Oschersleben? Lausitzring oder gar Hockenheim? Falls Sie sich beim Anblick unserer Fotos jetzt fragen sollten, auf welcher Rennstrecke wir diesmal unterwegs waren, möchten wir Ihnen das Raten gern ersparen. Auch wenn es auf den ersten Blick den Anschein hat: Wir waren nämlich auf gar keiner Rennstrecke, sondern "nur" auf einer Kartbahn. Und das sagt über diesen Vergleich schon mehr als tausend Worte. Schließlich handelt es sich bei unseren beiden Testkandidaten, dem Fiat Panda 100 HP und dem Panda Racing Turbo des bayrischen Tuners Merkur, um zwei Autos im XXS-Format. Beide knackig kurze 3,50 Meter lang, mit jeweils rund einer Tonne Leergewicht und einem 100-PS-Motor unter der Haube versehen.

Hingucker Merkur Panda: knallbunte Lackierung plus Bodykit

Dem 1,2-Liter-Motor rang Merkur 100 PS und 174 Nm Drehmoment ab.
So viel zu den Gemeinsamkeiten. Der eine entstammt den Werkshallen aus Turin und ist nach dem seeligen Fiat Uno Turbo endlich wieder ein echter Sport-Floh aus Italien. Panda 100 HP heißt die stärkste Serienversion des viertürigen Winzlings, die mit 15-Zoll- Alurädern samt 195er-Pneus, Schwellern, Frontschürze und größerem Endrohr selbstbewusst Anspruch auf die Rudelführung im Kleinstwagen-Segment anmeldet. Exakt 100 PS und 131 Newtonmeter Drehmoment leistet der 1,4 Liter große Vierventiler aus dem Punto mit zwei obenliegenden Nockenwellen. Ebenfalls nicht hintenanstehen möchte der Panda Racing Turbo des bayrischen Tuners Merkur. Auf Basis eines gewöhnlichen Fiat Panda 1.2 Dynamic (serienmäßig: 60 PS) entstand ein Kraftzwerg, der schon optisch seine Ansprüche auf die Pole Position unterstreicht: Knallbunte Lackierung, komplettes Bodykit mit Frontspoiler, Seitenschwellern, Heckschürze und Scheinwerferblenden sowie rasante 16-Zöller von O.Z. machen den getunten Panda zum Hingucker im City-Verkehr.

Bei den Messwerten hat das Werksauto knapp die Nase vorn

Mit 10,4 Sekunden gewinnt der 100 HP den Sprint auf 100 km/h.
Dazu passt die gelungen eingefasste doppelflutige Auspuffvariante, die soundmäßig aber eher dezent agiert. Auch er hat 100 PS unter der Haube, die von der Firma G-Tech beigesteuert werden. Dafür wird dem 1,2-Liter-Basisvierzylinder ein Turbolader samt Ladeluftkühler und geändertem Abgaskrümmer aufgepflanzt. Außerdem werden Ölwanne, Kat und Luftfilter getauscht. Resultat: ebenfalls 100 PS und 174 Newtonmeter Drehmoment. Bei den Messwerten hat das Werksauto knapp die Nase vorn, Beim Sprint auf 100 km/h obsiegt der 100 HP – erstaunlicherweise trotz geringerem Drehmoment – mit 10,4 Sekunden gegenüber den 11,2 Sekunden des getunten Pendants. Unentschieden herrscht bei Elastizität und Höchstgeschwindigkeit, zu gering sind hier die Differenzen. Dafür punktet das Werksauto auch beim Bremsen besser.
Die vier innenbelüfteten Scheibenbremsen stammen vom Punto Sporting und sprechen hervorragend an. Ein Eindruck, den die guten Verzögerungswerte (9,8 m/s²) eindrucksvoll unterstreichen. Hier unterliegt der mit der schwachen Serienbremse ausgestattete Merkur Panda deutlich. Beim Fahrwerk machen beide keine Kompromisse. Der 100 HP fahndet mit seinem Sportfahrwerk und der 25 Prozent härteren Federrate zielstrebig nach jeder noch so kleinen Bodenwelle, die im Innenraum stets für kleinere Erdbeben sorgt. Noch eine Spur aggressiver und nicht gerade bandscheibenschonend präsentiert sich der Merkur Panda mit seinem KW-Gewindefahrwerk, das bei der getesteten Version unfassbare 60 Millimeter tiefer eingestellt war – ein toller Spaß für die Kartbahn – wer nicht unschönes Scheuern aus den Radkästen hören möchte, sollte die Curbs tunlichst meiden. Der 100-HP-Pilot kann sich zudem über ein exakt abgestuftes Sechsgang-Getriebe freuen – beim Merkur-Turbo-Panda ist in der fünften Gangstufe Schluss.

Der Kraftzwerg ab Werk bietet deutlich mehr fürs Geld

Der 100 HP bietet deutlich mehr fürs Geld – Spaß machen beide.
Bleibt die Frage: Wer von beiden macht mehr Spaß? Angesichts beinahe gleich starker Fahrleistungen bietet der Kraftzwerg ab Werk deutlich mehr fürs Geld – und das bei einem Preisvorteil von knapp 3000 Euro. Auf die große Show verzichten die Turiner, aber die Optik stimmt trotzdem. Ausstattungstechnisch liegt der 100 HP auf einem höheren Level (serienmäßig Sportsitze, Klimaanlage und ESP) als die Tuningbasis und zeichnet sich vor allem durch die solidere und bissigere Bremsanlage aus. Trotzdem sollten Panda-Tuner die Flinte nicht vorschnell ins Korn schmeißen. Ende 2008 soll ein Abarth-Panda mit über 130 PS auf den Markt kommen. Wie man die Wartezeit verkürzt? Vielleicht mit einer getunten Version des 100 HP. Wir würden uns freuen. Kontakt: Merkur, Tel. 09571/ 50 07, www.merkur-tuning.de

Fazit von AUTO BILD SPORTSCARS-Redakteur Ingo Roersch

Der Power-Panda ab Werk überzeugt mit seiner kompletten Ausstattung, agilem Handling und standfesten Bremsen. Optisch kommt er eher zurückhaltend daher. Unschlagbar: sein Preisvorteil von fast 3000 Euro. Extrem extrovertiert, aber unheimlich sympathisch ist der Merkur Panda. Der knallbunte Kraftmeier aus Bayern ist der Held vor jeder Eisdiele – und mit seinem sportlich dynamischen Fahrwerks-Set-up auch auf der Kartbahn um die Ecke.

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Ingo Roersch