: Der Meriva basiert hauptsächlich auf Corsa-Technik und ist deshalb eigentlich ein Kleinwagen. Beim Platzangebot vorn und Kofferraumvolumen kann er sich gut mit den Kompaktmodellen messen. In Sachen Zuladung und mehr noch durch sein sehr variables Innenraumkonzept nimmt er allen drei Klassikern sogar wichtige Punkte ab. Angenehm: Die große Heckklappe gibt einen glattflächigen und dadurch gut nutzbaren Kofferraum frei. Die Ladekante ist völlig eben, das Einladen von Getränkekisten die wahre Freude. Seine Paradedisziplin ist das üppige Platzangebot im Fond: 20 Zähler bedeuten volle Punktzahl.

Hier setzt er seine äußere Höhe ideal in innere Größe um. Das Raumgefühl ist beeindruckend. Hintensitzer dürfen sich über großzügige Kniefreiheit freuen. Aber nicht nur Merivia-Mitfahrer profitieren von der luftigen Atmosphäre. Die hinteren Sitze falten sich mit einfachen Handgriffen flach auf den Wagenboden, bilden eine ebene und 1,62 Meter lange Ladefläche. Auch das ein Bestwert, bei dem die kompakten Klassiker nicht mithalten können. Eins zu null für den Meriva also. Doch in der zweiten Halbzeit holen die Altmeister auf. Geht es um den Alltagsbetrieb, das Fahren in der Stadt oder die Überlandtour auf der Autobahn, offenbart der Meriva Nachteile.

Trotz seines längeren Radstands (2,63 Meter statt 2,61 Meter wie bei Astra & Co) wirkt er bei abrupten Spurwechseln nervöser. Unebenheiten machen ihm zu schaffen. Zwar stammt seine Hinterachse aus dem Zafira, aber über Querfugen und durch Schlaglöcher hüpft er mit zuckenden Bewegungen. Viel besser kann das Markenbruder Astra. Sein Fahrwerk ist straff ausgelegt, ohne dass der Komfort zu kurz kommt. Bei zügiger Kurvenfahrt ist er agiler als alle anderen. Selbst Bodenwellen und Gullydeckel bringen ihn nicht aus der Ruhe. Eine fast ideale Fahrwerkabstimmung.

Corolla mit guter Ausstattung

Toyota und Peugeot fahren behäbiger. Ihre Federung zeigt Schwächen. Vor allem beladen trampelt und poltert die Hinterachse des 307 heftig über Unebenheiten – von wegen französische Sänfte. Und auch der Japaner reagiert auf volle Beladung empfindlich, schlägt auf grobem Geläuf schon mal durch.

Dafür rollen die Importmodelle auf der sicheren Seite. ESP ist im 307 und Corolla serienmäßig. In beiden Opel-Modellen muss es leider extra bezahlt werden (525 Euro). Besonders der Toyota ist gut ausgestattet. Klimaanlage, elektrisch verstellbare Außenspiegel und Fensterheber vorn, Bordcomputer, RDS-Radio mit CD und höhenverstellbaren Fahrersitz gibt es ohne Aufpreis. Außerdem leuchten die Instrumente in edler Hinterlicht-Technik und bringen einen Hauch Lexus-Luxus in den Corolla.

Aber es gibt auch Grund zum Ärgern. Der Armaturenträger wirkt lieblos, die Luftzufuhrregler billig und der Ratschenhebel für die Rückenlehnenverstellung ist schwer bedienbar. Ansonsten macht der Toyota einen soliden Eindruck. Er vermittelt echten Fahrspaß. Der 110-PS-Motor treibt ihn flott voran. Seine Lenkung ist mit 3,5 Umdrehungen von Anschlag zu Anschlag allerdings ziemlich indirekt ausgelegt. Insgesamt verliert der Japaner in der Gefühlswertung klar. Der Corolla ist ein grundsolider, ehrlicher Arbeiter. Nicht mehr und nicht weniger.

307: Bester Durchzug im Vergleich

Völlig anders der Peugeot 307. Er setzt mit seiner Karosserie optische Akzente. Sein Styling kommt der Van-artigen Formgebung des Meriva am nächsten. Innen glänzen silberner Schaltknauf und Verkleidungen in Alu-Anmutung auf dem Armaturenträger. Die Rundinstrumente sind mit Chromringen eingefasst, aber leider schlecht ablesbar.

Vorsicht beim Öffnen der Türen. Die inneren Metallgriffe haben eine so hohe Federspannung, dass sie die Finger schmerzhaft einklemmen können. Besonders kinderfreundlich ist das nicht. Vorn ist der 307 sehr geräumig. Die Sitze sind weich gepolstert. Spontan wirkt das angenehm. Für lange Strecken wäre strafferes Gestühl aber rückenfreundlicher. Gleiches gilt für die Position des Fahrers hinterm Lenkrad. Im Peugeot sitzen normal gewachsene Menschen nicht optimal.

Bei heftigen Fahrmanövern schiebt der 307 stark über die Vorderräder. Schnelle Wechselkurven mag er nicht. Die Lenkung reagiert spürbar träger als bei den Konkurrenten. Der Rest ist ohne Tadel. Schaltung, Bremsen und Verbrauch – alles im grünen Bereich. Die hohe Bauart des Peugeot resultiert in einem guten Raumgefühl. Mit seiner windschnittigen Karosserie ist er (zusammen mit dem Toyota) das schnellste Modell in diesem Testquartett.

Technische Daten und Testwerte

Ob 307, Corolla oder Astra – alle drei machen mehr aus ihrer Motorleistung als der Meriva. Der kann weder bei der Beschleunigung noch bei der Höchstgeschwindigkeit mithalten. Der überraschende Grund: Mit 1360 Kilo Leergewicht ist der Kleine mindestens 130 Kilo schwerer als seine Widersacher. Doch Fahrleistungen sind in dieser Wagenklasse nicht entscheidend. Unterm Strich bietet der Meriva den meisten Nutzwert fürs Geld und holt den ersten Platz. Schade nur, dass Opel ihn nicht auch mit dem Twinport-Motor aus dem Astra anbietet. Denn dann wäre der Sieg noch deutlicher ausgefallen. Opels Spar-Astra landet auf Platz drei, verdient aber ein großes Extralob für sein Triebwerk.

Der Testverbrauch von 7,8 Liter Super auf 100 Kilometer belegt eindrucksvoll, wie effektiv die Twinporttechnik arbeitet. Der Vierzylinder ist mit doppelten Ansaugkanälen ausgerüstet. In einem der Einlässe sitzt eine Drosselklappe und sorgt für gute Gemischverwirbelung. Im Teillastbereich werden darüber hinaus bis zu 25 Prozent der Abgase zurückgeführt. Der Astra ist nicht nur sparsam, sondern wirkt deutlich spritziger als der zähe und drei PS schwächere Meriva-Motor. Also, liebe Opelaner: Rein mit dem Twinportmotor in den Meriva. Wenn schon aus dem Rahmen fallen, dann richtig.

Kosten und Ausstattungen

Vorbildlich: Der Peugeot 307 und der Toyota Corolla haben ESP serienmäßig an Bord. Opel verlangt 525 Euro Aufpreis.

Fazit und Wertung

Fazit Ja, er hat es geschafft. Der Meriva fällt positiv aus dem Rahmen. Er kann den Kompaktmodellen Paroli bieten. Und nicht nur das: In vielen Punkten hängt er sie ab und siegt überzeugend in diesem Vergleichstest. Sein variables Raumkonzept und die üppigen Zulademöglichkeiten machen ihn zum sehr guten Familienauto. Die Kinderkarre verschwindet problemlos hinter seiner großen Klappe. Doch die Kompakten gehören deshalb noch lange nicht zum alten Eisen. Stärkere Fahrleistungen, günstigere Verbrauchswerte und bessere Sitzposition machen Corolla, Astra und vor allem 307 für Langstreckenfahrer, die ein agiles Modell suchen, zur ersten Wahl.

Meriva, Astra, 307 oder Corolla – Ihr Urteil

Spätestens beim Design von neuen Autos scheiden sich bekanntlich die Geister. Ob ein Auto letztendlich ankommt, das wissen nur die Verbraucher selbst – also Sie. Deshalb ist uns Ihre Meinung wichtig: Nehmen Sie sich einen Moment Zeit, und vergeben Sie eigene Noten für den oder die Test-Teilnehmer. Den Zwischenstand sehen Sie direkt nach Abgabe Ihrer Bewertung.